Mit einem Festakt am Sonntag, 8. Januar, läutet das Bayerische Staatsorchester, so genannt freilich erst seit 1918, als das Hof- und Nationaltheater zur Bayerischen Staatsoper wurde, die Feierlichkeiten zu seinem 500-jährigen Bestehen ein. So stehen im Jubiläumsjahr viele Konzerte und Veranstaltungen an. Denn die Geschichte dieses Ensembles, man muss vielleicht sagen auch seines Chors, geht bis auf das Jahr 1523 zurück. Im Januar diesen Jahres übernahm Ludwig Senfl als "Musicus intonator", also Komponist, die Leitung und Umstrukturierung der Hofkapelle mit seinen Sängern und Instrumentalisten, die er bis zum Besuch von Kaiser Karl V. 1530 vorläufig abgeschlossen hatte. Daher blickt Hans-Joachim Nösselt in seinem Standardwerk "Ein ältest Orchester" 1980 auf "450 Jahre Bayerisches Hof- und Staatsorchester" zurück.
1552 folgte auf Senfl Ludwig Daser, der durch Übertritt zum Protestantismus wenige Jahre später die Position an den jungen Orlando di Lasso abgeben musste. Er war schon damals ein europaweit bekannter und geschätzter Komponist und prägte die Hofkapelle bis zu seinem Tod 1594 in jeder Hinsicht, holte fähige Sänger und Instrumentalisten aus ganz Europa und komponierte höchst qualitätvolle (Vokal-)Musik in verschiedenen Sprachen. Die musikalische Begleitung des täglichen Gottesdiensts, Tafelmusik und auch die Begleitung der Siesta "mal mit Geigen, mal mit Violine, mal mit Clavicord, Flöten und Cister" waren nach wie vor die Aufgaben der Hofkapelle. Neben dieser privaten Kammermusik war sie aber auch für musikalische Untermalung bei großen Festen und für die Huldigungsmusik bei Staatsempfängen zuständig. Vokalmusik wechselte dabei mit Instrumentalmusik oder einzelne Instrumente begleiteten die Sängerinnen und Sänger.
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1653 war ein weiteres wichtiges Jahr für die Hofkapelle, denn nun hält die Oper in München Einzug; ein Kornkasten am Salvatorplatz wird zum Opernhaus umgebaut. Hier werden große Feste mit musikalischer Umrahmung gefeiert, und zu Karneval gibt es Oper. Die zwischenzeitlich auf 22 Mitglieder geschrumpfte Instrumentalkapelle wächst für die umfangreichen Feierlichkeiten zur Hochzeit von Kurfürst Max Emanuel mit Maria Antonia, der Tochter von Kaiser Leopold I., im Jahr 1686 wieder auf 34 Spieler.
1717 taucht erstmals der Begriff "accademie de musique" in den Tagebüchern Graf Preysings auf. Ab 1721 finden entsprechende Konzerte im 1718 erbauten Redoutensaal der Residenz statt. Unter Kurfürst Maximilian III. Joseph wird die Hofkapelle 1762 erstmals "Churfürstliches Orgester" genannt.
Ein epochales Datum aber ist der 23. Juni 1778: Offiziell wird nun die Mannheimer Hofkapelle, die seinerzeit als bestes Orchester in ganz Europa geschätzt wurde und mit Kurfürst Karl Theodor nach Bayern umgezogen war, mit der Münchner Hofmusik fusioniert. Leiter des "Churfürstlichen Hofmusik-Stabs zu München" wird Christian Cannabich, der wenig später auch als Konzertmeister bei der Uraufführung von "Idomeneo" mitwirkt. Man hört es dem aufregenden Orchestersatz an, dass Wolfgang Amadé Mozart hier aus dem Vollen schöpfen konnte. Wenig später gibt es eine von Cannabich initiierte Konzertreihe für den Hof, aber auch schon für die Münchner Bürgerschaft. Die sogenannten "Liebhaberkonzerte" finden im Redoutensaal statt.
1811, im Jahr der Grundsteinlegung des Nationaltheaters, bitten elf führende Musiker des Hoforchesters König Max I. darum, an spielfreien Tagen auf eigenes Risiko eine Abonnement-Konzertreihe durchführen zu dürfen. Am 9. November gewährt der König diese Bitte. Es ist die Geburtsstunde der "Musikalischen Akademie", ein Begriff, unter dem die "Akademiekonzerte" im Nationaltheater bis heute firmieren. Die Musiker bestimmten selbst das Programm und wählten die Dirigenten aus. Ein Teil der Einnahmen wurde unter den Musikern aufgeteilt, ein Teil diente notwendigen Investitionen, ein Teil wurde in einen Fond eingezahlt zur Unterstützung der Witwen von Hofmusikern und solchen die in Not geraten waren.
Während der Regierungszeiten von König Ludwig I., Maximilian II. und Ludwig II., also von 1825 bis 1886 , wird die Direktion der Oper in "Vocal-Kapellmeister" und "Instrumental-Musik-Director" aufgeteilt, Konzerte des Hoforchesters finden nun oft im 1828 eröffneten Odeon am heutigen Odeonsplatz statt, der bis zur Kriegszerstörung als idealer Konzertsaal galt.
Am 30. Juni 1836 gab es 79 festangestellte Musiker, dazu noch einmal 26 sogenannte Akzessisten, Aspiranten und Kunsteleven, also Nachwuchs unterschiedlichster Reifestufe. Klarinettist Heinrich Joseph Bärmann, für den Carl Maria von Weber zahlreiche Werke schrieb, Theobald Böhm, der Erfinder der gleichnamigen "modernen" Flöte oder später, von 1848 bis 1889, (Wald-)Hornist Franz Strauss, der Vater von Richard Strauss, waren berühmte Mitglieder des Hoforchesters im 19. Jahrhundert.
Weil Wagner-Aufführungen auch überregional eine große Anziehungskraft besaßen, wurde 1901 mit dem Prinzregententheater eine zweite Spielstätte geschaffen, vor allem für die Werke Richard Wagners. Zum großen Verdruss seiner Witwe Cosima, war dieses Theater von Max Littmann dezidiert nach dem Vorbild des Bayreuther Festspielhauses gebaut und besaß damals sogar einen verdeckten Orchestergraben.
Von 1811 bis 1972 hatte ein Verein die Konzerte der "Musikalischen Akademie" veranstaltet und trug auch das kaufmännische Risiko. Doch weil es zunehmend Finanzierungsprobleme gab, schloss der Verein nun einen Vertrag mit der Bayerischen Staatsoper, die seither als Veranstalter fungiert. Die künstlerische Verantwortung liegt nach wie vor beim Verein und dem jeweiligen Generalmusikdirektor.
2007 wird mit "Attacca" das Jugendorchester des Bayerischen Staatsorchesters gegründet, das seit acht Jahren in Folge von den 50 Kritikern der Zeitschrift Opernwelt zum "Orchester des Jahres" gekürt wird. Für die ersten Veröffentlichungen des neu gegründeten hauseigenen Labels gab es außerdem Auszeichnungen von Gramophone, dem führenden britischen Magazin für Tonträger. Die Zeichen für die nächsten 500 Jahre des Bayerischen Staatsorchester stehen also gut.
Näheres zum Jubiläumsprogramm "500 Jahre unplugged" unter www.staatsoper.de