Ausstellung:Ein Tiger bekennt Farbe

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"Oho! Schon wieder neu!" Die ständigen Farbwechsel des Chamälons bringen den kleinen Tiger an die Grenzen seiner Anpassungsfähigkeit. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Illustratorin Gudrun Imagu präsentiert beim Kunstkreis Karlsfeld eine liebevoll gestaltete Bildergeschichte. In den Hauptrollen: eine freundliche Raubkatze und ein launisches Chamäleon.

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Gudrun Imagu hat 2015 schon einmal ein komplettes Bilderbuch selbst konzipiert, von der Idee über den Text bis zum Bild, "Pssst!" lautet der geheimnisvolle Titel des Büchleins. Nun hat die Malerin und Illustratorin mit dem bürgerlichen Namen Gudrun Prölss Feldmann eine herrlich haarsträubende Geschichte nachgelegt mit einem kleinen Tiger in der Hauptrolle, der Titel: "Soll das etwa ein Miau sein?"

Veröffentlicht wurde das Buch noch nicht, man kann es trotzdem schon jetzt komplett lesen und sich an den reizenden Bildern erfreuen. Dafür muss man sich nur an einem Wochenende in die Karlsfelder Galerie Kunstwerkstatt aufmachen, das ganze Tiger-Abenteuer läuft einmal rundum, über alle vier Wände. Am besten packt man noch die Kinder mit ein; diese Ausstellung werden sie lieben.

Der neue Trend: Grün mit rosa Punkten

Erzählt wird eine kleine Geschichte über die ganz großen Themen: über Freundschaft und Wahrhaftigkeit. In der Ausstellung begleitet man einen kleinen Tiger, der in einem Dschungel lebt und eines Tages ein schillerndes Schuppentier mit Ringelschwanz und Glubschaugen trifft. "Hallo Du? Willst du mein Freund sein?", fragt der Tiger das Chamäleon. Doch statt eine Antwort zu geben, wechselt die Echse nur die Farbe.

Der Tiger passt sich an, indem er zu Pinsel und Farbe greift und seine Fellfarbe ändert. Aber da hat das Chamäleon schon eine neue Farbe, und als es auf einmal grün mit rosa Punkten ist, wird es auch dem Tiger langsam zu bunt. "Schon wieder anders?", seufzt er. "Da komm mal einer mit." Vor lauter Anpassung vergisst der kleine Tiger, dass er ein Tiger ist.

Jemand sein zu müssen, der man nicht ist, das kennen viele Jugendliche

Gesellschaftliche Entwicklungen, Strömungen "zu verstehen und sie in Bildgeschichten zu verwandeln", sei ihr ein großes Anliegen, sagt Gudrun Imagu. Gerade Kinder und Jugendliche fühlten sich durch soziale Medien unter Druck gesetzt, äußerlichen Idealen entsprechen zu müssen, sagt die dreifache Mutter. Das Kernthema ihrer Geschichte sei: "Wie kann jemand, der unsicher ist, wieder zu mehr Selbstbewusstsein kommen? Und wie geht man mit Täuschungen um?"

Gudrun Imagu war in den vergangenen Jahren schon an einigen Gruppenausstellungen in München beteiligt, Arbeiten von ihr waren vor einem Jahr auch bei der Open-Air-Ausstellung am Karlsfelder See zu sehen. Beim Kunstkreis Karlsfeld ist dies die erste Einzelausstellung der Künstlerin.

Aufgewachsen ist die gebürtige Münchnerin in der Schweiz, an der Hochschule Design & Kunst in Luzern machte sie ihr Diplom als visuelle Gestalterin. Sie arbeitete beim Film, für Werbeagenturen und übernahm Aufträge für Designs und Illustrationen verschiedener Projekte. In ihrer "Familienzeit" widmete sich die in Untermenzing lebende Künstlerin verstärkt der Malerei, die einen hohen Stellenwert bei der Umsetzung der Tigergeschichte hat.

Kein Kinderzimmer-Mobile: Gudrun Imagu gibt mit ihrer luftigen Installation einen Einblick in ihre Arbeitsweise als Künstlerin. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Ausmalen kann man sich in seiner Fantasie viel, auch als kleiner Tiger. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Mitten im Ausstellungsraum hängen einige Motive ihres Büchleins an Nylonfäden, flankiert von Girlanden aus bunten Papierschnipseln, die von der Decke bis zum Boden hängen. "Das ist nicht nur Dekoration, sondern Grundlage meines Arbeitens", sagt die Künstlerin. Im gedruckten Bild sieht man das nicht sofort, aber hier ist alles Handarbeit.

Papiere, die sie mit experimentellen Drucktechniken und Acrylfarben eingefärbt hat, zerschneidet sie in kleine Stücke und sortiert sie nach Farben. Je nach Ton und Textur werden sie zu Gräsern, Blumen, Blättern, zu Echsenhaut oder Tigerfell. "Bild für Bild hat sich so die Geschichte entwickelt", sagt sie. Ihre Devise: "einfach mal vertrauen". Der Zufall regt sie immer wieder zu neuen Ideen an.

"Soll das etwa ein Miau sein?" ist nicht nur originell und liebevoll gestaltet, die künstlerische Bildsprache reflektiert auch die Wahrnehmung und Haltung des kleinen Tigers, der, wie er am Ende brüllt, doch ein "Tigerrrrr!!!" ist. Die märchenhafte Kinderbuchoptik weicht einem klaren Stil mit scharfen Kontrasten, man ist hier nicht mehr weit von der Graphic Novel entfernt. Ein wahres Happy End braucht keinen Weichzeichner.

"Soll das etwa ein Miau sein?" Ausstellung von Gudrun Imagu in der Galerie Kunstwerkstatt Karlsfeld. Geöffnet samstags und sonntags jeweils von 14 bis 18 Uhr. Die Ausstellung geht bis 23. Juli.

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