Polizeieinsatz:Mit Handgranate im Bordell

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Der 60-Jährige, der als Kunde in dem Bordell war, pöbelte ausländerfeindlich herum: Rumänische Prostituierte nähmen ihren deutschen Kolleginnen die Arbeit weg. (Foto: N/A)
  • In einem Münchner Bordell hat ein Gast eine Handgranate gezückt und die nichtdeutschen Beschäftigten bedroht.
  • Später stellte sich heraus, dass die Waffe nicht scharf war.
  • Der Vorfall ist bisheriger Höhepunkt einer ganzen Reihe von Straftaten mit ausländerfeindlichem Hintergrund in den vergangenen Wochen.

Von Martin Bernstein, München

Mit einer Handgranate hat am frühen Morgen des Pfingstmontags ein Münchner die nichtdeutschen Beschäftigten eines Bordellbetriebs an der Landsberger Straße bedroht. Später stellte sich heraus, dass die Waffe nicht scharf war. Der Angreifer muss sich wegen Bedrohung und Störung des öffentlichen Friedens verantworten. Der Vorfall ist der bisherige Höhepunkt einer ganzen Reihe von Straftaten mit ausländerfeindlichem Hintergrund in den vergangenen Wochen.

Gegen 2 Uhr nachts war es in dem Laimer Bordell zu einer ersten Auseinandersetzung mit dem Münchner gekommen. Der 60-Jährige, der laut Polizei als Kunde in dem Bordell war, pöbelte ausländerfeindlich herum: Rumänische Prostituierte nähmen ihren deutschen Kolleginnen die Arbeit weg, beschwerte sich der Laimer bei einem 33 Jahre alten Angestellten des Etablissements. Er werde wiederkommen, drohte der aggressive Kunde, als er schließlich ging. Kurz darauf stand er tatsächlich erneut in der Tür. Und zog eine Handgranate aus der Tasche, die er offensichtlich aus seiner nahen Wohnung geholt hatte.

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Als der Mann im Begriff war, den Sicherungsstift aus der Granate zu ziehen, stieß der Angestellte den 60-Jährigen geistesgegenwärtig vor die Tür. Dort fielen die beiden zu Boden. Es kam zu einem Gerangel, bei dem der Angreifer sich am Sprunggelenk verletzte. Die Handgranate kullerte auf den Asphalt.

Kurz darauf trafen sechs Streifen der Polizei, ein Sprengstoffhundeführer und das Sprengstoffkommando in der Landsberger Straße ein. Die Experten konnten die Handgranate als russisches Fabrikat identifizieren. Die Weltkriegsgranate RG-42 war ursprünglich mit 200 Gramm TNT gefüllt, Sprengstoff und Zünder waren jedoch entfernt. Der Angreifer wurde ins Krankenhaus gebracht, wo er auch nach Abschluss seiner Vernehmung blieb.

Weitere Delikte mit ausländerfeindlichem Hintergrund haben sich laut Polizei in den vergangenen Wochen ereignet. In Sendling wurden zwei vor seinem Haus sitzende 16 und 18 Jahre alte Burschen aus Rumänien und Bulgarien angepöbelt und getreten. Ein 61-Jähriger aus der Baierbrunner Straße trat nach den jungen Männern und drohte laut Polizei: "Ich bring' euch um und ihr werdet abgeschoben." Der 18-Jährige dokumentierte die Attacke mit seinem Handy. Doch der Angreifer gab sich gar keine Mühe, seine Haltung zu verbergen. Seine Äußerungen wiederholte er im Beisein der Polizei. Gegen ihn wird wegen Körperverletzung und Bedrohung ermittelt.

Mitte Mai wurde nach Polizeiangaben ein türkischstämmiger Mitarbeiter des Verkehrsverbunds MVV von einem Fahrgast, der kein Ticket hatte, am Hauptbahnhof rassistisch beleidigt. Am vergangenen Dienstag zeigte ein 34-Jähriger, Aushilfskraft einer Zeitarbeitsfirma, beim Verlassen des Bundeswehrgeländes in Neubiberg an der Wache den Hitlergruß.

Die Münchner Polizei hat Anfang Mai zusammen mit der Staatsanwaltschaft und der Stadt eine Initiative gestartet, die Opfer und Zeugen rassistischer, antisemitischer und rechter Straftaten ermutigen soll. Ein Dutzend körperliche Angriffe mutmaßlich rechter Täter hat die Polizei seit Januar registriert, 2018 waren es insgesamt 33 Gewaltdelikte.

© SZ vom 11.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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