Neubau des Landratsamts:"Eine Win-Win-Win-Situation"

Lesezeit: 4 min

Noch liegt das einstige MD-Gelände brach, doch die Planungen sehen ein Wohnungsquartier auf dem Areal unterhalb der Dachauer Altstadt vor. (Foto: Toni Heigl)

Das Bündnis für Dachau und Wir werben dafür, das neue Landratsamt am MD-Gelände zu errichten. Der neue Standort wäre nicht nur für die Bürger von Vorteil, sondern auch für die Stadt und die anderen Kreiskommunen.

Von Jacqueline Lang und Leonard Scharfenberg, Dachau

Der Dachauer Bau- und Planungsausausschuss hat mehrheitlich für einen Durchführungsvertrag, gestimmt, der regelt, unter welchen baulichen Voraussetzungen das neue Landratsamt gebaut werden darf. Bestandteile des Vertrags sind zum Beispiel das Mobilitätskonzept, aber auch die Frage, ob für Gebäude Bohrpfähle ins Erdreich gerammt werden dürfen, um den Neubau abzusichern, oder nicht. Lediglich in diesem Punkt wünschen sich die Stadträtinnen und Stadträte seitens des Landratsamts noch einmal Alternativvorschläge. Wenig später geht im Stadtrat ein Antrag der Vereinigung Wir ein, der fordert, den Standort des Neubaus noch einmal grundsätzlich zu überdenken. Und die Stadträte zeigen sich besonders für einen Vorschlag sehr offen: den Neubau des Landratsamtes auf dem ehemaligen MD-Gelände statt am Bürgermeister-Zauner-Ring, wo derzeit noch das alte Landratsamt steht.

Kurz zuvor ist diese Anregung bereits von anderer Seite gekommen. Das Bündnis für Dachau hat zunächst in einer Pressemitteilung, das MD-Gelände als "idealen Standort" ausgemacht. Ein Antrag auf Kreisebene soll alsbald folgen, der einmal mehr dafür wirbt, die aktuellen Pläne für den Neubau noch einmal zu überdenken. "An der richtigen Stelle errichtet, entsteht eine Win-Win-Win Situation für die Isaria, den Landkreis und die Stadt Dachau", schreibt Peter Heller, der für das Bündnis im Kreistag sitzt, in einer Pressemitteilung. Als Vorteile für das Immobilienunternehmen macht das Bündnis einen ganz wesentlichen Punkt aus: Voraussetzung für den Baubeginn der Wohnquartiere sei ein Schallschutzriegel entlang der Bahn, und "mit dem Nutzer Landratsamt ist der ideale Partner vorhanden". Der Investor müsste demnach kein komplexes Konzept für verschiedenste Nutzer entwickeln, sondern könne mit einem einzigen Nutzer mit bis zu 400 Mitarbeitenden einen Großteil des erforderlichen Schallschutzriegels abdecken.

Stadtrat
:Kritik am neuen Landratsamt verhallt

Bis die Bauarbeiten für das neue Behördengebäude beginnen, könnten noch Jahre vergehen. Eine Mehrheit im Stadtrat macht sich deshalb noch keine allzu großen Gedanken darüber, was solch ein Mammutprojekt für die Stadt bedeuten könnte. Ein Fehler?

Von Jacqueline Lang

Im Gegenzug könne der Landkreis erhebliche Zeit und Kosten einsparen, der Bebauungsplan sei so gut wie fertig, die Baugrube schon ausgehoben, es bedürfe keiner mehrere hundert Bohrpfähle mehr, auch müsse keine jahrelange Zwischenlösung in einem Interimsgebäude gefunden werden, man spare sich doppelte Umzugskosten. Auch die Anbindung an den ÖPNV sei zwischen den zwei Bahnhöfen Dachau Bahnhof und Dachau Stadt besser als am jetzigen Standort. Der geplante Park auf dem MD-Gelände sei ein weiterer Standortvorteil, ebenso die Möglichkeit, bei "geschickter Planung" das Gebäude zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu erweitern.

Wenn man das alte Landratsamtsgebäude umnutze statt es abzureißen, so das Bündnis, werde sich dies positiv auf die Kreisumlage auswirken und "alle Gemeinden des Dachauer Landkreises in den nächsten 30 Jahren" entlasten.

