Postfiliale Karlsfeld:10.000 Euro spurlos verschwunden

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Zwei Mitarbeiterinnen der Postfiliale in Karlsfeld sollen Geld unterschlagen haben. Nur: Niemand kann ihnen etwas nachweisen.

Gregor Schiegl

Der Fall Emmely machte bundesweit Schlagzeilen. Weil sie zwei herrenlose Pfandbons in Höhe von 1,30 Euro eingelöst hatte, wurde die Kassiererin einer Supermarktkette gefeuert.

In der Postfiliale in Karlsfeld sind 10.000 Euro verschwunden - und niemand will es gewesen sein. (Foto: ag.dpa)

Ein Fall am Amtsgericht Dachau zeigt, dass die Postbank weitaus mehr Vertrauen zu ihren Leuten hat: Zwei Mitarbeiterinnen aus Karlsfeld, die massiv gegen Sicherheitsbestimmungen verstoßen haben und im Verdacht stehen, vor einem Jahr 10.000 Euro veruntreut zu haben, wurden inzwischen sogar befördert. Nachdem ihre Dependance in Karlsfeld 2009 geschlossen wurde, kamen sie, besser bezahlt, in größere Filialen nach München. Dort haben sie Zugang zu noch höheren Summen.

Die zweistündige Gerichtsverhandlung am Mittwoch konnte den Verdacht gegen die zwei Frauen nicht so weit erhärten, dass es für eine Verurteilung wegen Diebstahls gereicht hätte; sie wurden freigesprochen. "Ich weiß nicht, ob Sie es waren oder nicht", schloss Richterin Petra Nolte. Wohin das Geld verschwunden ist, bleibt ebenfalls ungeklärt.

An einem Augustmorgen hatte ein Geldtransporter der Karlsfelder Postfiliale eine abgepackte Summe über rund 129.000 Euro geliefert. Zumindest war das der angegebene Betrag. Tatsächlich hatte die Düsseldorfer Geldtransport-Firma 500 Scheine à 20 Euro zu viel eingepackt. Sie waren für die Postfiliale in Dachau vorgesehen. Den Angeklagten zufolge kamen in Karlsfeld dennoch nur die deklarierten 129.000 Euro an.

Postbank erstattet Anzeige "gegen Unbekannt"

Die Sicherheitsbeauftragte des Geldtransportunternehmens konnte anhand von Video-Mitschnitten zweifelsfrei belegen, dass die Firma tatsächlich 10.000 Euro falsch eingepackt hat. Es sei zwar "theoretisch möglich", dass die Fahrer des Geldtransporters den Mehrbetrag unterwegs verschwinden ließen. Angesichts der Sicherheitsvorkehrungen sei dies aber "extrem unwahrscheinlich".

"In den Karlsfelder Kassendaten ist uns einiges aufgefallen, was so nicht sein kann", stellte eine interne Ermittlerin der Postbank später fest. Zur großen Verwunderung der Staatsanwältin erstattete die Postbank daraufhin Anzeige -"gegen Unbekannt". Dabei waren zunächst nur die beiden Angeklagten in der Filiale. Gegen elf kam eine Aushilfe aus Dachau dazu. Vor Gericht versuchte diese, ihre Kolleginnen nach Kräften zu belasten. Dabei verhedderte sie sich jedoch derart, dass die Richterin ihre Aussage nicht gelten ließ: "Was diese Zeugin sagt, stimmt hinten und vorne nicht."

Eine der Angeklagten - sie hat Schulden - hatte das Päckchen kurz nach neun Uhr aufgeschnitten; ein Kleiderdiscounter hatte dringend Wechselgeld angefordert. Obwohl sie zu dieser Zeit vorne am Schalter stand, behauptete ihre Mitangeklagte zunächst, beim Öffnen des Päckchens mit dabei gewesen zu sein. So wie es auch Vorschrift gewesen wäre. Warum die beiden weiter mit dem Geld anderer Leute hantieren, erklärte die Postbank-Ermittlerin lapidar: "Bei uns gibt es kaum andere Stellen als am Schalter."

© SZ vom 18.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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