München/Karlsfeld:Nicht ganz klar im Kopf

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33-Jähriger soll nach massivem Bier- und Drogenkonsum einen Mann mit dem Messer angegriffen haben

Von Andreas Salch, München/Karlsfeld

Was er vor hatte, daran soll der Angeklagte, ein 33-Jähriger aus Karlsfeld, keinerlei Zweifel gelassen haben: Er habe mit ihm noch eine Rechnung offen, er werde ihm das Gesicht "zerschlitzen", soll der Karlsfelder einem 26 Jahre alten Techniker Ende März vorigen Jahres in der Nähe des Eichinger Weihers gedroht haben. Außerdem soll der 33-Jährige, der sich seit diesem Dienstag vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II verantworten muss, zu seinem mutmaßlichen Opfer noch gesagt haben, es solle froh sein, dass es noch hell sei und so viele Zeugen da seien. Andernfalls würde "ich dich gleich abstechen." So steht es in der Anklage der Staatsanwaltschaft. Sie legt dem Karlsfelder versuchten Totschlag zur Last.

Am frühen Abend jenes 30. März hatte sich der Techniker mit zwei Freunden beim Eichinger Weiher getroffen. Sie standen zusammen, redeten. Dann soll der Angeklagte gekommen sein. Angeblich hatte er mit dem Techniker einige Jahre zuvor eine Auseinandersetzung. Nachdem der Karlsfelder seine Drohungen ausgestoßen hatte, soll er nach Hause gegangen sein. Wenige Minuten später tauchte er jedoch wieder auf. In seiner rechten Hand soll er ein Messer mit einer etwa zehn Zentimeter langen Klinge gehalten haben. Damit lief er angeblich zielstrebig auf den Techniker zu. Der hatte sich inzwischen mit einem Holzstock bewaffnet. Er war von einem seiner beiden Freunde gewarnt worden. Der hatte zu ihm gesagt, dass der Karlsfelder "unberechenbar" sei.

Die Warnung war offenbar berechtigt. Der 33-Jährige soll sich direkt vor das mutmaßliche Opfer hingestellt und zwei Mal "schnelle Stichbewegungen" in Richtung des Halses und der linken Körperseite gemacht haben. Doch der Techniker setzte sich mit dem Holzstück zu Wehr und blieb unverletzt. Als der Angeklagte zu einer dritten Messerattacke angesetzt habe, schlug einer der Freunde des Opfers dem Karlsfelder mit der Faust auf den Hinterkopf. Der 33-Jährige ging kurz benommen in die Hocke. Als er wieder zu sich kam, ergriff er die Flucht.

Zum Auftakt der Verhandlung räumte der Karlsfelder über eine Erklärung, die sein Verteidiger, Rechtsanwalt Jochen Uher, verlas, ein, dass es einen Streit gegeben habe. Die Todesdrohungen seien nicht ernst gemeint gewesen. Es habe sich um "verbale Kraftmeierei gehandelt". Mehr nicht. Und bei den Stichbewegungen sei er "weit weg" von dem Techniker gestanden. Außerdem sei die Attacke vor dem Hintergrund der "Drogenproblematik" seines Mandanten zu sehen, so der Verteidiger. Fragen des Gerichts zum Ablauf der mutmaßlichen Tat, beantwortete der Karlsfelder nicht.

Dafür berichtete er ausführlich über seinen Drogen- und Alkoholmissbrauch. Der 33-Jährige, der zuletzt keinen Job hatte, nahm zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung an einer Drogenersatztherapie mit einem Heroin-Ersatzstoff teil. Im Verlauf jenes 30. März habe er zudem sechs Bier getrunken, so der 33-Jährige, den Heroin-Ersatzstoff konsumiert, drei bis vier Joints geraucht und zwei Beruhigungstabletten geschluckt. Der Entzug in der Untersuchungshaft sei "schon eine harte Nummer" gewesen, sagte der Angeklagte. Dafür sei er jetzt "im Kopf klarer." Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 15.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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