Als die Besucher der Bürgerversammlung an diesem Donnerstagabend im Gasthaus Liegsalz in Pellheim nach dem Bericht von Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) Fragen stellen dürfen, meldet sich der Dachauer Abbruchunternehmer Arne Bauer. Auf seinem Notizzettelchen steht eine Handvoll Fragen. Eine davon dreht sich um das, wie es der OB in seiner Rede bereits betitelt hat, "leidige Thema Neubau Hallenbad". Auch jetzt nimmt sich Hartmann noch einmal Zeit, sich zu erklären. Er fühlt sich missverstanden.
In den Zeitungen sei oft nur von einer "Kostenexplosion" von acht auf 24 Millionen Euro zu lesen. Die Hintergründe würden dagegen nicht beleuchtet. Zu sagen, "Schaut's mal, wie deppert die da oben sind, die sind ja nicht mal fähig, ein Hallenbad zu bauen", damit mache man es sich zu einfach.
Aufklärung zur "Kostenexplosion" des Hallenbads
Schiefgegangen sei "unglaublich viel", das stünde außer Frage. Gestiegene Baupreise, Baumängel, fehlende Handwerker, die mangelnde Bauüberwachung des Architekten, dem die Stadt vor eineinhalb Jahren schließlich kündigen musste. Dazusagen müsse man aber auch, dass es sich bei den anfänglichen acht Millionen Euro um Zahlen aus dem Jahr 2012 gehandelt habe - für ein Bad mit einer Größe von 3300 Quadratmetern. Ohne Gastronomie, ohne Duschen, ohne Umkleiden, ohne Sprudelliegen und Rutsche. Der jetzige Plan sehe nun all das vor - auf einer Fläche von 6000 Quadratmetern. So sei das jetzige Bad im Gegensatz zum vorangegangenen Plan auch für den Schulbetrieb geeignet. Die geplante Eröffnung ist nun im Herbst 2026. Bis dahin bleibt das alte Schwimmbad in Betrieb.
Stadtwerke:"Vor November ist kein Bauarbeiter auf der Baustelle"
Seit eineinhalb Jahren steht die Hallenbad-Baustelle still und das wird noch eine Zeit lang so bleiben. Grund dafür sind die vielen Baumängel. An einigen Stellen besteht Schimmelgefahr. Wer für die Mängel aufkommt, ist noch unklar.
Ein Thema, bei dem, wie Hartmann findet, auch ein strukturelles Problem offenbar werde: Das aktuelle Vergaberecht sehe es vor, dass manche Projekte teilweise europaweit ausgeschrieben werden müssen. Der Unternehmer, der die Ausschreibung gewinnt, dürfe bis zu 99 Prozent an ein Subunternehmen weitergeben. Die europäische Idee bestehe nicht darin, "Aufträge an Sub-Sub-Sub-Unternehmen weiterzureichen, um einen möglichst großen Reibach zu machen". Lieber wäre dem Oberbürgermeister, die Aufträge an zuverlässige Handwerksbetriebe vor Ort vergeben zu können.
"Der Ton in unserer Gesellschaft ist rauer geworden"
Es ist die erste der insgesamt fünf Bürgerversammlungen der Stadt Dachau in diesem Jahr. Jede der Veranstaltungen richtet sich an die Bürgerinnen und Bürger bestimmter Stadtteile. Den Beginn machen an diesem Donnerstagabend Pellheim, Pullhausen, Lohfeld, Assenhausen und Viehhausen. In den nächsten Wochen folgen die anderen Stadtteile.
Deutliche Worte findet Hartmann bereits in seiner Eingangsrede. Eine regelrechte Standpauke bekommen Kollegen aus der Politik. Bevor Hartmann auf die sinngemäßen "Baustellen" der Stadt zu sprechen kommt, scheint er etwas Grundsätzliches loswerden zu müssen: "Der Ton in unserer Gesellschaft ist rauer geworden", sagt er. Das vergangene Jahr sei nicht gerade ein Jahr gewesen, in dem Politiker der demokratischen Parteien im Umgang miteinander "geglänzt" hätten. "Muss man innerhalb des demokratischen Spektrums so hart miteinander umgehen?", fragt sich Hartmann.
Umso angenehmer findet er, dass sich im Dachauer Stadtrat ein "sehr angenehmer und wertschätzender Umgang miteinander" entwickelt habe. Und es sei ein starkes Zeichen gewesen, dass sich zu Beginn dieses Jahres Tausende Dachauer auf dem Ernst-Reuter-Platz versammelten, um zu zeigen: So unterschiedlich die Ansichten sind - "wenn jemand die Axt an unsere Grundwerte und an unsere Demokratie legt, dann stehen wir zusammen".
