Klimaschutz in Dachau:Der schwere Weg zur emissionsfreien Stadt

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Private Haushalte verbrauchen in Dachau die meiste Energie. Die Stadt ist darauf angewiesen, dass Bauherren freiwillig aktiv werden. So wie die Sparkasse Dachau, die auf die Dächer der Hauptverwaltung und der Wohnanlage an der Scheierlwiese Solaranlagen angebracht hat. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bis 2040 will Dachau klimaneutral werden. Doch das neue Klimaschutzkonzept zeigt, wie wenig Einfluss die Stadt hat, damit dieses Ziel erreicht wird. Stattdessen kommt es vor allem auf die privaten Haushalte an.

Von Alexandra Vettori, Dachau

Das Klimaschutzkonzept der Stadt Dachau ist fertig. Es ist ein umfangreiches Werk geworden, das der Klimaschutzbeauftragte André Suck mit Hilfe der Verwaltung und des Rosenheimer Instituts für nachhaltige Energieversorgung erstellt hat. Ein Werk, das nicht nur die Ausgangsposition für die Energiewende in Dachau ziemlich klar darstellt, sondern auch Fragen aufwirft. Das größte Fragezeichen steht hinter dem Satz: "Wer soll das bezahlen?"

Bevor am Donnerstagabend das Konzept der Öffentlichkeit präsentiert wurde und im Juni der Stadtrat die Sache final beschließt, war es Anfang der Woche Thema im Umwelt- und Verkehrsausschuss. Dort wurde schnell deutlich, dass die Maßnahmen zur Dekarbonisierung Dachaus zwar ambitioniert sind, die Stadt insgesamt aber wenig Einflussmöglichkeiten hat.

Größter Dachauer Treibhausgasproduzent sind Privathaushalte

So tragen die kommunalen Einrichtungen in Dachau gerade mal 2,4 Prozent zu den Treibhausgasemissionen der Stadt bei, der Löwenanteil liegt mit 40,8 Prozent bei den privaten Haushalten. 25,6 Prozent entfallen auf den Verkehr und 26,2 Prozent auf Gewerbe, Handel und Dienstleistungen.

Die Einflussmöglichkeiten der Stadt auf Gewerbe und Private sind gering. Im Prinzip beschränken sie sich auf Bauleitplanung, Förderprogramme und Aufklärung durch Informationen. Da aber will die Stadt ihre Hausaufgaben machen, wie OB Florian Hartmann (SPD) im Ausschuss betonte. So sollen die drei großen Neubaugebiete, die gerade in der Entwicklung sind, das MD-Gelände, Augustenfeld und Mitterndorf, soweit möglich mit Umweltwärme versorgt werden.

Klimaschutz ist eine freiwillige Aufgabe für Kommunen

Generell aber, auch das steht klar im Konzept, ist Klimaschutz nach wie vor eine freiwillige Aufgabe für die Kommunen. Das Bayerische Klimaschutzgesetz gibt zwar Zielmargen vor und betont die Vorbildfunktion öffentlicher Körperschaften, an der beschränkten Finanz- und Personalausstattung ändert es aber wenig.

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Ernüchterung machte sich im Ausschuss auch bei der Liste der Energieträger in Dachau breit. Beim Endenergieverbrauch, also Verkehr, Heizen und Stromproduktion, liegt Erdgas mit 39,6 Prozent an der Spitze, gefolgt von Strom mit 17,9 Prozent, Heizöl mit 14,2 Prozent und Diesel mit 14,1 Prozent. Umweltwärme trägt gerade mal 1,4 Prozent zum Gesamtverbrauch bei, Biomasse 1,9 Prozent. Wobei dieser Anteil mittlerweile ein wenig höher liegen könnte, sind die Basis des Klimaschutzkonzepts doch Zahlen aus dem Jahr 2019.

Klares Ziel ist es, bis 2040 die städtische Verwaltung klimaneutral umgebaut zu haben. Und auch das ist laut Suck schon eine gewaltige Herausforderung. Die Stadt hat mehr als 60 Liegenschaften, die hauptsächlich mit Erdgas beheizt werden und derzeit mehr als 6000 Tonnen CO₂ im Jahr ausstoßen.

Die Stadt will die Maßnahmen strukturiert abarbeiten

Der Stadt bleibe nicht viel anderes, als das Maßnahmenpaket des Konzepts strukturiert abzuarbeiten, betonte OB Hartmann, mit besonderem Augenmerk auf die größten Verbraucher. Da liegt das Klärwerk an der Spitze, auch die Straßenbeleuchtung nimmt einen vorderen Rang ein. Hier sei man schon dabei, auf sparsame LED-Beleuchtung umzurüsten, "da haben wir schon einige Sachen auf den Weg gebracht", so Hartmann.

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Der größte Brocken wird die Heizung: 68,2 Prozent der Dachauer Heizungen laufen mit Gas, 24,4 mit Erdöl. Die städtischen Liegenschaften verbrauchen fast alle Gas. "Viele unserer Gebäude bedürfen einer energetischen Sanierung, das wird am Ende am meisten kosten", so Hartmann. Da habe man schon Probleme, "zu identifizieren, bei welchen Gebäuden mit einer Sanierung am meisten gewonnen wird". Hier müssten Detail-Untersuchungen stattfinden, wobei schon sicher sei, "das geht in die Millionen am Ende und wird von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Stadt abhängen". Auch wie sich das neue Gebäudeenergiegesetz auf die städtischen Liegenschaften auswirke, müsse jetzt untersucht werden.

Man war stolz, von Öl auf Gas umzusteigen

Peter Gampenrieder von der Überparteilichen Bürgergemeinschaft (ÜB) wünschte sich zumindest einen groben Überblick über die hier zu erwartenden Kosten, bevor der Stadtrat das Konzept beschließt. Als Beispiel nannte er die Grundschule Dachau Süd, "da fehlt mir völlig die Fantasie, wie wir die klimaneutral kriegen sollen". Einen auch nur vagen Kostenrahmen zu erstellen, sei zumindest bis zur Juni-Sitzung nicht leistbar, sagte Hartmann. "Wir kennen den Zustand der Gebäude nicht in der Tiefe, wie man es dafür bräuchte. Die alte Realität war günstiges Erdgas, da war es egal, von der Kostenseite her." Man sei stolz gewesen, von Öl auf Erdgas umzusteigen, "jetzt haben wir eine andere Priorität".

Vorberatend zum Stadtrat hat der Umwelt- und Verkehrsausschuss das Konzept schließlich bei einer Gegenstimme beschlossen. Hartmann kommentierte den Beschluss mit den Worten: "Es wird ein enormer finanzieller Aufwand, aber die Frage ist: Was ist die Alternative?"

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