Erstmals nach rund zwei Jahren hat die Stadt wieder einen aktuellen Planungsstand zur Neubebauung des MD-Geländes in Dachau öffentlich vorgestellt, und siehe da: Es hat sich einiges getan. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) präsentierte zwar keinen "Stadtpark", wie ihn das Architekturforum Dachau in einer Konzeptstudie skizziert hatte, aber doch deutlich mehr Grün auf der insgesamt gut 17 Hektar großen Fläche als bisher. Gegenüber dem Planungsstand von 2020 vergrößerten sich die Freiflächen um 6600 Quadratmeter und machen damit nun mehr als ein Viertel des gesamten Areals im Umgriff des Bebauungsplan aus. "Wenn Sie versuchen, die Flächen zu vergleichen, werden Sie feststellen, dass sich das nicht viel nimmt", sagte der Rathauschef. Die Geschossflächenzahl hat sich dabei allerdings nicht reduziert. Entsprechend gewinnen die Gebäude nun insgesamt an Höhe.
Zuvor hatte das Architekturforum, ein Verein aus Architekten, Künstlern und an qualitativem Bauen interessierten Laien, gefordert, die Planungen zu dem zentralenen städtebaulichen Projekt der Stadt den Erfordernissen von Klimawandel und gesunden Wohnverhältnissen neu anzupassen. Man dürfe nicht davor zurückschrecken, "Grundlegendes zu ändern oder neu zu konzipieren", hatte der Vorsitzende des Architekturforums, Christian Stadler, gemahnt. Dass die Stadt diesen radikalen Schritt machen würde, und alles noch mal neu aufschnüren, war kaum zu erwarten gewesen. Schon seit 14 Jahren sind auf Grundlage des Siegerentwurfs des renommierten Darmstädter Architekturbüros Trojan+Trojan die Pläne immer wieder weiterentwickelt und angepasst worden, begleitet von aufwendigen Untersuchungen und Studien zu Lärmschutz und Klima und dergleichen. Jetzt noch einmal ganz von vorne anzufangen, das wollte keine der Fraktionen im Stadtrat. In der Beschlussvorlage hieß es sogar, die Stadtverwaltung sehe dafür "keine Berechtigung". Eine drastische Wortwahl, die Kai Kühnel (Bündnis für Dachau) in der Sitzung scharf kritisierte.
Zentrale Forderungen des Architekturforums sind im neuen Konzept schon enthalten
Allerdings kannte das Architekturforum den neuesten Planungsstand der Stadt wohl selbst noch nicht: Tatsächlich finden sich zentrale Forderungen nach einer dem Klimawandel angepassten Bebauung im aktuellen Konzept wieder, und das ist kein Zufall. Im Herbst 2021 gab es bereits einen Workshop der Planer, bei dem auch das Architekturforum zu Gast war und seine Ideen und Anregungen vorstellte. Einige davon seien auch schon ganz konkret in die Planungen eingeflossen, wie Stadtbaumeister Moritz Reinhold ausführte. So habe man öffentliche und private Grünflächen stärker miteinander verzahnt als dies in der alten Planung der Fall war; dafür habe man die Position der Häuser einfach um 90 Grad gedreht. Die Bebauung sei außerdem 50 Meter von der Amper abgerückt worden. Auch der Umfang der Versickerungsflächen wurde noch einmal vergrößert. Regenwasser zurückhalten sollen auch begrünte Dächer. Die SPD-Fraktion brachte, geschlossen unterstützt von den Stadträten auch anderer Gruppierungen, den Antrag ein, das neue Viertel nach dem Prinzip einer Schwammstadt zu planen. Die Idee: "Regenwasser wird vor Ort zurückgehalten, versickert oder verdunstet."
Auch sonst zeigt die überarbeitete Planung einen recht kreativen Umgang mit Wasser. Die vorbeifließende Amper soll "erlebbar" gemacht werden, wie es ein Planer ausdrückte. Dazu sollen das Ufer abgeflacht und der Fluss auf Höhe des MD-Geländes verbreitert werden; allerdings müsste das Wasserwirtschaftsamt einer solchen Maßnahme erst noch zustimmen. Als weiteres gestalterisches Element könnte ein "verbindendes" Gewässer, eine Art Bachlauf, zwischen Mühlbach und Amper über das Gelände gezogen werden, der auch Kindern schöne Spielflächen bietet.
"Nichts Halbes und nichts Ganzes"
August Haas (CSU) zeigte sich von der Idee nicht überzeugt. Vor allem die Einlassung, dass man bei Starkregen dieses Gewässer nach Bedarf regulieren könnte, passt für ihn nicht in das Bild eines naturnahen Gewässers. Aus seiner Sicht nichts Halbes und nichts Ganzes. Oder, wie es der Landwirt ausdrückte "eine Wollmilchsau". Auch der Plan, von Anfang an, große Bäume mit in die Grünanlagen zu pflanzen, erntete bei ihm scharfe Kritik; das sei viel zu teuer. Dem entgegnete der OB trocken, dass dies gegebenenfalls der Investor bezahle, nicht die Stadt. "Ich mache mir da keine Gedanken."
Deutlich reduziert wurde auch die Wohnnutzung. Die Geschossfläche sinkt von mehr als 91 700 auf 85 000 Quadratmeter. Der Fraktionsgemeinschaft von ÜB und FDP ist diese Zahl immer noch zu hoch. Schon in der Vergangenheit hatte sie die nach ihrer Ansicht viel zu dichte Wohnbebauung kritisiert. Dem demografischen Wandel Rechnung tragen soll eine Pflegeeinrichtung mit Betreutem Wohnen. Auch das ist eine neue Idee. Entschieden ist damit allerdings ausdrücklich noch nichts. "Solange der Bebauungsplan nicht 'gesatzt' ist, ist alles noch möglich", sagte der OB.