Gemeinderat:Eine Immobilie in Karlsfeld - und keiner will sie

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Vor dem Gebäude steht noch der Wegweiser zum Altenheim, doch die letzte Bewohnerin ist dort bereits im April 2022 ausgezogen. (Foto: Toni Heigl)

Das ehemalige Altenheim St. Josef in Karlsfeld steht seit eineinhalb Jahren leer. Wie es künftig genutzt werden soll, ist unklar. Bürgermeister Stefan Kolbe erteilt der Caritas eine klare Absage, dass daraus eine Flüchtlingsunterkunft oder ein Studentenwohnheim werden könnte.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Vor mehr als eineinhalb Jahren mussten die letzten der 75 Seniorinnen und Senioren aus dem sanierungsbedürftigen Caritas-Altenheim St. Josef ausziehen. Seitdem steht das Gebäude in Karlsfeld leer. Wie es künftig genutzt werden soll, bleibt eine große Frage. Diskutiert wurde darüber am Donnerstagabend im Gemeinderat.

Dazu war Caritas-Geschäftsführerin Heidi Schaitl eingeladen, sie berichtete unter anderem von Gesprächen mit der Regierung von Oberbayern und dem Landratsamt über Pläne, das ehemalige Altenheim als Geflüchtetenunterkunft zu nutzen. Doch der Karlsfelder Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) sprach sich öffentlich dagegen aus: "Wir haben unser Soll erfüllt", sagte Kolbe. "Wir packen's nicht mehr." Er verwies auf die vergleichsweise hohen Flüchtlingszahlen in der Gemeinde.

Laut Landratsamt Dachau leben in Karlsfeld 282 geflüchtete Menschen in den Unterkünften in der Hochstraße und Parzivalstraße, davon sind 188 sogenannte Fehlbeleger. Diese haben einen Aufenthaltstitel und könnten auch in einer eigenen Wohnung wohnen, finden aber oft keine. Heidi Schaitl fragte daher in der Sitzung, ob sich Kolbe vorstellen könnte, dass in das ehemalige Altenheim Fehlbeleger einziehen. Doch auch das lehnte der Bürgermeister ab - mit dem Argument, dass man dafür eine Stellplatzänderung bräuchte, also zusätzliche Stellplätze schaffen müsste. Auch ein Studentenwohnheim könne er sich dort nicht vorstellen - aus demselben Grund.

Auf SZ-Anfrage schreibt Schaitl, dass Karlsfeld tatsächlich bereits mehr Geflüchtete aufgenommen habe als andere Landkreisgemeinden. Daher könne sie Kolbes Standpunkt nachvollziehen, dass vorrangig andere Kommunen Unterkünfte bereitstellen sollten. Wenn dies aber nicht in ausreichendem Maß passiere, müssten Geflüchtete in Turnhallen und Zelten untergebracht werden, so Schaitl und kritisiert: "Dies sind keine geeigneten Unterkünfte für Menschen - im Gegenteil, diese Form der Unterbringung schafft viele neue Probleme für die Geflüchteten und die Landkreisbürger." Insofern müsse man sehen, wie sich die Gesamtsituation im Landkreis entwickelt, so Schaitl.

"Wir können noch nicht sagen, ob es überhaupt etwas wird und in welchem Umfang"

Das Landratsamt teilt mit, dass das Altenheim bereits 2022 besichtigt wurde, aber: "Da es renovierungsbedürftig ist, kommt eine Nutzung als Flüchtlingsunterkunft für uns nicht infrage." Das ehemalige Altenheim ist im Jahr 1975 eröffnet worden. Zuletzt hätte eine teure Dachsanierung angestanden, damit die Betriebserlaubnis verlängert werden kann, so Schaitl: "Das Gebäude entspricht nicht mehr den Anforderungen des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes."

Unter anderem hätte die Caritas die Bäder modernisieren müssen, um dort Barrierefreiheit zu gewährleisten. Doch dafür hatte der Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche kein Geld, so Schaitl, weil auch andere der insgesamt 27 Caritas-Altenheime saniert werden mussten. "Es ist schade, dass das Gebäude gerade nicht genutzt werden kann", sagt Schaitl.

