Landkreis Dachau:Der ganz normale Wahnsinn

Lesezeit: 3 min

Das Faschingstreiben soll im kommenden Jahr wieder so stattfinden wie letztmalig 2020. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Nach zwei Jahren Pause wollen die Narren im Landkreis Dachau wieder ganz normal Fasching feiern, Prinzenpaare und Umzüge inklusive. Doch die Verantwortlichen blicken auch mit Sorge auf die kommenden Jahre: Nachwuchs ist schwer zu finden.

Von Carlotta Böttcher und Paulo Plautz, Dachau/Karlsfeld

Mussten im vergangenen Jahr zum zweiten Mal in Folge nahezu alle Faschingsveranstaltungen der Vereine im Landkreis Dachau abgesagt werden, soll in dieser Saison endlich wieder alles ganz normal stattfinden. "Wir machen volles Programm", sagt Rolf Ederer, Präsident des Olympia Faschingsclubs Karlsfeld e.V.. Bleibt nur die Frage: Weißt heißt das eigentlich noch gleich, volles Faschingsprogramm?

Beim traditionsreichen Verein in Karlsfeld wurde die Saisonauftakt Anfang November mit dem Rosenball eröffnet, bei dem das neue Prinzen- und Kinderprinzenpaar gekürt wurde. "Das Prinzenpaar repräsentiert den Verein auf allen Veranstaltungen, sie sind - neben dem Präsidium - für die Saison die Oberhäupter des Vereins", sagt Michaela Ederer, Trainerin des Prinzenpaars und selbst langjähriges Vereinsmitglied beim OFC Karlsfeld. So richtig beginnt die Saison aber in Karlsfeld erst im neuen Jahr: Am 7. Januar findet die Inthronisation der Prinzenpaare statt. Dort führen die Garden auch erstmalig das neue Programm vor. Aufgeführt wird ein Prinzen-Walzer und ein Showteil, bei dem zum Beispiel Discofox oder Cha-Cha-Cha getanzt wird. Danach geht es für die Mitglieder des Vereins - allen voran die Prinzenpaare - fast jedes Wochenende auf eine andere Veranstaltung, einen anderen Ball.

In Dachau hat sich ganz spontan doch noch ein Prinzenpaar gefunden

Bei der Faschingsgesellschaft Dachau hatte man sich schon darauf eingestellt, dass die Saison auch dieses Jahr ohne Prinzenpaar bestritten werden muss. Nun habe sich aber auf einmal ein Prinzenpaar bei ihr gemeldet, erzählt Vereinsvorsitzende Michaela Zachmann. "Sie standen einfach vor meiner Haustür." Um wen es sich handelt, das verrät Zachmann noch nicht: Öffentlich verkündet werden soll das erst an diesem Samstag, 19. November. Ein Kinderprinzenpaar gibt es dieses Jahr allerdings wieder nicht.

Die diesjährige Faschingssaison ist damit in trockenen Tüchern. Mit Sorge blicken die Vereine allerdings auf die kommenden Jahre: Laut Rolf Ederer vom OFC Karlsfeld sei schon zu merken, dass nach den zwei Jahren Pause die Kinder das Interesse verloren und sich etwas anderes gesucht hätten. Mit Flyern an Kindergärten und Schulen versucht der Karlsfelder Verein aktuell, für sich zu werben - laut Ederer auch durchaus mit Erfolg.

Die diesjährigen Karlsfelder Prinzenpaare: Lucia Sansone und Andrea d'Arco (groß) und Charlize Reichert und Luca Sansone (klein). (Foto: Niels P. Jørgensen)

Auch in Dachau ist der fehlende Nachwuchs ein Thema: Zachmann sagt, dass sich "in den Corona-Jahren die Interessen anderweitig verlegt haben". Sie ist aber zuversichtlich, dass das Interesse wieder zunimmt, "wenn alles wieder anläuft und die Leute sehen: Wir können wieder, wir dürfen wieder". Darüber hinaus würde sie sich wünschen, dass Eltern mit ihren Kindern die Kinderbälle besuchen und es weiterhin Tanzkurse an Schulen gibt, damit die Kinder und Jugendlichen sich mit dem Brauchtum und der Tradition wieder bewusst auseinandersetzen.

"Bei so einem Faschingsumzug ist eigentlich der ganze Ort involviert."

In Markt Indersdorf, wo man auf Galabälle und Prinzenpaar verzichtet, hat man keine Nachwuchsprobleme: In diesem Jahr, so Johannes Böller, Sprecher des Faschingskomitees Markt Indersdorf, werde in seiner Gemeinde wie gewöhnlich nur ein großer Umzug veranstaltet. Wenn das Wetter stimme, sei mit 20 000 bis 30 000 Leuten zu rechnen, so Böller. "Bei so einem Faschingsumzug ist eigentlich der ganze Ort involviert." Das Event sei vergleichbar mit dem Kölner Karneval, "wenn wir auch nicht ganz so groß und teilweise weniger zeitgemäß sind".

Einen weiteren größeren Umzug plane man in Vierkirchen, an den dann das "lustige Faschingstreiben auf dem Rathausplatz" anschließe, sagt Andreas Wackerl, der die Veranstaltung in Vierkirchen mit organisiert. Auch in Petershausen gibt es einen Umzug. Dieser wird laut Gottfried Stempfl, Vorstand des Faschingskomitees Petershausen, etwas kleiner als die Umzüge in Vierkirchen und Markt Indersdorf ausfallen. Dafür gibt es in Petershausen nach dem Umzug eine Feier in der Mehrzweckhalle. Anstelle der sonst üblichen Band soll dort erstmalig ein DJ auflegen. Damit sollen jedoch nicht nur "die jungen Leute" einbezogen werden, sondern "es soll ein Familienfest bleiben, wie es immer schon war", sagt Stempfl.

Trotz zwei Jahren ohne Faschingsgaudi rechnen die Veranstalter in den Landkreisgemeinden übrigens nicht mit einem übermäßigen Ansturm. Es werde eben ein "ganz normales Fasching", das sagen Rolf Ederer vom OFC Karlsfeld und Johannes Böller vom Indersdorfer Faschingskomitee unisono. Aber genau diese Normalität in der fünften Jahreszeit haben die Narren ja schließlich so vermisst, und so ist es kein Wunder, dass die Vorfreude bei allen riesengroß ist.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusPolitische Bildung
:"Jugendliche wissen nicht mehr, was sie noch glauben können"

Die diesjährige Demokratiekonferenz des Kreisjugendrings Dachau beschäftigt sich mit Extremismus. Im Interview erzählt Mitorganisatorin Juliana Krolop, welche Relevanz das Thema im Landkreis hat und warum die politische Bildung Jugendlicher so wichtig ist.

Interview von Jacqueline Lang

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: