Jazz:Energisch ohne Ende

Lesezeit: 2 min

Billy Hart, einst in New York aktiv, ist mittlerweile unterwegs mit den Größen der europäischen Szene. (Foto: Frank Siemers/Unterfahrt)

Der Drummer Billy Hart war an mehr als 800 Einspielungen beteiligt, hat für Miles Davis und Herbie Hancock getrommelt. Nun ist der 81-Jährige live in der Unterfahrt zu erleben - in der eigens auf ihn zugeschnittenen Band "Stream" um Christophe Schweizer.

Von Oliver Hochkeppel

Was jetzt alles nachgeholt werden muss, sogar Geburtstage. Denn Stream, die Band des Schweizer Posaunisten Christophe Schweizer, die am Mittwoch in die Unterfahrt kommt, ist eigentlich als Projekt zum 80. Geburtstag der amerikanischen Schlagzeuger-Legende Billy Hart entstanden. Der war am 20. November 2020, die CD dazu ist pünktlich beim Münchner Label Enja/Yellowbird erschienen, die Live-Tour freilich kam wegen Corona nur zäh in Gang.

Also wird jetzt einfach weitergemacht. Es ist ja auch völlig egal, dass Billy Hart inzwischen 81 ist, sein Spiel ist so energisch und variabel, so für jede Band dienlich wie eh und je. Legende ist hier mal keine Übertreibung, an mehr als 800 Einspielungen war der Drummer beteiligt, und zahllose davon gehören zu den wichtigsten der Jazzgeschichte, Alben mit Miles Davis, Wes Montgomery, Jimmy Smith, Stan Getz, Herbie Hancock, Charles Lloyd und vielen vielen mehr. Stammen die erwähnten aus Harts New Yorker Zeit und zugleich der Blütezeit des Modern Jazz, so sind in den vergangenen Jahren viele Alben mit den Cracks der europäischen Szene dazugekommen, seit Hart nach Kopenhagen umgezogen ist.

Die Zusammenarbeit mit Christophe Schweizer umfasst beide Abschnitte, ist der Schweizer doch selbst ein Wanderer zwischen den Welten, der seit Jahrzehnten zwischen seinen Wohnorten in Hamburg und New York pendelt und als einer der virtuosesten Posaunisten, aber auch als famoser Komponist und Arrangeur wie als umtriebiger Produzent und Kurator ebenso in der amerikanischen wie in der deutschen oder österreichischen Szene zuhause ist. 1992 arbeitete Schweizer erstmals in den USA mit Hart zusammen, 2016 arrangierte und produzierte er mit ihm (ebenfalls für Enja) das Großprojekt "The Broader Picture" mit der WDR Bigband.

"Stream" ist jetzt also Schweizers eigens auf Hart zugeschnittene Band. Neben dem niederländischen Bassisten Joris Teep sollte ursprünglich der Weilheimer Saxofonist Johannes Enders dabei sein, selbst ein echter Hart-Jünger, der oft im Trio mit ihm unterwegs war. Wegen einer Erkrankung sprang aber von Anfang an Sebastian Gille ein. Für Pablo Held, der stark mit seinen eigenen Projekten eingebunden ist, kommt am Klavier nun Florian Weber dazu. Gille wie Weber gehören zu den prominentesten deutschen Jazzern, die auch bereits mit diversen US-Stars gespielt haben. Bei den von allen Beteiligten beigesteuerten Kompositionen und einem prototypischen Standard (Ellingtons "Body And Soul") geht es ums Essentielle: um das gemeinsame emotionale und intellektuelle Erkunden von Melodien; darum, Brücken zwischen Generationen und Kulturen zu schlagen und sich von Harts eindrucksvoller Persönlichkeit inspirieren zu lassen. Passenderweise ist Stream auch im Live-Stream mitzuerleben.

"Stream" feat. Billy Hart, Mi., 12. Jan., 20.30 Uhr, Unterfahrt, Einsteinstr. 42, Telefon 4482794

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: