Amtsgericht Dachau:Rosenkrieg endet mit Raub

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Nach der Trennung forderte der Angeklagte seinen Ehering zurück und soll dafür Gewalt angewendet haben. Dafür muss er sich vor dem Dachauer Amtsgericht verantworten. (Foto: Frank Leonhardt/dpa)

Einst waren sie ein verliebtes Paar, nun sahen sie sich vor Gericht wieder: Ein Streit zwischen Eheleuten ist eskaliert. Der Mann forderte den Ehe- und Verlobungsring zurück und wandte dafür massive Gewalt an.

Von Anna Schwarz, Dachau

Sie kennen sich seit ihrer Jugend, haben sich vor zwei Jahren auf Mallorca verlobt und hatten eine Wohnung im Landkreis - heute können sich die Eheleute nicht mehr ausstehen, leben in Trennung und sahen sich am Dienstag bei einer Schöffensitzung vor dem Dachauer Amtsgericht wieder: Dabei ging es um einen heftigen Ehekrieg, der mit einem Raub endete.

Der Staatsanwalt warf dem 34-jährigen Ehemann unter anderem vor, im Streit mit der Faust ein Loch in den Schrank seiner Ehefrau geschlagen zu haben. Außerdem soll er ihr an ihrem Geburtstag im vergangenen Jahr in einer Handynachricht den Tod gewünscht haben. An zwei Tagen im Juni sei der Rosenkrieg dann eskaliert: Abends gegen 21 Uhr sei der Angeklagte zu seiner Ehefrau in die ehemals gemeinsame Wohnung gefahren, aus der er bereits ausgezogen war, für die er aber noch einen Schlüssel hatte. Dort verlangte er seinen Ehering und den Verlobungsring seiner Frau zurück.

Am Folgetag kam der Angeklagte wieder und soll die 32-Jährige gewaltsam aus dem Bett gezogen, heftig beschimpft und ihr ins Gesicht geschlagen haben, um die Ringe anschließend zu bekommen, so der Staatsanwalt. Danach soll der Einzelhandelskaufmann seiner Frau auch eine Goldkette vom Hals gerissen und eine weitere Kette gestohlen haben, die er ihr einst geschenkt hatte. Darüber hinaus soll er 1500 Euro aus der gemeinsamen Hochzeitskasse in der Wohnung gestohlen haben. Angeklagt ist er nun wegen Beleidigung, Hausfriedensbruch, Körperverletzung, Sachbeschädigung und Raub.

"Wenn wir uns hässlich trennen, möchte ich den Ring wieder zurückhaben."

Auf der Anklagebank saß der 34-Jährige mit hochrotem Gesicht, er trug ein weißes Hemd, hat breite Schultern und muskulöse Arme. Er gab zu, dass er die Handynachricht geschrieben habe, doch auch seine Ehefrau habe ihm schon in etwa 20 Nachrichten geschrieben, dass sie ihm den Tod wünsche. Zudem bestritt er den Hausfriedensbruch, denn er habe damals noch Miete für die gemeinsame Wohnung gezahlt.

Darüber hinaus empfinde er es als legitim, den Verlobungsring zurückzufordern - schließlich habe er bei der Verlobung auf Mallorca zu seiner damaligen Freundin gesagt: "Wenn wir uns hässlich trennen, möchte ich den Ring zurückhaben." Heftig beleidigt habe er seine Ex, weil sie ihm nach der Trennung fremdgegangen sei, die anderen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft bestreitet er.

Die Ehefrau im Zeugenstand kämpfte mit den Tränen, sie rollte einen Holzball in den Händen. Sie bestritt, dass ausgemacht gewesen sei, dass ihr Mann den Verlobungsring nach einer Trennung zurückbekommt. Und sie schilderte die Eskalation des Streits im Juni: Damals habe er sie gewaltsam aus dem Bett gerissen und "ist wie ein Tornado durch die Wohnung". Als sie die Ringe in Umzugskartons gesucht habe, sei es zum Handgemenge gekommen und er habe ihr ins Gesicht geschlagen: "Es war ein ausgeholter Schlag und nicht aus Versehen", danach habe er ihr eine Goldkette vom Hals gerissen. Und später habe sie festgestellt, dass Bargeld aus der Hochzeitskasse und eine Kette mit Herzanhänger fehlen würden. Am Folgetag sei sie zum Arzt, der habe mehrere Hämatome an ihrer Hand, dem Oberarm und der Brust, Quetschungen und Kratzspuren festgestellt. Die psychischen Schäden aus der Beziehung habe sie noch immer nicht verarbeitet.

Der Angeklagte habe seine körperliche Überlegenheit ausgenutzt

Der Staatsanwalt sagte, dass die Ehefrau die Taten vor Gericht glaubwürdig geschildert habe und rügte den Angeklagten: "Es geht nicht, dass ich in eine fremde Wohnung gehe und mir das hole, wovon ich meine, dass es mir gehört." Der Angeklagte habe seine körperliche Überlegenheit ausgenutzt, um Selbstjustiz auszuüben. Der Staatsanwalt forderte daher eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung und dass der Angeklagte ein Anti-Aggressionstraining macht.

Sein Rechtsanwalt räumte zwar ein, dass es besser gewesen wäre, wenn sein Mandant seinen Ehering per Anwaltsschreiben eingefordert hätte. Allerdings bezweifelte er, dass es sich um einen Hausfriedensbruch handelte, da der Angeklagte noch Miete für die Wohnung bezahlte. In seinem Abschlusswort sagte der Angeklagte, dass nicht nur er das Problem in der Ehe gewesen sei, sondern auch seine Frau ihn immer wieder getreten habe.

Nach der fast vierstündigen Verhandlung verurteilte Richter Stefan Lorenz den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Lorenz sah den Hausfriedensbruch als bestätigt an, weil der Angeklagte nur nach Absprache in die Wohnung kommen durfte - die Ehefrau ihn an dem Juniabend aber ausdrücklich darum gebeten habe, nicht zu kommen. Strafmindernd sei, dass es dem Angeklagten nicht darum ging, möglichst viel Geld zu stehlen, sondern das "Hochschaukeln einer gescheiterten Beziehung" zum Raub der Ringe geführt habe.

Der 34-Jährige muss nun 2000 Euro an das "Netzwerk gewaltfreie Kommunikation München" zahlen. Der Richter sah davon ab, ein Anti-Aggressionstraining anzuordnen, denn der Ehemann müsse selbst hinterfragen, ob das Gewaltproblem in der Ehe von ihm oder beiden Partnern ausging.

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