Fachkräftemangel im Landkreis Dachau:Tiefbauingenieure und Sozialpädagogen gesucht

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Nicht nur im Dachauer Rathaus, auch in vielen anderen Gemeindeverwaltungen im Landkreis fehlt es an Personal. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Viele Rathäuser im Landkreis Dachau suchen händeringend nach Personal. Mit flexiblen Arbeitszeiten, Fahrtkostenzuschlägen und der Großraumzulage versuchen sie, mit der freien Wirtschaft zu konkurrieren. Trotzdem bleiben viele Stellen unbesetzt - und das hat direkte Auswirkungen auf die Bürger.

Von Eva Waltl, Dachau

Sieben offene Stellen im Rathaus Dachau, 22 im Rathaus Karlsfeld - die Personalsituation der Gemeindeverwaltungen im Landkreis ist prekär. In allen Bereichen fehlt Personal, besonders Ingenieure werden händeringend gesucht. Bewerbungen bleiben aus und Stellen unbesetzt. Ein auf Dauer nicht tragbarer Zustand, wie Francesco Cataldo, Geschäftsleiter der Gemeinde Karlsfeld, findet: "Wir müssen so schnell wie möglich Leute kriegen."

Auch Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) beklagt den Fachkräftemangel, der in "allen Bereichen des Rathauses spürbar" sei: Sowohl im Bereich der Kindertagesstätten, als auch im Tiefbau. Die Stelle des Tiefbauleiters, erinnert sich Hartmann, habe dreimal ausgeschrieben werden müssen, bis sie letztendlich passend besetzt werden konnte. Das gelingt längst nicht immer: Oft gehen Bewerbungen erst gar nicht ein oder die angeforderten Qualifikationen fehlen. "Manche Stellen können daher mehr als ein Jahr lang nicht besetzt werden", so Hartmann. Auch im Karlsfelder Rathaus fehlt qualifiziertes Personal. "Wir haben starken Fachkräftemangel in allen Bereich", so Francesco Cataldo. Besonders Sozialpädagogen für das Jugendhaus seien "aktuell sehr schwierig zu finden", klagt er. Und darüberhinaus: Vor allem für die technischen Berufe fehle es an Bewerbern. Die ausgeschriebenen Stellen für die so dringend benötigten Tiefbauingenieure seien bereits seit mehr als sechs Monaten vakant, so Cataldo.

Die Rathäuser konkurrieren mit der freien Wirtschaft

Warum gerade die Ingenieurstellen so schwer zu besetzen sind, erklärt sich Cataldo anhand des Wettbewerbs mit der freien Wirtschaft: "Die Bewerber erhalten in der freien Wirtschaft einfach attraktivere Angebote." Da ziehen die Rathäuser oft den Kürzeren, denn anhand des bayernweiten Tarifvertrags, sind die Gehälter der Stellen im öffentlichen Dienst einheitlich, in der freien Wirtschaft aber verhandelbar.

Doch nicht nur wegen der Gehälter scheitert das Einstellen von ausgebildetem Personal: In den Rathäusern des Landkreises sind unzählige Stellen offen, interessierte können also von einer großen Auswahl profitieren. Das Angebot ist höher als die Nachfrage. "Wir nehmen uns gegenseitig die potenziellen Mitarbeiter weg, weil überall Fachkräfte gesucht sind", beklagt Cataldo.

Mit flexiblen Arbeitszeiten versuchen die Verwaltungen, Mitarbeiter zu gewinnen

Bleibt die Frage: Wenn Ingenieure über Monate hinweg in den Rathäusern fehlen oder Sozialpädagogen für das Jugendhaus nicht eingestellt werden können, wie funktioniert ein solch lückenhaftes Modell? Die einfache Antwort lautet: Die vorhandenen Mitarbeiter übernehmen die dadurch entstehende Mehrarbeit.

Doch wenn auch diese Kapazitäten ausgeschöpft seien, müssten auch Projekte nach Wichtigkeit priorisiert werden oder würden im schlimmsten Fall gar nicht umgesetzt, erklärt Cataldo. Damit betrifft der Personalmangel in den Rathäusern des Landkreises letztlich auch die Bürger. Verschärfe sich die Situation weiter, könnten beispielsweise die Öffnungszeiten des Karlsfelder Jugendhauses verkürzt werden oder eine Straße nicht saniert werden, zählt er auf, nur um gleich zu beruhigen: "Aber so weit sind wir erfreulicherweise noch nicht."

Damit es erst gar nicht zu diesem Schreckensszenario kommt, versuchen sich die Rathäuser immer mehr an den Bedürfnissen der Mitarbeiter zu orientieren: Flexible Arbeitszeiten und Homeoffice, Fahrtkostenzuschläge und Großraumzulage sollen die Bewerber in die Rathäuser locken. Während der Tarifvertrag bei der Bezahlung zum Ausscheidekriterium werden kann, biete er den Mitarbeitern immerhin eine sehr sichere Beschäftigung an, auch in Krisenzeiten, erklärt der Dachauer OB Hartmann: "Man müsste schon schlimme Dinge anstellen, um gekündigt zu werden."

Im Rathaus Altomünster setzt man auf Teilzeitstellen

Im Rathaus Altomünster wird indes die Work-Life-Balance groß geschrieben. Das kann man sich laut Geschäftsleiter Christian Richter aber eben auch leisten: "Wir sind personell sehr gut aufgestellt." Weder im technischen noch im Verwaltungsbereich gebe es aktuell offene Stellen. Laut Richter hat das auch damit zutun, dass man nicht auf Vollzeitstellen besteht: "Einen Teil unseres wertvollen Personals machen rückkehrende Damen aus der Elternerziehungszeit aus." Zwar müsse das Rathaus dann für eine Stelle zwei Personen einstellen, um die entsprechenden Wochenstunden zu füllen, aber der Mehrwert mache sich bemerkbar, so Richter: "Anders kriegen wir keine Leute", sagt er. Und freilich, ergänzt er, gehöre auch immer ein Quäntchen Glück dazu, die passende Bewerbung zu erhalten.

Neben der Teilzeitbeschäftigung versuchen die Rathäuser auch, in der Folge einer dreijährigen Ausbildung Personal im Verwaltungssektor zu halten. Der Karlsfelder Geschäftsleiter Cataldo sieht darin den "vernünftigsten Weg, Fachkräfte von Anfang an zu binden". Im Karlsfelder Rathaus befindet sich aktuell ein Azubi im letzten Lehrjahr, in Dachau sind es pro Ausbildungsjahr immerhin zwei bis drei, die nach abgeschlossener Prüfung dann die Möglichkeit haben zu bleiben. Für die einen mag diese Ortsgebundenheit ein Ausschlusskriterium sein, für die anderen ist es genau das, was einen Job in einer Gemeindeverwaltung interessant macht. Der Karlsfelder Cataldo jedenfalls hat sich vor fünf Jahren ganz bewusst für seine Stelle entschieden: "Man arbeitet direkt für die Gemeinde. Alles kommt dem Ort, in dem man lebt, zugute."

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