Coronavirus:"Wichtig ist ein wachsames Auge"

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Es tauchen immer mehr gefälschte Impfpässe auf. (Foto: dpa)

BRK-Geschäftsführer Paul Polyfka ist besorgt: Zunehmend tauchen gefälschte Impfnachweise auf - mit Dachauer Stempel.

Von Eva Waltl, Dachau

Die Zahl der Impfpass-Fälschungen nimmt zu und das betrifft auch den Landkreis Dachau. Der Geschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) im Landkreis, Paul Polyfka, erklärt, welche Tricks Betrügern anwenden, warum es ihnen oft zu leicht gemacht wird - und wie man sie trotzdem ertappen kann.

SZ: Herr Polyfka, inwiefern stellen Impfpass-Fälschungen im Landkreis Dachau ein Problem dar?

Paul Polyfka: Die Problematik bezieht sich grundsätzlich nicht auf Bürger und Apotheken des Landkreises. Vielmehr sind es landkreisfremde Menschen, die mit einer gefälschten Impfbestätigung aus Dachau in Apotheken außerhalb des Landkreises das digitale Zertifikat einholen möchten. Wir hatten beispielsweise den Fall, dass uns eine Apotheke aus Augsburg kontaktiert hat, weil ein Bürger aus Hannover mit seinem Impfpass und dem Stempel des Dachauer Impfzentrums dort aufgeschlagen ist. Das ist natürlich verdächtig. Seit Beginn der Digitalisierung des Impfpasses hatten wir etwa zwölf solcher Anrufe von Apotheken, die allesamt keine Impfung von uns erhalten hatten. In den vergangenen zwei Wochen haben die Anrufe skeptischer Apotheken und die Anzahl von Betrugsfällen stark zugenommen.

Das klingt, als hätten die Fälscher ausgeklügelte Maschen gefunden. Wie können Fälschungen überhaupt erkannt werden?

Wichtig ist ein wachsames Auge der Apotheker. Ist es in dem spezifischen Fall plausibel, dass die Person die Impfung erhalten hat oder nicht? Dann können und werden Betrüger auch ertappt. Was mich beispielsweise erschreckt hat, waren zwei Anrufe von Stempelherstellern, ob wir es tatsächlich möchten, dass die Stempel mit dem Aufdruck Impfzentrum Dachau an eine Privatadresse geschickt werden. Das ist schon skurril. Aber die Hersteller haben mitgedacht und uns informiert. Leider stellt aber auch der Datenschutz ein Hindernis für uns und eine Erleichterung für die Fälscher dar, denn der Verdacht auf Betrug fordert den behördlichen Weg, und wir können bei Anfragen von Apotheken keine vollständige Transparenz herstellen.

Es scheint also, als unterstütze das System den Betrug. Wo gibt es aus Ihrer Sicht Handlungsbedarf, um Fälschungen vorzubeugen?

Das System war ja nie darauf ausgelegt, fälschungssicher zu sein. Der Fokus lag auf der Bekämpfung der Pandemie. Aus meiner Sicht gibt es zwei Möglichkeiten, die Fälschungen zu erkennen: Wenn Apotheker Zugriff auf die bayernweite Impfdatenbank hätten, was bis jetzt nicht der Fall ist, könnten sie vor Ort direkt und sicher kontrollieren, ob die Person tatsächlich geimpft ist, und sie müssten sich weniger auf ihr eigenes Gespür verlassen. Apotheker sollten unbedingt auf den Prüfstand stellen, wie jemand an seinen Impfnachweis gekommen ist. Es wäre meiner Meinung nach auch notwendig, zu hinterfragen, ob es überhaupt Sinn macht, dass Apotheken das digitale Impfzertifikat erstellen dürfen, da sie ja selbst keine Impfung verabreichen und somit über etwas entscheiden, was außerhalb ihrer Verantwortung liegt.

Für Fälscher von Impfnachweisen soll es bald Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahre geben. Glauben Sie, dass das harte Strafmaß zu spät kommt?

Nein, denn man hoffte erst einmal auf das Gute im Menschen. Ich selbst konnte es mir überhaupt nicht vorstellen, dass Menschen zu solchen Mitteln greifen würden. Nun sind Fälle aufgekommen, die eine Lücke ausnutzen, um als geimpft zu gelten, da ist es nur folgerichtig, das Strafmaß zu erhöhen. Ich frage mich, ob es überhaupt ein Strafmaß gibt, das hoch genug ist, weil diese Betrüger mit der Gesundheit anderer Menschen spielen.

© SZ vom 23.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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