Volksfest Dachau:Ewald Zechner tritt als Festwirt zurück

Lesezeit: 3 min

Im großen Festzelt wird Ludwig Rettinger erstmals rund 6000 Gäste gleichzeitig bewirten. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Kaum ist das Volksfest vorbei, stellt sich schon eine Frage für das kommende Jahr: Wer wird das Große Festzelt 2024 bewirten? Ewald Zechner jedenfalls mag nicht mehr. Das ist umso erstaunlicher, als dass die Wiesn heuer im Großen und Ganzen ein Erfolg gewesen ist.

Von Jonas Junack, Dachau

Jetzt liegt sie stumpf da unter der Hitze, die Thoma-Wiese. Das Geräusch von Metall auf Metall ist auf dem Festplatz zu hören, Arbeiter sind bereits mit dem Abbau der Zelte beschäftigt. Ein Ritual, Jahr für Jahr eingeübt seit 1887. Doch in diesem Jahr, kurz vor Ende der Feierlichkeiten, knirscht es merklich im Getriebe des Dachauer Volksfestes: Ewald Zechner tritt nach neun Jahren als Festwirt des Großen Festzeltes zurück.

Es ist Montagabend, als Zechner die Bühne betritt. Das Große Festzelt ist an diesem Abend noch einmal gut gefüllt. Von draußen dringt die Musik der Buden herein. Zechner hat diesen Moment oft durchgespielt, sich die Worte zurechtgelegt. Ihm sei es wichtig gewesen, dass er seinen Rücktritt genau hier verkündet, sagt er einen Tag später am Telefon - vor den Dachauerinnen und Dachauern, die er einmal mehr zehn Tage lang bewirtet hat. Leicht gefallen, das ist ihm wichtig zu betonen, sei ihm der Schritt nicht und auch nicht die Verkündung.

"Die letzte Mass wird sich nicht mehr geleistet."

Die Stadt sei im Vorhinein informiert worden, sagt Kulturamtsleiter Tobias Schneider. Eine lange und vertrauensvolle Zusammenarbeit sei es gewesen mit Ewald Zechner. Und doch, sagt Schneider, könne er die Entscheidung nachvollziehen. Grundsätzlich sei es keine einfache Zeit für die Festwirte. Da seien die gestiegenen Kosten für Personal und Energie auf der einen und die Sparsamkeit der Menschen auf der anderen Seite.

Dabei waren sie heuer endlich wieder da in Dachau, die Menschenmassen. Deutlich mehr als 300 000 Volksfestbesucher wurden in diesem Jahr gezählt. Von Zurückhaltung oder Social Distancing keine Spur mehr in und um die Zelte. "Super Partystimmung", sagt auch Zechner. Er habe so viele Gäste gehabt, wie schon lange nicht mehr. Auch für die kleinen Buden und Essensstände sei das diesjährige Fest ein Erfolg gewesen, sagt Schneider. Und trotzdem: An den Zapfhähnen im Großen Festzelt spürt man die derzeitigen Krisen. "Die letzte Mass wird sich nicht mehr geleistet". So stellt sich für Zechner die Gemengelage dar.

Festwirt Ewald Zechner mag nach neun Jahren nicht mehr. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Ein bisschen weniger Bier wurde heuer getrunken, dafür wurden auch weniger Alkoholvergiftungen und Schlägereien verzeichnet. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Auch der Sprecher der Dachauer Schausteller Paul Tille erlebt eine gewisse Zurückhaltung. Bei den großen Fahrgeschäften seien die Publikumszahlen im Vorjahresvergleich zwar stabil gewesen, aber die Familienangebote seien weniger genutzt worden als sonst. Auch hier könne man erkennen, dass eine neue Sparsamkeit Einzug gehalten hat, sagt Tille und nennt einen weiteren Grund dafür, dass Alte und Kinder dieses Jahr etwas zögerlich auf die Thoma-Wiese pilgerten: das Wetter. Für den Eisverkauf seien Temperaturen von 30 Grad plus etwas Gutes, sagt Tille - für den Menschen eher nicht: Das BRK meldet auffällig viele Patienten mit Kreislaufversagen. Dafür macht sich dort die eine Mass pro Gast weniger, die Zechner verkauft hat, positiv bemerkbar. Die Wiesnwacht registrierte weniger Alkoholvergiftungen als in vorangegangenen Jahren. "Der Überkonsum ist zurückgegangen", sagt Kreisgeschäftsführer Dennis Behrendt.

"Das Geld stand nicht im Vordergrund."

Mit einer dadurch entstandenen wirtschaftlichen Schieflage habe sein Rücktritt aber nichts zu tun, betont Zechner. "Das Geld stand nicht im Vordergrund", sagt der Festwirt - nur um gleich nachzuschieben, dass die Stadt 2,20 Euro pro gezapftem Liter kassiert habe. Hinter dieser Rechnung verbirgt sich so etwas wie eine neue Ära in der Volksfest-Bürokratie.

Anfang des vergangenen Jahres hatte die Stadt einen Vertrag mit der Augustiner-Brauerei zur Bewirtung des Großen Festzeltes abgeschlossen. Der Bierpreis war daraufhin gestiegen. Noch wichtiger allerdings: Die Stadt ist seitdem nicht mehr direkt vertraglich an einen Wirt gebunden, sondern nur noch an die Brauerei. Deswegen liegt es nun auch an dieser, passende Nachfolger für Zechners Posten vorzuschlagen, aus denen der Stadtrat im Anschluss einen auswählt. Aktuell sei es allerdings noch zu früh, um mögliche Namen zu diskutieren, sagt Kulturamtsleiter Schneider.

Eine wichtige Botschaft kann der scheidende Wirt seiner Nachfolge aber schon mal mitgeben: Diese müsse sich auf das Essen konzentrieren. Das sei das "A und O" auf dem Volksfest. "Im Großen Festzelt steht nicht das Bier im Vordergrund", sagt Zechner. Das sind neue Töne. In seinem Resümee zum Vorjahresfest hatte der Wirt noch betont, das Augustiner-Bräu und die Grillhendl hätten "Lob eingebracht".

Abseits der Personaldebatte, die nun das Ende des Volksfestes überschattet, gibt es aber durchaus Positivmeldungen. Wie die Polizei mitteilt, kam es auf der Festwiese in diesem Jahr zu weniger Gewalttaten als im Vorjahr. Sechs Fälle von Körperverletzung verzeichneten die Beamten. Gravierend seien sie aber alle nicht gewesen, heißt es.

Nach dem Politischen Dienstag im Großen Festzelt kehrt also ab diesem Mittwoch nun erst einmal wieder Ruhe ein auf der Thoma-Wiese. Und während in Dachau im Hintergrund vermutlich schon rege über Zechners Nachfolge diskutiert werden wird, macht der sich auf nach Italien. Praktisch direkt im Anschluss bewirtet er heuer erstmals das Bierfest in der Dachauer Partnerstadt Fondi. Ob er im kommenden Jahr wieder auf dem Maisacher Volksfest antreten wird, wo er das Festzelt erst in diesem Jahr übernommen hat, lässt Zechner vorerst noch offen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusDachauer Volkfest
:"Saufts gscheid, essts gscheid, wählts gscheid!"

Bei der Dachauer Wiesn gibt es traditionell einen Zusatztag - dann holen Politiker aus. Ein Zitateraten zum Politischen Dienstag.

Von Jacqueline Lang und Thomas Radlmaier

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: