Reaktion auf Rassimusvorwürfe:Fortan ungeschminkt

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Das Gärtnerplatztheater verzichtet auf die Darstellung des Blackfacing in der Oper "Jonny spielt auf".

Von Paul Schäufele, München

Die Neuinszenierung von Ernst Kreneks "Jonny spielt auf" am Münchner Gärtnerplatztheater hat unmittelbar nach ihrer Premiere am 11. März Kritik auf sich gezogen. Anlass war der Umstand, dass dem Bariton Ludwig Mittelhammer, Darsteller des afroamerikanischen Jazz-Musikers Jonny, das Gesicht schwarz geschminkt wurde. Dieses sogenannte Blackfacing wurde von verschiedener Seite als Reproduktion einer rassistischen Bühnenpraxis verurteilt. Nun hat das Theater reagiert und verzichtet künftig auf das Blackfacing. Bereits in der Vorstellung am vergangenen Sonntag stand die Figur ungeschminkt auf der Bühne. Nächster Termin ist die Kinder- und Jugendvorstellung am 24. März.

Die Begründung, Jonny-Darsteller Mittelhammer das Gesicht zu schwärzen, hatte der Regisseur Peter Lund, Professor für Musical an der Universität der Künste Berlin, in seinem historisierenden Bühnenkonzept gefunden: Seine Krenek-Inszenierung ist zur Zeit der Münchner Erstaufführung der Oper angesiedelt, bei der eine lokale Nazi-Gruppe die Vorstellung durch Stinkbomben und Proteste störte. Damals, 1928, wurde Jonny von einem Sänger in schwarzer Maske dargestellt. Kontextualisiert wird Lunds Konzept etwa durch die Einblendung von Plakaten der Kampagne "Schwarze Schmach", mit denen rassistische Propaganda gegen den Einsatz französischer Kolonialtruppen während der Rheinlandbesetzung nach Ende des Ersten Weltkriegs gemacht wurde. Darüber hinaus wurde auf der Bühne der Prozess des (Ab-)Schminkens sichtbar gemacht.

500 Kulturschaffende protestieren in offenem Brief

"Dennoch hat unsere Darstellung des Blackfacing, die bei der Entstehung der Produktion auch mit People of Colour entwickelt wurde, offensichtlich Menschen verletzt. Das tut uns Leid und war nicht unsere Absicht", heißt es in einer Stellungnahme des Theaters. Damit reagiert es auf den Protest, der sich vor allem über den Kurznachrichtendienst Twitter artikulierte, so in Nachrichten der antirassistischen Aktivistin Jasmina Kuhnke, die unter dem Pseudonym "Quattromilf" twittert, und in einen Offenen Brief vom 17. März mündete, lanciert auf "nachtkritik.de". Darin drückten über 500 Kulturschaffende ihr Entsetzen über die "bewusste Entscheidung zum Einsetzen rassistischer Codes" aus, deren kritische Aufarbeitung nicht in ihrer Reproduktion bestehen könne.

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