An einem Donnerstag Ende August 2020 stehen Nicholas Esiovwa und seine Frau Faith an einem Schalter im Dachauer Landratsamt, ihnen gegenüber ein Sachbearbeiter. Der Boden ist braun gefliest. Es hallt auf den Fluren. Orange Plastikbänke brechen den nüchternen Behördenchic. Die Esiovwas kennen diese Flure. Seit ihrer Ankunft in Deutschland sind sie regelmäßig hier. Fünf Zettel liegen vor ihnen, jeweils einer für jedes Familienmitglied. Den Inhalt verstehen die Esiovwas nicht, doch die Dokumente sehen anders aus als die Fragebögen, die ihnen sonst vorgelegt werden. Trotzdem unterschreiben sie - auch für ihre Kinder - direkt unterhalb der Zeilen, wo es heißt, dass die Ausländerbehörde die "Abschiebung in die Wege leiten" werde. In diesem Moment wissen sie es noch nicht, aber ihre Zeit in Deutschland läuft ab.
Abschiebungen und Asyl:Eine Mauer aus Wörtern
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Interne Dokumente der Dachauer Ausländerbehörde geben Einblicke in den Ablauf von Asylverfahren. Sie zeigen, wie Geflüchtete ohne Deutschkenntnisse am Amtssprech scheitern. Und wie ein Missverständnis im schlimmsten Fall zur Abschiebung führen kann.
Von Jonas Junack, Dachau
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Madeleine Wienforth ist die letzte verbliebene Flüchtlingshelferin im Helferkreis Röhrmoos, der sich 2014 gegründet hat. Von den einst rund 40 Freiwilligen ist nur noch die 75-Jährige aktiv. Ein Besuch mit ihr in der Schönbrunner Unterkunft.
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