Gastronomie in Corona-Zeiten:Mit der App in den Biergarten

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Sobald Biergärten, wie der in Röhrmoos, dieses Jahr öffnen dürfen, will der Landkreis eine einheitliche App für Besucher bereit haben (Foto: Niels P. Joergensen)

Handgeschriebene Zettel erschweren dem Gesundheitsamt die Kontaktnachverfolgung erheblich, deshalb will der Landkreis Dachau jetzt eine einheitliche App einführen, deren Nutzung für Bürger kostenfrei sein soll

Von Jacqueline Lang, Dachau

Bereit sein, wenn der Biergarten- oder der Konzertbesuch einmal wieder möglich ist - das ist das erklärte gemeinsame Ziel von Kulturschaffenden, Gaststättenbetreibern, dem Einzelhandel sowie dem Dachauer Landratsamt. Am Montagmittag hatte Landrat Stefan Löwl (CSU) deshalb neben Johann Liebl von der Wirtschaftsförderung und Josef Mittl, der als staatlicher Beamter derzeit das Gesundheitsamt unterstützt, auch den Dachauer Kulturamtsleiter Tobias Schneider, Ralf Weimer von Dachau handelt e.V. und Michael Groß, den Dachauer Dehoga-Kreisvorsitzenden, zu einem Pressegespräch eingeladen. Darin sollten Möglichkeiten der digitalen Kontaktnachverfolgung mittels einer App diskutiert werden - auch wenn mit den nun erneut stark ansteigenden Inzidenzwerten eine Öffnung des öffentlichen Lebens wieder in weite Ferne gerückt zu sein scheint. Doch, so Löwl: "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben."

Der Dachauer Dehoga-Kreisvorsitzende Michael Groß spricht sich für die App "Darf ich rein" aus. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Im vergangenen Sommer, als gastronomische Betriebe zwischenzeitlich wieder aufsperren durften, sei das Problem die "Zettelwirtschaft" gewesen, so Löwl, denn viele Betriebe hätten die Gäste Zettel händisch ausfüllen lassen. Zum einen habe das dazu geführt, dass viele "Fake Namen" angegeben hätten, zum anderen seien die Zettel teilweise nur schwer zu entziffern gewesen und auch die Übertragung an die Gesundheitsämter zur Kontaktnachverfolgung sei dadurch erschwert worden. Nun gibt es schon seit längerem Apps, die all das vereinfachen sollen - auch wenn es bei den Schnittstellen zwischen den einzelnen Apps und den Gesundheitsämtern, die mit der Software Sormas arbeiten, noch zu technischen Schwierigkeiten kommt. Die am weitest verbreiteten Apps sind "Luca" und "Darf ich rein". Landrat Löwl erklärte, das Landratsamt könne niemandem die Nutzung einer bestimmten App vorschreiben, aber "die Vielfalt ist natürlich schwierig, wenn das Gesundheitsamt zahlen soll". Für Bürger soll die Nutzung nämlich kostenlos sein, vorläufig bis zu 200 Betreiber aus den unterschiedlichsten Bereichen sollen die App-Lizenzen durch die Wirtschaftsförderung bis Ende des Jahres gesponsort bekommen - vorausgesetzt es gibt nicht irgendwann eine bundesweit einheitliche Lösung.

Der Dehoga-Kreisvorsitzende Groß sagte, er selbst habe die App zwar noch nicht benutzt, andere Gastronomiebetreiber aus dem Landkreis hätten ihm jedoch von guten Erfahrungen mit "Darf ich rein" berichtet. Die Handhabung sei vergleichsweise leicht, für die Kunden sei der Download der App nicht erforderlich, die Daten würden im Ernstfall verschlüsselt ans Gesundheitsamt übermittelt, nach Ablauf einer Frist aber auch automatisch gelöscht. Kulturamtsleiter Schneider sagte, seitens der Kultur gebe es keine favorisierte App, aber es wäre gut, "wenn man sich auf eine Lösung verständigt". In jedem Fall brauche es aber eine "schnelle Lösung". Diese Einschätzung teilte auch Weimer von Dachau handelt. Technisch würden sich die Apps nur geringfügig unterscheiden, wichtig sei deshalb "auf ein Pferd zu setzen" und diese Entscheidung dann auch entsprechend zu bewerben.

Bis wann genau die offizielle Einführung der App erfolgen soll, sei, so Löwl auf Nachfrage, noch nicht klar. Angepeilt sei der 1. April, realistischer sei aber vermutlich die Woche nach Ostern. Ein wenig hänge das aber natürlich auch davon ab, wie sich das Infektionsgeschehen entwickle und wann eine Öffnung möglich sei. Grundsätzlich gehe es aber darum, technisch bereit zu sein, damit wir, wenn wir dürfen, dann auch können". Die Vergabe der Lizenzen jedenfalls solle nach dem Prinzip "first come, first served" funktionieren, wünschenswert sei aber eine möglichst breite räumliche Streuung. Mittl, der sich im Gesundheitsamt derzeit schwerpunktmäßig mit der Datennachverfolgung auseinandersetzt, sagte, ihm sei wichtig, "dass die Daten, die wir bekommen verlässlich sind", die Nachverfolgung müsse "immer gewährleistet sein". Denn Fakt sei: Auch eine digitale Lösung in Form einer App bleibe nur die Basis für die Kontaktnachverfolgung, die im Fall einer Infektion weiterhin telefonisch erfolge. Auch die Daten müssten nach jetzigem Stand im übrigen noch manuell von einem Systems ins andere transferiert werden.

Details dazu, ob es nötig sein wird, ein- und auszuchecken, was passiert wenn man seinen Platz nur kurzzeitig verlässt, um etwa auf die Toilette zu gehen und ob es am Eingang in Zukunft dann bis zu drei Scanner geben wird - für das Ticket, die Kontaktnachverfolgung und den Nachweis über einen negative Schnelltests beziehungsweise eine erfolgreiche Immunisierung - gibt es noch nicht. Kulturamtsleiter Schneider sagte, er hoffe, das möglichst schnell "auszuprobieren und dann weiterentwickeln" zu können und das am besten nicht erst beim geplanten "Sommer in der Stadt", sondern schon davor bei einer kleineren Veranstaltung. Letztlich einigten sich alle Anwesenden, es mit der App "Darf ich rein" probieren zu wollen, da diese zum einen schon von einigen Gastronomen im Landkreis genutzt wird und zum anderen ein Sonderkündigungsrecht anbietet für den Fall, dass eine bundesweite Lösung kommt.

© SZ vom 23.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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