Hoftheater Bergkirchen:Die stinkreiche Veronica und ihr Versager-Enkel

Lesezeit: 2 Min.

Nach vielen Jahren treffen sich Großmutter Veronica (gespielt von Lisa Hanöffner) und Enkel Manfred (Patrick Brenner) wieder. Dann findet er eine Leiche im Keller. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Kleinkunstbühne Cabaret Burghausen führt die Kriminalkomödie "Der Enkeltrick" im Hoftheater Bergkirchen auf. Dabei servieren die Schauspieler schwere Kost mit Leichtigkeit.

Von Dorothea Friedrich, Bergkirchen

Zartgelbes Seidenoutfit, elegante Hochsteckfrisur mit farblich abgestimmtem Blumenschmuck, Blingbling am Hals und am Arm: Die stinkreiche Veronica ist die (antrainierte) Blasiertheit in Person - und kann doch in Sprache, Gestik und Mimik nicht verhehlen, dass sie schon mal schlechtere Tage gesehen hat. Hektisch räumt sie im von dunkelrotem Samt dominierten Zimmer ein paar verräterische Skulpturen erotischer Natur weg. Es klingelt und es tritt auf: Manfred - was Veronica mit mindestens drei "e" ausspricht. Er trägt abgewetzte Jeans, die gerne mal den Blick auf die grau-gestreifte Unterhose freigeben, ein verwaschenes Hemd und schwarzes Cap, mit anderen Worten: ein Versager, der in schwierigen sozialen Verhältnissen beheimatet ist, einerseits an maßloser Selbstüberschätzung leidet, andererseits ein bedauernswerter Junge ist. Er benutzt Begriffe wie "Spasti" und ähnliche No-go-Ausdrücke und fällt mit seinem Macho-Gehabe auf.

Aber was verbindet die beiden? Es ist "Der Enkeltrick", eine Kriminalkomödie von Frank Piotraschke. Die Erfolgsinszenierung dieses spannenden, umwerfend komischen und zeitgemäßen Stücks führte die Kleinkunstbühne Cabaret Burghausen am Sonntag im Hoftheater Bergkirchen auf. Lisa Hanöffner spielte dabei die ausgebuffte Großmutter mit Frechheit und Grandezza, Patrick Brenner ihren mit reichlich Bauernschläue begabten Enkel Manfred. "The Man", wie er sich selbst gerne tituliert, kann sich nicht erklären, weshalb ihn die Großmutter, die er auf keinen Fall Oma nennen darf, nach vielen Jahren endlich wieder anruft. So fällt er buchstäblich fast vom Hocker, als ihm Veronica eröffnet, sie beabsichtige ihn zu ihrem Alleinerben zu machen - wenn, ja wenn.

Lisa Hanöffner mimt die stinkreiche Veronica, die partout nicht Oma genannt werden will. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Doch statt des für die Wiedersehensfeier vorgesehenen Champagners entdeckt Manfred eine veritable Leiche im Keller, ganz so, wie es Veronica - die Listenreiche - geplant hat. Was sie nicht vorhersehen konnte: Manfred ist keineswegs ihr williger Gehilfe, sondern hat seinen eigenen Kopf und eigene Wertvorstellungen. Doch die ausgefuchste Veronica hat, vor sich hinmümmelnd und kunstvoll mit dem Kinn wackelnd, ein paar unschlagbare Gegenargumente, glaubt sie zumindest. Doch Manfred wächst an seinen Aufgaben. Er verteidigt sich mit zunehmender Geschmeidigkeit gegen großmütterliche Verbalangriffe, dreht immer mal wieder den Spieß um - bis zum bitterbösen, überraschenden und viel zu frühen Finale.

Der Enkel ist durch dunkle Familiengeheimnisse an die Großmutter gebunden

Diesem fabelhaften Schauspieler-Duo hätte man noch stundenlang zuhören und zusehen mögen: Lisa Hanöffner verfällt dabei immer wieder in eine Art von Ruhrpott-Slang - und wie sie die an Reichtum fast erstickende Veronica in Mimik, Gang und Gestik auf die Bühne bringt, ist einfach umwerfend. Patrick Brenner hat Sprache und Gehabe der jungen Leute in seiner Welt voll aufgesogen. Er ist einerseits Veronicas Gegenpol, andererseits aber durch etliche dunkle Familiengeheimnisse an die Großmutter gebunden, die partout keine Oma sein will. Brenner und Hanöffner leben ihre jeweiligen Charaktere aus, steigern sich von Szene zu Szene. Ihr Publikum folgt ihnen vom ersten Moment an begeistert durch die abstruse Handlung und verpasst sogar den ein oder anderen Gag, weil sich das Lachen Bahn brechen muss.

Und der moralisierend erhobene Zeigefinger kommt nicht einmal bei den großen Themen dieser Komödie zum Einsatz: Jugend ohne Chancen und Diskriminierung im Alter. Lisa Hanöffner und Patrick Brenner können nämlich auch das: Schwere Kost mit Leichtigkeit servieren. Und das ist echt großes Kino.

Die Kleinkunstbühne Cabaret Burghausen ist mit "Der Enkeltrick" im Herbst für weitere Vorstellungen zu Gast im Hoftheater Bergkirchen.

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