Auf dem Hof von Christian Huber:Landwirtschaft 4.0

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In Sulzemoos wirft Minister Markus Söder einen Blick in die digitalisierte Zukunft der Bauern. Traktoren mit satellitengestützter Steuerung beackern zentimetergenau die Felder.

Von Robert Stocker, Sulzemoos

Markus Söder steigt von dem Hightech-Traktor herunter. "Ein schöner Job", sagt er begeistert. Mit dem bayerischen Finanz- und Heimatminister auf dem Beifahrersitz hat Christian Huber gerade ein Feld vor seinem Hof beackert. Während beide entspannt im Führerhaus sitzen, zieht der Bulldog wie an einer unsichtbaren Schnur seine Bahnen. Und das zentimetergenau. Kein Stückchen Boden wird zweimal befahren. Der Traktor des 46-jährigen Landwirts aus Oberwinden bei Sulzemoos sucht sich automatisch seinen Weg. Das Fahrzeug ist mit einer Satellitennavigation ausgestattet, die von einer Antenne auf dem Hof Signale empfängt. Digitale Fahrzeugpositionierung nennt sich das.

Die Vermessungsverwaltung des Freistaats liefert dazu individuelle Daten, die dem Nutzer übermittelt werden. Landwirte, die einen GPS-gesteuerten Traktor haben, mussten bisher dafür jährlich fast tausend Euro zahlen. Vom 1. Oktober an ist dieser Service kostenlos. Für die Kennungseinrichtung wird nur noch eine Anmeldegebühr von 50 Euro erhoben. Minister Söder (CSU) ist am Donnerstagnachmittag auf den Hof von Christian Huber gekommen, um mit dem bayerischen Bauernpräsidenten Walter Heidl den "Digitalisierungspakt" zu besiegeln. Ein Schritt hin zur Land- und Forstwirtschaft 4.0, wie der bayerische Finanz- und Heimatminister sagt. Die Digitalisierung sei eine Schlüsselkompetenz für den ländlichen Raum.

1600 Gemeinden in Bayern verfügen laut Söder bald über ein Glasfasernetz, das auch abgelegene Weiler erschließt. In 800 Kommunen fördere der Freistaat die Errichtung von W-Lan, auch der öffentliche Nahverkehr werde nach und nach damit ausgestattet. Die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft hänge existenziell von der Digitalisierung ab, betont der Minister. Dank der neuen Technik könnten Landwirte effizienter und flächensparender arbeiten. "Familien können ihren Hof weiterführen, wohnortnahe Arbeitsplätze bleiben erhalten", so Söder.

Der Landwirt kann nebenbei mit dem Handy telefonieren

Die satellitengestützte Steuerung der Traktoren ermöglicht es, dass die Fahrzeuge die geplanten Fahrspuren exakt einhalten. Dadurch wird der Boden geschont, Kulturpflanzen erleiden geringere Schäden. Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmittel werden genauer dosiert und effizienter eingesetzt. Landwirte müssen weniger ausbringen und sparen Kosten. Über die Jahre gesehen rechnet sich das gerade für Großbetriebe, wie Christian Huber einen hat. Er bearbeitet 300 Hektar Land und baut in erster Linie Kartoffeln, Mais und Gerste an. Seit einigen Jahren arbeitet der Landwirt mit sechs Betrieben zusammen, die sich die Fahrzeugpositionierung zunutze machen.

Der Einbau der Hardware in den Traktor kostet etwa 15 000 Euro. Wie viel Geld er durch die digitale Technik spart, kann Huber nicht so genau beziffern. Der größte Vorteil sei die Entlastung beim Schlepperfahren. "Die Technik erleichtert unheimlich die Arbeit", sagt Huber. "Der Landwirt kann nebenbei mit dem Handy telefonieren." Anton Kreitmair, CSU-Landtagsabgeordneter und Präsident des oberbayerischen Bauernverbandes erwartet, dass die Zahl der Nutzer jetzt auch im Landkreis Dachau steigen wird. Weil die Übermittlung der Daten nun kostenlos sei, werde der Service auch für kleinere Betriebe interessant.

Auch Bauernpräsident Walter Heidl betont, wie wichtig die digitale Technik für die Landwirtschaft sei. Dazu gehöre nicht nur der Glasfaserausbau zu den Höfen, sondern auch elektronische Fahrzeugtechnik. Auch für Jagdgenossenschaften gibt es ein neues Angebot. Die Vermessungsämter führen ein Jagdkataster, das Aufschluss über die Flächen und Eigentumsverhältnisse gibt. Auf dieser Grundlage wird der Abschuss des Wildes geplant und die Pacht für das Revier berechnet. Das Kataster erleichtert den Umgang mit Schwarzwildschäden oder die Regulierung von Wildunfällen im Straßenverkehr.

Die Vermessungsämter stellen die Daten jetzt für eine geringere Gebühr bereit. Söder: "Die Kosten für eine Jagdgenossenschaft sinken um 75 Prozent." Der Digitalisierungspakt schaffe gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land. "Und das ist gut so", sagt der Finanz- und Heimatminister.

© SZ vom 09.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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