Nach der Schließung habe die Caritas das ehemalige Altenheim im Oktober 2022 auch der Regierung von Oberbayern angeboten, um dort Geflüchtete unterzubringen, so deren Pressesprecher Wolfgang Rupp. Doch in der Zwischenzeit habe sich noch keine Zusammenarbeit konkretisiert: "Wir können noch nicht sagen, ob es überhaupt etwas wird und in welchem Umfang", sagt er der SZ. Allgemein habe die Regierung momentan weniger Probleme, Standorte für Flüchtlingsunterkünfte zu finden.

Caritas-Geschäftsführerin Heidi Schaitl muss in der Gemeinderatssitzung viel Kritik einstecken. (Foto: N.P. Jörgensen)

Die Caritas selbst wolle das Grundstück gerade nicht weiter verwerten, erklärte Heidi Schaitl. Wegen des eingebrochenen Immobilienmarktes könnte die Caritas nur "völlig unter Wert verkaufen". Stattdessen könnte sich der Verband vorstellen, das ehemalige Altenheim zu vermieten - unter der Voraussetzung, dass der künftige Mieter die Instandhaltung des Gebäudes übernimmt. Zudem würde ihr Arbeitgeber das Dach sanieren, wenn er Mieteinnahmen für das Gebäude bekommt.

Kolbe bat darum, dass die Caritas die künftige Nutzung mit der Gemeinde abspricht: "Dann können wir auch sagen, was wir wollen und was nicht." Schließlich sei im Flächennutzungsplan geregelt, dass das Grundstück, auf dem das ehemalige Pflegeheim steht, nur als sogenannte "Gemeinbedarfsfläche" genutzt werden kann: Erlaubt sind dort also "öffentliche Einrichtungen, die für die soziale und kulturelle Betreuung der Einwohner erforderlich sind". Wenn die Caritas dort etwas anderes plane, müsste der Gemeinderat erst den Flächennutzungsplan ändern, so Kolbe.

"Karlsfeld hat nach wie vor Bedarf an einem Altenheim"

Anschließend musste sich Heidi Schaitl viel Kritik von den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten anhören. Mechthild Hofner (Bündnis für Karlsfeld) warf der Caritas wegen der Schließung des Pflegeheims Missmanagement vor: "Das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz kam nicht über Nacht, auch andere Altenheime haben sich darauf vorbereitet." Zudem stimme sie Schaitls Aussage bedenklich, dass die Caritas das Grundstück nicht unter Wert verkaufen könne. Schließlich werbe der Verband doch mit Schlagworten wie "Nächstenliebe" und "Daseinsvorsorge". Hofner sagte: "Karlsfeld hat nach wie vor Bedarf an einem Altenheim", sie hätte sich gewünscht, dass die Caritas die Gemeinde früher über die Schließung informiert hätte.

Schaitl antwortete, dass ihr Arbeitgeber auch die Finanzen im Blick behalten müsse: "Es geht nicht darum, dass wir Gewinn machen, aber als gemeinnütziger Verein müssen wir am Ende eine schwarze Null schreiben." Außerdem sagte sie, dass die Gemeinde zu den Ersten gehört habe, die über die Schließung informiert wurden. "Die Gemeinde hätte uns bei der kostenintensiven Sanierung wohl auch nicht unterstützen können."

"Das Gebäude wird auch in Zukunft nur sozial genutzt werden"

Franz Trinkl (SPD) schlug Schaitl vor, Kontakt mit der Erl-Gruppe aufzunehmen und dieser das Grundstück anzubieten. Schließlich will die Erl-Gruppe schon seit Jahren ein Pflegeheim im Karlsfelder Prinzenpark bauen, doch der Gemeinderat will dort lieber Gewerbe. Schaitl sagte, sie wolle Trinkls Anregung mitnehmen.

Kritik kam auch aus dem Publikum. Elisabeth Leukhart sagte in Richtung Schaitl: "Sie haben das Grundstück günstigst bekommen und jetzt soll es teuerst verscherbelt werden." Kolbe erklärte dazu, dass das Grundstück einst der Gemeinde gehörte und sie es der Caritas vor etwa fünf Jahrzehnten "fast unentgeltlich" zur Verfügung gestellt habe. Dies war allerdings an die Bedingung geknüpft, dass die Caritas dort 30 Jahre lang ein Altenheim betreibt. Das sei erfüllt worden. Auf SZ-Anfrage versichert Schaitl: "Das Gebäude wird auch in Zukunft für soziale Zwecke genutzt werden."

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