Dass die Pläne für den Neubau des Landratsamts nicht unumstritten sind, ist bekannt. Sowohl auf Kreis- als auch auf Stadtebene sorgte das Bauvorhaben vor allem in der jüngsten Vergangenheit immer wieder für Kritik - und die Sitzung des Dachauer Bau- und Planungsausschusses am Dienstag bildete hier keine Ausnahme. Es ging nicht nur um die Finanzierbarkeit des Vorhabens, sondern auch um bauliche Fragen und solche, die das vorgelegte Mobilitätskonzept betreffen. Dabei sind die Kritiker zwar vehement, aber sie sind eindeutig in der Unterzahl.
Die Argumente derer, die sich gegen den Neubau aussprechen, sind vielseitig. So waren auf der Tagesordnung des öffentlichen Teils der Sitzung ursprünglich schon zwei Anträge zum Thema gestanden: In einem Eilantrag forderte zum einen das Bündnis für Dachau, den Bebauungsplan auszusetzen. Der Grund: Die "finanzielle Leistungsfähigkeit" des Landkreises sei nicht gesichert. In einem Ergänzungsantrag forderte WIR zudem, die nochmalige Prüfung von alternativen Standorten, etwa auf dem MD-Gelände. Wolfgang Moll hatte einen solchen Antrag zudem bereits in die Sitzung des Kreisausschusses eingebracht. Doch weil Kai Kühnel vom Bündnis darauf bestand, auch den - ursprünglich im nicht-öffentlichen Teil angesetzten - Durchführungsvertrag zwischen Stadt und Landkreis öffentlich zu behandeln, wurde nach einigem Hin und Her vor allem sehr lange darüber diskutiert. Die Leistungsfähigkeit sowie auch die Standortfrage fallen aus Sicht der Stadt nämlich im Entscheidungsbereich des Haupt- und Finanzausschusses.
Kai Kühnel ist überzeugt: Der Neubau hat Auswirkungen auf die gesamte Stadt
Aus Sicht von Kühnel hat man mit einem solch nicht-öffentlich behandelten Vertrag bei der Entscheidung, was mit der Schlossbrauerei geschehen soll, schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht. Die Entscheidungen, die hier nun für den Neubau des Landratsamts getroffen würden, seien für die Bürgerschaft schlicht zu wichtig, als dass sie am Ende vor vollendete Tatsachen gestellt werden dürften, meint der Stadtrat und Zweite Bürgermeister: "Es geht auch um private Interessen."
Denn glaubt man Prognosen, wie denen von Kühnel, dann wird der Neubau Auswirkungen weit über die an das Grundstück angrenzenden Straßen hinaus haben. Und, so sieht es zumindest der Bündnis-Stadtrat: Es liegt in der Verantwortung der Stadt, dieses Vorhaben - wenn schon nicht gänzlich zu stoppen - doch zumindest vertraglich klar zu definieren, so dass die Interessen der Stadt und seiner Bewohnerinnen und Bewohner gewahrt werden. Stand jetzt, so Kühnel, sei es nämlich so: "Wir verpflichten uns als Stadt zu ganz viel, der Landkreis verpflichtet sich zu nichts."
Stadtrat Kai Kühnel zweifelt an der Leistungsfähigkeit des Landkreises.
(Foto: Toni Heigl)Eine Mehrheit im Stadtrat und in der Stadtverwaltung indes scheint das eher pragmatisch zu sehen: Sollte der Landkreis etwa das von ihm selbst vorgeschlagene Mobilitätskonzept nicht vollumfänglich erfüllen, dann müssten eben die Stellplätze, die jetzt nicht vorgesehen sind, nachgebaut werden. Und ja, sollte ein Anschluss an einen von der Stadt geplanten Radweg notwendig werden, dann werde sich das Landratsamt an den Kosten beteiligen müssen. Und, auch das steht für die Stadt fest: Wenn der Zehnminutentakt im Konzept festgeschrieben sei, dann könne man den Landkreis zwar nicht dauerhaft vertraglich zu einer Kostenbeteiligung zwingen, sehr wohl aber aus der Abweichung von dem Konzept Maßnahmen ableiten. Im schlimmsten Fall sei als "schärfstes Schwert" sogar eine Nutzungsuntersagung denkbar, heißt es seitens der Rechtsabteilung.
Stadtrat Sören Schneider (SPD) etwa argumentierte so: Das Mobilitätskonzept hänge mit der Baugenehmigung zusammen und nicht mit dem Durchführungsvertrag, um den es aktuell gehe. Ein Schritt nach dem anderen, so augenscheinlich die Devise einer deutlichen Mehrheit im Stadtrat, die vermutlich zumindest in Teilen nicht mehr im Amt sein werden, wenn die Bauarbeiten einmal beginnen.
Kühnel indes wird von Stadträtin Gertrud Schmidt-Podolsky (CSU) schmerzlich daran erinnert, dass er selbst schuld ist, dass er schon jetzt nicht mehr im Kreistag sitzt, um auch dort seinen Unmut kundzutun. Nach der Wahl im März 2020 hatte Kühnel sich dazu entschieden, seinen Platz abzugeben, Nachrücker war Peter Heller. Tatsächlich aber macht das vermutlich keinen Unterschied: Die Kritik am Landratsamtsneubau hält sich auch auf Kreisebene in Grenzen.
Unterdessen besteht immerhin beim Thema Bohrpfähle Einigkeit zwischen Kühnel und den übrigen Stadträtinnen und Stadträten: Der Landkreis soll dazu weitere Alternativen vorschlagen. Denn ob man wirklich rund 300 "Betonklumpen", wie Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) den in die entstehenden Hohlräume gespritzten Beton nennt, der das Gelände absichern soll, dauerhaft im Erdreich rund um das Landratsamt haben will, das will man zumindest noch einmal überdenken. Und sollten die Erdanker alternativlos sein, so müsse, auch in diesem Punkt besteht Einigkeit, doch zumindest sichergestellt werden, dass bei einer notwendigen Entfernung die Stadt nicht allein auf den Kosten sitzen bleibe.