Peter Heller hofft auf eine ergebnisoffene Diskussion im Kreistag

Die Bündnis-Stadt- und Kreisräte Kai Kühnel, Sabine Geißler, Michael Eisenmann, Peter Heller und Lena Wirthmüller zeigen sich außerdem davon überzeugt, dass der neue Standort für die Stadt Dachau von Vorteil wäre: Ein Verkehrschaos am ohnehin schon überlasteten Bürgermeister-Zauner-Ring werde vermieden, auch der Parkdruck im umliegenden Wohngebiet würde nachlassen, eine Gefährdung der Gebäude in der Nachbarschaft durch "großflächige offene Wasserhaltung" bliebe aus. Zu guter Letzt bringe "der Parteienverkehr" Besucher in das neue Stadtviertel sowie in die benachbarte Altstadt. "Und wenn es denn sein muss, kann der Stadtbahnhof in Bahnhof Landratsamt umbenannt werden." Der letzte Satz, das darf man vermuten, ist wohl nur halb ernst gemeint.

Fragt man bei Peter Heller nach, warum man seitens des Bündnisses den Moment, über einen Alternativstandort nachzudenken, erst jetzt für gekommen hält, wo die Planungen schon so weit vorangeschritten sind, sagt er, dass man erst die Entscheidung im städtischen Bau- und Planungsausschuss habe abwarten wollen. Zudem habe sich seit 2018, als man einen Neubau am MD-Gelände noch ausgeschlossen habe, dort einiges getan, auch die Haushaltslage des Landkreises habe sich signifikant verändert, die finanziellen Spielräume schwinden. Heller geht deshalb davon aus, dass man im Gremium nun tatsächlich "ergebnisoffen" über den noch folgenden Antrag debattieren werde.

Im Dachauer Stadtrat ist man schon einen Schritt weiter. Dort beriet der Haupt- und Finanzausschuss am Mittwoch über den Vorschlag des Stadtrats Wolfang Moll (Wir), dem Landkreis entweder das städtische Grundstück zwischen Schleißheimer und Oberer Moosschwaigestraße anzubieten oder aber auf einen Bau des neuen Landratsamt auf dem MD-Gelände hinzuwirken. Die erstgenannte Idee lehnte der Ausschuss geschlossen ab, dem Vorschlag, das Landratsamt auf dem Gelände der ehemaligen Papierfabrik neu zu errichten, konnten die Stadträte und auch der anwesende Oberbürgermeister dagegen viel abgewinnen. Zwar kämen die Mayr-Terassen aus Sicht der Stadt dafür nicht infrage, dort sei schon Gewerbe geplant, südlich des Stadtbahnhofs sei allerdings noch Platz. Das Landratsamt wäre in der dort entstehenden Bahnrandbebauung an einem perfekten Standort - gut angebunden an Buslinien und S-Bahn. Der Ausschuss beschloss, die Stadt zu beauftragen, "den Kontakt zwischen dem Landkreis und dem Grundstückseigentümer herzustellen", Ziel sei die Ansiedlung des neuen Amtsgebäudes in diesem Bereich.

Bei der Diskussion wurde zudem von Seiten der SPD-Fraktion angeregt, darauf zu achten, dass beim Bau des Landratsamtes südlich des Stadtbahnhofs trotzdem weiterhin die Errichtung einer Pflegeeinrichtung möglich sei. Aus den Reihen der Grünen kam die Idee, bei einem Neubau an anderer Stelle, das bisherige Gebäude doch öffentlich weiterzunutzen. Letztendlich, auch da sind sich alle einig, lägen all diese Entscheidungen natürlich beim Landkreis.

Seitens des Landratsamts heißt es zum aktuellen Planungsstand, dass man derzeit "noch auf den finalen Beschluss aus dem Stadtrat" warte, bislang seien der finale Satzungsbeschluss sowie der Durchführungsvertrag lediglich im Bau- und Planungsausschuss vorbesprochen worden. "Wenn alles wie geplant läuft, sollte vor der Sommerpause eine Entscheidung aus der Stadt Dachau vorhanden sein", so das Landratsamt. Sobald das Baurecht erteilt sei, plane man eine Klausurtagung mit allen Kreisrätinnen und Kreisräten. Dort werde dann erörtert, "wie nun mit dem Baurecht umgegangen werden soll und auch die möglichen Optionen und Alternativen diskutiert".

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungLandratsamt Neubau
:Bei der Planung des Landratsamts fehlt die Weitsicht

Kritiker wie Kai Kühnel vom Bündnis für Dachauer kann man als Querulanten abtun. Doch bei einem Bauvorhaben dieser Größe sollte man lieber zu viele als zu wenige Fragen stellen - und das frühzeitig.

Kommentar von Jacqueline Lang

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: