KVD-Galerie Dachau:Erster Auftritt für "die Neuen"

Lesezeit: 2 min

Jüngst bei der Langen Nacht der Galerien war es soweit, die KVD konnte ihre Neumitglieder (v.l.) Marian Wiesner, Christian Engelmann, Margarita Platis, Kristina Seeholzer und Michael Braun präsentieren. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Künstlervereinigung Dachau heißt ein Künstlerquintett willkommen. Ganz neu sind die Fünf zwar nicht, doch hat die Corona-Pandemie bislang verhindert, dass sie ihre Werke ausstellen konnten.

Von Dorothea Friedrich, Dachau

Sie ist einfach unübersehbar: Einem Menetekel gleich hängt in der Galerie der KVD an der Stirnwand eine einzelne Waffe - und sonst nichts. "Selbstlader" hat Bildhauer Christian Engelmann diese Arbeit genannt. Blickt man nach oben, droht ein weiteres Mordinstrument mit gigantischem Lauf, die "Superlongdistancerifle". Ein paar Schritte weiter protzt ein vergoldetes Gewehr unter einem Glassturz wie eine vorzeitliche Götzengestalt.

Doch nicht irgendwelche Waffennarren haben die KVD-Galerie erobert, vielmehr sind sie Teil der Ausstellung "Die Neuen", zu denen auch Christian Engelmann zählt. Das Künstlerquintett vervollständigen Michael Braun, Margarita Platis, Marian Wiesner und Kristina Seeholzer. Sie alle sind zwar gar nicht so neue Mitglieder der KVD, der Künstlervereinigung Dachau. Doch die Corona-Pandemie hat bislang verhindert, dass sie ihre Werke ausstellen konnten.

Die "Waffensammlung" lässt Ängste hochkommen

Christian Engelmann hat bereits bei der großen KVD-Sommeraktion 2019 "KVD RAUS" mit seiner Riesenschanze am Altstadthang für Aufsehen gesorgt und ist nun mit der unheimlichen "Waffensammlung" vertreten. Man betrachtet diese Totmacher mit einer Mischung aus Abscheu vor dem Sujet und Bewunderung für die künstlerische Auseinandersetzung mit Krieg und Gewalt, mit Waffengeschäften und Kriegsgewinnlern. Die eigenen Ängste vor den unabsehbaren Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine kochen hoch wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch, die Wut auf Putin, den Verursacher dieses Kriegs steigt und steigt.

Das vergoldete Gewehr ist Teil der "Waffensammlung" von Christian Engelmann. (Foto: Niels P. Jørgensen)

"

Kristina Seeholzers Linoldrucke, wie dieser neugierige Dackel, den ein langhaariger Mann versonnen anschaut, haben eine Anmutung von Reminiszenzen an unbeschwerte Zeiten. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Unter Michael Brauns grafischen Arbeiten fällt ein aktueller Siebdruck mit kyrillischer Schrift von 2022 besonders auf: "Friedensbotschaft" hat der Künstler ihn genannt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Gut, dass nun der Blick in dieser klug angeordneten Schau auf eine harmonische Farbkomposition von Marian Wiesner fällt. Er hat 32 Lindenholz-Rechtecke mit Pigmenten der Ikonenmalerei bemalt, auf einige Blattgold aufgetragen und sie akribisch zu einem großen rechteckigen Objekt zusammengefügt. Diese strenge Anordnung und die fast unmerklichen Farbübergänge haben eine geradezu soghafte Wirkung auf Betrachterin und Betrachter. Man mag sich förmlich darin verlieren, kommt zur Ruhe. Drei Kompositionen aus Leinen "handgefertigt und aus eigenem (Flachs-)anbau", wie es in der Kurzbeschreibung heißt, lassen sich mühelos als Symbol von Wiesners enger Verbundenheit mit der Natur sehen. Womöglich aber auch als Mahnung zum respektvollen Umgang mit dem, was sie uns gibt.

Der Titel "Pharisäer" ist mindestens so janusköpfig wie das Werk selbst

Michael Brauns Arbeiten wollen Stück für Stück erforscht werden, so vielseitig und vielschichtig sind sie. Da sind etwa zwei dünne, weiße ausgestreckte Arme, die nach einem kaputten Stuhl mit zwei Hinterrädern greifen. Auf und um den Stuhl winden sich dicke Eisenketten. Haben sie einen zusammengesunkenen Körper gefesselt, dessen Beine leblos herabhängen und die Stuhlbeine ersetzen? Ist es ein alter Mensch, im Heim oder sonstwo seiner Freiheit und seiner Würde beraubt? Die Antwort bleibt dem Betrachter überlassen, denn der Titel "Pharisäer" dieser Installation ist mindestens so janusköpfig wie das Werk selbst. Unter Brauns grafischen Arbeiten fällt ein aktueller Siebdruck von 2022 besonders auf: "Friedensbotschaft" hat Braun ihn genannt. Schade, dass sich die kyrillischen Buchstaben nur von des Russischen kundigen Menschen entziffern lassen.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Märchenhaft-mystisch, ganz ohne Geister und Gespenster, zeigt Margarita Platis in ihren Siebdrucken und Fotografien die Natur von ihrer geheimnisvollen Seite. Es sind verwunschene Bilder vom Kreislauf des Werdens und Vergehens. Schaut man ein wenig näher hin, strahlen sie etwas Verlockendes aus, fast so, als wolle man verbotenes Gelände betreten. In diesen Arbeiten kann die Fantasie spazieren gehen.

Kristina Seeholzers Linoldrucke haben eine Anmutung von Reminiszenzen an unbeschwerte Zeiten: Zwei brav nebeneinander sitzende Kids, Alltagsszenen aus Italien oder aus Vietnam, und nicht zuletzt ein neugieriger Dackel, den ein langhaariger Mann versonnen anschaut. Das macht Lust und Laune auf mehr Einblicke und Ausblicke - so wie die gesamte spannende Ausstellung: Sie ist eine im besten Sinne aufregende und durch ihre Kontraste besonders intensive Werkschau.

Öffnungszeiten der KVD-Galerie: Donnerstag bis Samstag 16 bis 19 Uhr, Sonntag 14 bis 18 Uhr. Zu sehen bis 9. Oktober.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusDenkmalschutz
:Ein Kunststück, das starke Nerven verlangt

Das Stafflerhaisl in Großberghofen war kaum zu retten: verrottete Fenster, morscher Dachstuhl, feuchte Wände. Lorenz Reischl hat das fast 200 Jahre alte Bauernhaus trotzdem gekauft. Doch die Restaurierung ist gar nicht so einfach.

Von Dorothea Friedrich

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: