Initiative "Fehlender Nahversorger":Hoffnungsschimmer für einen Supermarkt

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Eckart Moj (links) und Günter Hösch leben im Betreuten Wohnen im Prinzenpark und hoffen seit Jahren, dass auf dem Gelände neben der Bahn ein Supermarkt entsteht. (Foto: Toni Heigl)

Seit Jahren liegt das Karlsfelder Bayernwerkgelände brach. Eckart Moj und seine Mitstreiter kämpfen dort unermüdlich für einen Nahversorger. Nun könnte die Schließung eines Pflegeheims eine Wendung bringen.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Für Eckart Moj ist die Versorgungslage in Karlsfeld-West ein Armutszeugnis: Jeden Dienstag komme lediglich ein mobiler Hähnchenwagen an der Bayernwerkstraße am S-Bahnhof vorbei: "Das ist alles, was wir haben", sagt der Rentner. Deshalb kämpfen er und seine Mitstreiter der Initiative "Fehlender Nahversorger" seit Jahren für einen Supermarkt in ihrer Nähe. Moj lebt im Betreuten Wohnen, das auf dem Bayernwerkgelände gegenüber dem Bahnhof entstanden ist. Doch seit Jahren liegt ein Großteil der Fläche brach. Die Fronten sind verhärtet: Die Gemeinde wünscht sich auf dem über 50 000 Quadratmeter großen Gelände mehr Gewerbe, der Investor Erlbau & Streicher mehr Wohnfläche - und solange diese nicht vom Gemeinderat genehmigt werde, rentiere sich dort kein Supermarkt, so der Investor. Doch seit Kurzem hat Eckart Moj die Hoffnung, dass sich die Lage doch noch wenden könnte.

Denn Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) ist offen für neue Verhandlungen: Er habe seine bisherige Position geändert, wie die Bebauung des Geländes aussehen soll, das sagte er vor Kurzem bei einer Versammlung im Betreuten Wohnen. Dazu hatte Moj den Bürgermeister eingeladen. Grund für Kolbes Meinungswechsel: Die Schließung des Pflegeheims St. Josef in Karlsfeld vor rund eineinhalb Jahren. Denn im April 2022 mussten die letzten der 75 Seniorinnen und Senioren aus dem Altenheim St. Josef ausziehen, die Caritas konnte sich die Sanierung ihres Gebäudes nicht mehr leisten, seitdem steht es leer.

Durch den ersatzlosen Wegfall von St. Josef habe sich "die Situation für den Prinzenpark in Bezug auf ein Pflegeheim verändert", so Kolbe und deutete damit an, dass er nun doch offen sei für ein neues Seniorenheim auf der Brachfläche. In der kommenden Gemeinderatssitzung soll das Thema diskutiert werden.

"In Karlsfeld brauchen wir dringend ein neues Pflegeheim."

Auf SZ-Anfrage schreibt Kolbe, dass es im vergangenen Jahr auch Vorschlag des Investors gewesen sei, in einem Baufeld eine Pflegeeinrichtung zu bauen. Doch bislang beharrten die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte darauf, dass auf dem Bayernwerkgelände vor allem Gewerbe entstehen soll, damit die Gewerbesteuereinnahmen endlich sprudeln und sich Karlsfelds Finanzlage zum Guten wendet. Kolbe schreibt: "Letztendlich obliegt die Entscheidung dem Gemeinderat, ob man die bisherige Sichtweise ändert!" Für den Bürgermeister sei es jedoch eine Grundbedingung - wenn der Bebauungsplan für ein Seniorenheim geändert werden soll - dass auf dem Gelände auch ein Nahversorger errichtet wird.

Eckart Moj ist überzeugt: "In Karlsfeld brauchen wir dringend ein neues Pflegeheim." Dass es nicht nur in der Gemeinde an Pflegeplätzen mangelt, habe er bereits in seinem persönlichen Umfeld mitbekommen. Denn Mojs Nachbar musste seine Ehefrau vor Kurzem in einem Pflegeheim in Bad Aibling unterbringen, weil er in der Region keinen Platz für sie fand. Moj ist überzeugt, dass der Bedarf an Seniorenheimen im Landkreis Dachau weiter steigen wird. Dafür müsse man sich nur die allgemeine Bevölkerungsentwicklung ansehen, sagt er, die Zahl der Pflegebedürftigen nehme weiter zu.

Ein Großteil des Bayernwerkgeländes liegt brach, weil sich Gemeinde und Investor bislang nicht auf eine Bebauung einigen konnten. (Foto: Toni Heigl)
Organisierten eine Demonstration vor dem Karlsfelder Rathaus, weil sie auf einen Supermarkt hoffen: Eckart Moj, Claudia Micklich und Renate Röslmair. (Foto: Toni Heigl)

Nun hoffe er, dass die Karlsfelder Gemeinderätinnen und Gemeinderäte endlich zu Potte kommen, wie er sagt. Konkret meint er damit, dass der Bebauungsplan für den Prinzenpark geändert wird und dort ein Seniorenheim entstehen kann. Denn damit steige die Kaufkraft in dem Gebiet und der Investor wäre wohl eher bereit, einen Nahversorger anzusiedeln, sagt Moj. Er fordert: "Die Gemeinde muss einsehen, dass sie dort nicht so viel Gewerbesteuer einnehmen kann, wie ursprünglich geplant."

Der Investor hält sich mit öffentlichen Aussagen zurück

Auf SZ-Anfrage hält sich der Investor jedoch zurück und beantwortet die Frage nicht, ob ein neues Seniorenheim im Prinzenpark dazu führen würde, dass dort auch ein Nahversorger angesiedelt wird. Wolfgang Haider, Vorstand der Immobiliengruppe Erl, bestätigt lediglich, "dass wir in 2023 in bisher ergebnisoffenen Gesprächen mit Herrn Bürgermeister Kolbe waren", konkrete Neuigkeiten gebe es derzeit nicht, schreibt Haider.

Für Moj ist es trotzdem eine gute Nachricht, dass der Bürgermeister sich politisch bewegt hat und die Notwendigkeit eines neuen Seniorenheims sieht. Denn in den vergangenen Jahren hat Eckart Moj viel Zeit und Kraft investiert, um für einen Supermarkt in Karlsfeld-West zu kämpfen. Er gründete die Initiative "Fehlender Nahversorger", organisierte eine Demonstration vor dem Karlsfelder Rathaus, verteilte Flyer und trat bei den Bürgerversammlungen immer wieder für sein Anliegen ein. Er hofft, dass sich sein Protest irgendwann doch noch lohnt.

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