Gastronomie:Ein Strudel, der die Herzen wärmt

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Die Samstagskinder Annika Hauß (links) und Jennifer Stolle (rechts) übernehmen die Strudl-Alm von Lothar Herrmann. (Foto: Niels P. Jørgensen)

35 Jahre lang hat Lothar Herrmann die "Strudl-Alm" auf dem Dachauer Volksfest betrieben. Annika Hauß und Jennifer Stolle vom Café Samstagskinder führen seinen Stand nun unter neuem Namen weiter - aber mit dem alten Geheimrezept.

Von Elisabeth Klaushofer, Dachau

Noch sind die Buden ringsum geschlossen, der Biergarten gegenüber still und leer, das Kinderkarussell nebenan noch in eine weiße Plane gehüllt. Lothar Herrmann erinnert sich zurück an seine Gäste, an Großeltern und Eltern, die zu ihm auf einen Kaffee oder Aperol vorbeigekommen sind, während die Kleinen gegenüber beim Kasperltheater waren. Als die Kinder mit den Jahren größer wurden, kamen sie ebenfalls bei ihm vorbei: "Die haben meine Frau und mich mit 'Mama' und 'Papa Herrmann' angeredet", erzählt der 74-Jährige. Dabei glänzen Tränen in seinen Augen. Denn jetzt heißt es Abschied nehmen.

Bis 2021 stand hier auf der Ludwig-Thoma-Wiese beim Dachauer Volksfest noch die "Strudl-Alm" von Lothar Herrmann, seiner Frau Edith und der gemeinsamen Tochter Susanne. Vergangenes Jahr vermietete er den Platz krankheitsbedingt. Dieses Jahr steht Lothar Herrmann zum ersten Mal seit 35 Jahren auf der anderen Seite der Theke, er ist dann nur noch Besucher. Aus Altersgründen, sagt er. Den Standplatz übernehmen Jennifer Stolle und Annika Hauß, die in der Dachauer Altstadt das Café "Samstagskinder" betreiben. An der Zeltwand lehnt schon das Schild mit dem Namen: "Tante Frieda". Mit diesem Stand sind sie bereits das zweite Mal auf dem Dachauer Volksfest, im vergangenen Jahr war dieser vor dem großen Festzelt.

Tradition und Moderne greifen ineinander

1986 hatte sich Herrmann das erste Mal mit dem Konzept "Strudel und Kaffee" für das Volksfest bei der Stadt Dachau beworben. Den Strudel bot der Konditormeister und Cafébetreiber nur während des zehntägigen Festes an. "Damit es etwas Besonderes bleibt", wie er sagt. Unter seinen Gästen war auch Annika Hauß. Vor 15 Jahren ist sie nach Dachau gezogen und verbindet die Strudl-Alm mit einem Ort der Herzlichkeit. "Spätestens vorm Heimgehen hat man noch bei den Herrmanns vorbeigeschaut", erzählt sie.

Ein Foto aus den Anfangsjahren der Strudl-Alm. Angefangen hat alles mit einer kleinen Holzhütte. Später kam der kleine überdachte Biergarten hinzu. (Foto: Lothar Herrmann/oh)

"Diese schöne Tradition soll weiterleben", sagt Jennifer Stolle: "Wir verpassen ihr aber unser eigenes Leben." Das Backen der Apfel-, Topfen-, Mohn- und Kirschstrudel für den Tante-Frieda-Stand übernimmt nun das Dachauer Café Eder in der Martin-Huber-Straße - nach dem gut gehüteten Rezept der Herrmanns. "Wir wollen damit Tradition und Moderne verbinden", sagt ihre Kollegin Annika Hauß. Neben den traditionellen Strudeln bieten die beiden ihre eigenen Kreationen an: Bayerische Bavesen, gefüllt mit Käse und Schinken oder klassisch mit Zwetschgenmarmelade - schließlich soll auch etwas für Vegetarier und Veganer dabei sein, die Nachfrage nach veganen Alternativen auf einem altbayerischen Volksfest sei durchaus da. Der Standname "Tante Frieda" stehe dabei für das bodenständige und durchaus volkstümliche Angebot. Aber wie in ihrem Café Samstagskinder gehe es auch bei ihrem Volksfeststand darum, eine gute Zeit zu schenken.

Viele Ideen für den Tante-Frieda-Stand

Aber erst einmal muss das Tante-Frieda-Schild fertig werden: Schicht um Schicht trägt Annika Hauß die schwarze Farbe auf das dünne Holz auf, ihre Finger sind fleckig vom Lack. Sie und Jennifer Stolle stehen heute nicht in ihrem Café in der Dachauer Altstadt. Auf der Ludwig-Thoma-Wiese bereiten die beiden ihren Arbeitsplatz für zehn Tage Volksfestbetrieb vor; ihre Kaffeestube bleibt während dieser Zeit geschlossen.

Der Tante-Frieda-Stand wird für 60 bis 70 Gäste Platz haben. Ein weißes Zelt soll Gäste und Bar vor Wind und Regen schützen. Vor der Bude wollen die Gastronominnen eine Hollywoodschaukel aufstellen. Außerdem haben die beiden ein Trio organisiert, das an drei Tagen auf Kontrabass, Quetschn und Klarinette spielt. "Gefühlt haben wir noch hundert Ideen", sagt Hauß, "aber jetzt haben wir dieses Jahr erst mal gut was zu wuppen."

Für Ratschläge - etwa wie viele Tassen oder Strudel man am Tag so braucht - steht ihnen Lothar Herrmann zur Seite. Und auch wenn er dieses Jahr nicht mehr selbst in der Bude steht oder für Strudel-Nachschub sorgt, so werde er bestimmt auf dem Volksfest und am Tante-Frieda-Stand vorbeikommen: "Ich muss ja schauen, was sie so machen." Seinen altbewährten Strudel gibt es dann am Samstag, sobald der Festzug an der Thoma-Wiese ankommt. Wenn man Herrmann nach einer Geheimzutat fragt, malt er mit seinen Zeigefingern ein Herz in die Luft. "Im Endeffekt hat es mit Liebe zu tun", sagt er. Mehr verrät er nicht.

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