Knabenkapelle Dachau:Millionen für die Musik

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Im Vereinsheim der Knabenkapelle Dachau in der Sudetenlandstraße gibt es einiges zu tun. Und das kostet viel Geld. (Foto: Toni Heigl)

Nach drei Jahren Stillstand kann der Umbau des Vereinsheims der Knabenkapelle weitergehen. Für den Traditionsverein sind die Investitionen existenziell - und für die Stadt nicht ganz billig.

Von Maxim Nägele und Gregor Schiegl, Dachau

Nach dem Zweiten Weltkrieg war in dem unscheinbaren grauen Haus an der Sudetenlandstraße 63 mal ein Kino, Westernfilme und Liebesschnulzen flimmerten über die Leinwand. Vieles von dem nostalgischen Interieur findet man noch heute in dem hohen Saal, inklusive moosgrüner Faltenvorhänge.

Zu dem Charme des Gestrigen gesellen sich aber auch die gesammelten Defizite eines Altbaus. Und was die Knabenkapelle Dachau hier in ihrem Musikheim eigentlich bräuchte - einen Konzertsaal, einen Ort für Vereinsversammlungen und vor allem Räume für den Musikunterricht - lässt sich nicht so ohne weiteres unter Dach und Fach bringen.

Schon vor Jahren wurde daher mit dem Umbau des ehemaligen Wohn- und Lichtspielhauses begonnen, mehr als eine Million Euro hat die Stadt bereits investiert. Infolge der Corona-Pandemie wurde das Projekt 2020 allerdings wieder auf Eis gelegt. Dann tat sich drei Jahre lang nichts mehr. Nun hat der Kulturausschuss die Mittel freigegeben, um den Umbau fortzusetzen, mehr als drei Millionen Euro könnten es bis 2027 noch werden.

Der Vorsitzende der Knabenkapelle, Tilo Ederer, zeigt sich erleichtert, sagt aber auch, dass er diesen Schritt "nach drei Jahren erwartet" habe. "Wir leisten ja auch viel für die Gemeinschaft." Denn das Musikheim ist nicht nur traditioneller Auftrittsort für die Ensembles der Knabenkapelle, der Saal mit seiner brillanten Akustik steht auch anderen Vereinen offen: Der Tollhaus e.V. startete hier im Frühsommer seine neue Reihe "Wanderkino", der Blueser Nick Woodland gab ein umjubeltes Konzert, auch städtische Veranstaltungen können hier stattfinden. Die 268 000 Euro, die der Kulturausschuss in einem ersten Schritt bewilligt hat, dienen dazu, den ehemaligen Kinosaal für solche Veranstaltungen zu ertüchtigen.

Eine Rampe für Rollstuhlfahrer wurde in Eigenregie errichtet.

Eigentlich sollte diese Maßnahme erst ganz zum Schluss kommen, nun hat sich aber gezeigt, dass es sinnvoll ist, diese Aufgabe gleich anzupacken. "Wir konnten alles nicht so richtig nutzen", erklärt Vereinsvorsitzender Tilo Ederer. Zwar wurde bereits eine moderne Wärmepumpe eingebaut, im Saal sind aber immer noch Heizlüfter im Einsatz. "Damit kriegt man den Raum nicht richtig warm."

Die ersten beiden der insgesamt vier Bauabschnitte waren schon 2020 so gut wie fertiggestellt: Ein Seitentrakt und zwei Lagerräume, "nur noch Kleinigkeiten" wären noch zu machen, sagt Tilo Ederer. Mit viel Elan hätten die Mitglieder der Musikkapelle an ihrem Vereinsheim gewerkelt: Eine schicke Bar mit Holztresen hätten sie eingebaut, sagt der Vereinsvorsitzende, Rasen hätten sie angesät, Wände gestrichen, auch die Rampe, über die Rollstuhlfahrer nun barrierefrei ins Haus gelangen können, wurde in Eigenregie errichtet. Dieses Engagement zahlt sich aus: Die Baukosten seien immer im Soll geblieben, sagt Ederer, "manchmal blieben sie auch darunter".

"Bei der Knabenkapelle brennt's"

Dieser Hinweis kommt nicht von ungefähr, das Projekt der Knabenkapelle verschlingt erhebliche Summen und das in einer Stadt, die gerade überall sparen muss. Trotzdem wurden für das Projekt noch weitere drei Millionen Euro in die mittelfristige Finanzplanung aufgenommen - in drei Tranchen von jeweils 900 000 Euro für die Jahre 2025 und 2026 und 1,2 Millionen Euro für das Jahr 2027.

In der CSU-Fraktion lösten diese Dimensionen bei manchem Unbehagen aus. Katja Graßl regte an, den dritten Bauabschnitt lieber noch einmal zurückzustellen. Dieser Vorschlag wurde mit zwölf zu drei Stimmen klar abgelehnt. Auch wegen der Dringlichkeit, die SPD-Stadtrat Volker C. Koch in die Worte fasste: "Bei der Knabenkappelle brennt's."

Im dritten Bauabschnitt geht es nämlich um die Unterrichtsräume des Vereins, aus Sicht von Tilo Ederer ist dies der "bedeutendste Teil" der Umbaumaßnahmen. Denn schon seit zwölf Jahren müssen die zehn Musiklehrer der Knabenkapelle ihre Schüler außerhalb des Vereinsheims, etwa in Räumen öffentlicher Schulen, unterrichten. "So kommt kein soziales Gefüge zusammen", klagt Ederer. Und warnt, dass die Knabenkapelle inzwischen an einem kritischen Punkt angelangt sei. "Wenn die Mittel wieder raus fallen, geht der Verein kaputt."

Viele Kinder und Jugendliche lernen bei der Knabenkappelle ein Blasinstrument; sie übernimmt damit, ebenso wie die Stadtkapelle, eine wichtige Aufgabe. "Wenn Dachau nicht die zwei Musikvereine hätte, gäbe es hier keine Musikausbildung mehr", sagt Ederer. Dann müsste die Stadt eine eigene Musikschule bauen und Personal einstellen.

Gefeiert werden soll erst in fünf Jahren

Gegen diese Darstellung legt Kulturamtsleiter Tobias Schneider sanften Widerspruch ein. Die Kommunen seien zwar verpflichtet, die musikalische Bildung zu fördern, doch in welcher Form sie das genau tun, sei ihnen selbst überlassen. Eine eigene Musikschule zu betreiben, gehöre nicht zu ihren Pflichtaufgaben.

Gegründet im Jahr 1953 spielen unter dem Dach der Knabenkapelle Dachau heute das große Blasorchester, das Nachwuchsorchester, das kleine Ensemble De Dachauer und die Bigband Dachau, die sich mit ihrer Mischung aus Jazz, Hip-Hop, Techno und sehr viel Liebe einen Ehrenplatz im illustren Kreis der Tassilo-Kulturpreispräger erspielt hat. Anders als der Name suggeriert, gehören der Knabenkapelle auch zahlreiche Musikerinnen an. Insgesamt zählt der Verein inzwischen mehr als 300 Mitglieder, davon 150 aktive Musikerinnen und Musiker.

In diesem Jahr könnte der Verein eigentlich ein großes Festprogramm zu seinem 70-jährigen Bestehen auflegen. Tilo Ederer sagt, man habe sich entschieden, die Feierlichkeiten auf das Jahr 2028 zu verschieben, wenn die Knabenkapelle 75 wird. Und, damit rechne er ganz fast - ein voll funktionsfähiges Musikheim mit eigenen Unterrichtsräumen hat.

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