Kitaplätze werden teurer
Dann geht der OB auf die aktuellen Projekte der Stadt ein: Die Eröffnung des 1,9 Kilometer langen Geh- und Radwegs zwischen Pellheim und Walpertshofen beispielsweise. Der Bau und die günstige Vermietung von 19 Mietwohnungen über der ebenfalls neuen Kita am Amperweg. Und eine Reihe von Projekten für die Heranwachsenden.
Darunter: Der abgeschlossene Erweiterungsbau an der Grundschule Augustenfeld; Vorarbeiten für einen viergeschossigen Erweiterungsbau und einen Hort an der Grundschule Dachau-Ost; der im Dezember erfolgte Spatenstich in der Konrad-Adenauer-Straße für eine Kindertagesstätte, in der bis zu 90 Kinder Platz finden.
Keine guten Nachrichten hat Hartmann für Eltern junger Kinder. Damit das städtische Defizit bei der Kinderbetreuung von derzeit 15 Millionen Euro nicht weiter anwächst, erhöhen sich ab dem kommenden September die Betreuungskosten. Ein Kindergartenplatz wird dann 179 Euro pro Monat kosten. Im Vergleich zum restlichen Landkreis immer noch günstig: Hier liegt der Schnitt bei monatlichen 225 Euro.
Doch noch eine Lösung für die Eislaufbahn?
Für die Kunsteisbahn, über die in den vergangenen Monaten viel gestritten wurde, gilt nach wie vor: Sie soll in den kommenden Jahren abgerissen werden. Auf dem Gelände soll eine neue Sporthalle entstehen. Die alte Georg-Scherer-Halle auf dem ASV-Gelände ist in die Jahre gekommen. Auch die Stadt braucht die neue Halle, denn ohne Halle kein Schulsport. Aufgeben müssen Eisläufer die Hoffnung deshalb aber noch nicht, lässt Hartmann durchblicken. Am 20. März wird über die Kunsteisbahn im Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrats diskutiert. "Ich möchte dieser Sitzung nicht vorgreifen, aber womöglich findet sich tatsächlich noch eine Lösung für eine neue Eislauffläche", orakelt der OB.
Die Hauptthemen sind besprochen. Was aber interessiert die Besucher der Versammlung? Es sind verhältnismäßig kleine Themen. Hier und da wird eine Straße oder ein Gullydeckel beklagt, bei der das Auto beim Darüberfahren "nur so scheppert" - ein Mitarbeiter der Stadt schreibt mit und kümmert sich darum.
Ein Lohfelder Bürger wünscht sich, dass der monatliche Termin, an dem die Kehrmaschine durch die Straße Lohfelds fährt, angekündigt wird, damit die Anwohner an dem Tag ihre Autos von der Straße stellen können. Auf die Anfrage, ob der Schneeräumer des Radwegs an der Staatsstraße nicht auch "schnell" die Ortsstraße mitschieben könne, muss Hartmann verneinen: Das Fahrzeug ist vom Freistaat. Für die Lohfelder Straße ist es nicht zu ständig.
Ruftaxis vor dem Ende?
Angela Kinner, Augenoptikerin in Dachau, interessiert sich für den öffentlichen Nahverkehr. Sie habe gehört, die Ruftaxis sollen bald wieder eingestampft werden. Hartmann gibt zu: Die Fahrgastzahlen seien "bescheiden". Vorerst bleibe das Angebot aber. "Je mehr Sie es nutzen, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es bleibt." Kinner ist zufrieden: "Machen wir so."
Raphael Kinner erkundigt sich, warum die Parkplätze am Dachauer Bahnhof nun etwas kosten. Er pendele für sein Studium nach München und habe die Mehrkosten von zwei Euro am Tag oder 22 Euro im Monat zu tragen. Die Folge: Viele würden weitere Anfahrten auf sich nehmen und bei anderen Bahnhöfen parken. Für das Klima nicht die beste Lösung, meint er. Der OB bedauert, den Parkplatz betreibe die Bahn. Vielleicht stelle sich aber auch ein umgekehrter Effekt ein: Dass man gleich mit dem Bus zum Bahnhof fährt.
Erstaunlicherweise kommt zum Thema Wärmewende keine Frage. Städtische Informationsveranstaltungen wird es dazu trotzdem geben, hat Hartmann in seinem Bericht bereits angekündigt. Am 9. April in Karlsfeld und am 16. April in Dachau, jeweils um 18 Uhr.