Dachau:Klassik geht auch anders

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Das "Bassetti Trio" mit Anna-Theresa Minsch, Lukas Scheurer und Luka Gantar in der Kulturschranne. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Studierende der Münchner Hochschule für Theater und Musik experimentieren in der Kulturschranne mit neuen Konzertformaten.

Von Dorothea Friedrich, Dachau

Man stelle sich vor, der ewige Lüstling Don Giovanni swingt zu Janis Joplins "Ragtime" über die Bühne der Bayerischen Staatsoper - und schon hat das Trio Bassetto zuletzt in der Dachauer Kulturschranne sein Ziel erreicht. "Collage" haben die Studierenden der Münchner Hochschule für Theater und Musik ihr erstes Konzert genannt. Anna-Theresa Minsch, Lukas Scheurer und Luka Gantar haben sich damit gleich auf mehrere Experimente eingelassen. Sie wollten weg vom tradierten "hier Musizierende, da andächtig lauschende Zuhörer", sie wollten neue Formate ausprobieren, sich auf neue Spielorte einlassen.

Unterstützung hatten sie von Pianistin Hanni Liang, die an der Musikhochschule Konzertdesign und Konzertvermittlung studiert hat. Was darunter zu verstehen ist? "Wir hinterfragen, welche Rolle wir klassischen Künstlerinnen und Künstler heute in der Gesellschaft haben", sagte sie. "Wir fragen, wie ein Klassikkonzert Räume öffnen kann, die anregen und Menschen mit den Themen unserer Zeit in Verbindung bringen."

Überraschende Hörerlebnisse

Dass sich die Kulturschranne für "Collage" geöffnet hat, ist dem Dachauer Klarinettisten und Hochschulprofessor Georg Arzberger zu danken. Sein Anliegen ist es, "dass die Musikhochschule rausgeht". Das hat das Trio "Bassetto" getan und für seinen Konzertabend Werke unterschiedlichster Komponisten in der Bearbeitung für Klarinette ausgewählt und so miteinander verbunden, dass überraschende, reizvolle, ungewohnte Hörerlebnisse entstanden sind. Sie fügen sich letztendlich wieder zu einem neuen Bild, einer Collage, zusammen.

Es macht Spaß, diesem Weg zu folgen. So lässt sich erkunden, wie Werke von Johann Sebastian Bach, etwa eine seiner Inventionen oder die Chaconne aus der Partita d-Moll oder Arien aus Wolfgang Amadeus Mozarts "Don Giovanni" in ungewohnter Instrumentierung klingen. Ziemlich überrascht stellt man fest, dass eine Klarinette so gurren kann wie die leicht durchtriebene Zerlina, wenn sie ihren Masetto mit Samtstimme um Verzeihung für ihre Fast-Untreue bittet oder so überverständnisvoll wie der Softie Don Ottavio. Das ist schönstes Kopfkino und fügt den inneren Bildern gleich noch weitere hinzu.

Man könnte ganze Geschichten rund um Mozart, Bach, Schubert und Janis Joplin erfinden, man kann aber auch einfach zuhören, feststellen, wie anders das Trio klingt, wenn es Rücken an Rücken oder im Raum verteilt spielt. Man kann erleben, erhören, wie universell Musik über Zeit und Raum hinweg ist, wie sich scheinbar Unvereinbares fast wie von selbst zusammenfügt.

Die drei Studierenden haben die damit verbundenen Herausforderungen locker gemeistert. Ihre Bereitschaft, sich bei ihrem ersten gemeinsamen Konzert auf das Experiment einzulassen verdient große Anerkennung. Umso bedauerlicher war, dass nur wenige Zuhörer den Weg in die Kulturschranne gefunden hatten. Doch "Fortsetzung folgt", versprach Georg Arzberger.

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