Baustelle am Josephsplatz:Deckel drauf

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Die 9,5 Millionen Euro teure Tiefgarage unter dem Josephsplatz soll Ende 2015 fertig sein. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Rohbau der umstrittenen Tiefgarage unter dem Josephsplatz ist fast fertig - bis dort Autos parken, dauert es aber noch ein Jahr. Jetzt entzündet sich neuer Streit.

Von Marco Völklein

Michael Zaunseder hat schon so manches in den Münchner Untergrund betoniert. Zahlreiche Strecken für die U-Bahn, auch an der U-Bahn-Station unter dem Moosacher Bahnhofsplatz war er beteiligt. Doch so eine Baustelle wie die am Josephsplatz hat der erfahrene Bauingenieur bislang noch nicht erlebt. "Hier verläuft nichts gerade", sagt Zaunseder und deutet in das weite Rund, das sich neben der Kirche St. Joseph dem Betrachter öffnet. Sämtliche Eisenbewehrungen für den Beton mussten gebogen werden, die dickeren Bauteile wurden bereits krumm angeliefert. Das alles dann auf der Baustelle miteinander zu kombinieren, sodass die Statik des Bauwerks keinen Schaden nimmt, "das ist hoch kompliziert gewesen", sagt Projektleiter Zaunseder. Und schiebt dann noch nach: "Und es hat richtig Spaß gemacht."

Das allerdings wundert einen dann schon. Denn viele erinnern sich noch an die Proteste von Anwohnern und Umweltschützern im Februar 2013. Stadtrat und Stadtviertelgremium hatten das 9,5-Millionen-Euro-Projekt abgesegnet, die Planer des Baureferats die Vorarbeiten für den Bau erledigt. Als dann aber die Bagger anrollten und - vor allem - einige Bäume auf dem Josephsplatz gefällt werden sollten, rührte sich der Widerstand.

Robin Wood gegen die Kettensägen

Anwohner protestierten gegen die Baustelle vor ihrer Haustür, Aktivisten der Umweltschutzorganisation Robin Wood verschanzten sich in den Bäumen, um sie vor der Kettensäge zu bewahren. Und die Anwohner waren empört, weil die Tiefgarage plötzlich in einer offenen Baugrube erstellt werden sollte - und nicht, wie zuvor von den Planern versprochen, in der sogenannten Deckelbauweise. Bei dieser Bauweise, so die Anwohner, wäre weniger Lärm entstanden.

Für die 265 Tiefgaragenstellplätze gibt es über 400 Interessenten. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Groll vieler Projektgegner von damals ist indes noch immer nicht verflogen. Zuletzt hatte es heftige Debatten darüber gegeben, wie die künftige Oberflächengestaltung des Platzes aussehen soll; vor allem die geplanten großen Hecken waren bei vielen auf wenig Gegenliebe gestoßen. Darüber werden sich die Planer des Baureferats, die Vertreter der Anwohner wie auch die Stadtviertelpolitiker im örtlichen Bezirksausschuss in den nächsten Wochen und Monaten die Köpfe heißreden. Zaunseder und seine Leute sind derweil damit beschäftigt, den Rohbau abzuschließen.

Derzeit wird der Deckel gegossen

Stockwerk für Stockwerk haben sie zuletzt in die Erde betoniert. Derzeit wird der Deckel auf die Tiefgarage gegossen. Bis Ende November, sagt Zaunseder, könnte er fertiggestellt sein. Dann sind die Arbeiten am Rohbau weitgehend abgeschlossen.

Josephsplatz
:Baumbesetzer rücken ab

Ziel erreicht: Die Robin-Wood-Aktivisten sind von den Bäumen am Josephsplatz geklettert. Ihren Platz haben die Anwohner eingenommen, die weiter gegen den Bau einer Tiefgarage protestieren - freilich ohne Bäume zu besetzen.

Von Gerhard Wilhelm

Die Tiefgarage schraubt sich wie eine überdimensionale Spindel in den Boden. In der Mitte haben Zaunseder und seine Leute einen großen Zylinder etwa 17 Meter tief in der Erde errichtet. Darin kommt die gesamte Haustechnik unter, also Lüftung, Sprinkleranlage und Elektrik. Um diesen Zylinder herum schraubt sich eine Fahrbahn zum Rein- und Rausfahren in die Tiefe; und von der aus können die Autofahrer dann in die 265 Stellplätze einbiegen.

Und die sind nach Auskunft der städtischen Park & Ride GmbH, die später, nach der Inbetriebnahme, die Parkgarage betreiben wird, jetzt schon gefragt: Mehr als 460 Interessenten hätten sich bereits auf der Warteliste vormerken lassen. Allerdings führt Park-&-Ride-Geschäftsführer Wolfgang Großmann diese Liste bereits seit Sommer 2006. "Darunter dürften auch ein paar Karteileichen sein", sagt er. Trotzdem rechnet er damit, dass die Anlage, sobald sie in Betrieb gehen wird, "wohl voll ausgelastet sein wird".

Lange Wartelisten für Parkplätze

Denn in allen anderen städtischen Anwohnergaragen führen Großmann und seine Leute teils lange Wartelisten: In der Donnersbergerstraße in Neuhausen etwa warte man ein Jahr und länger auf einen freien Stellplatz; ähnlich sei es in der Kellerstraße in Haidhausen. Und von der Bebauung und dem Charakter her sei ein Viertel wie die Maxvorstadt rund um den Josephsplatz vergleichbar mit Haidhausen oder Neuhausen.

Der Josephsplatz bleibt auch nach der Einweihung der Tiefgarage eine Baustelle. (Foto: Stephan Rumpf)

Bis die ersten Anwohner unter dem Josephsplatz werden parken können, wird es aber noch eine ganze Weile dauern. Derzeit steht lediglich der nackte Beton in dem Karree neben der Josephskirche. In den nächsten Wochen und Monaten werden Arbeiter unter anderem noch die elektrischen Kabel verlegen, das Sprinklersystem montieren, Schranken und Rolltore installieren oder die Lüftungsanlage einbauen müssen. Unklar ist noch, ob und in welcher Größenordnung Ladeanschlüsse für Elektroautos installiert werden. Erst kürzlich hat sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) auf einer Bürgerversammlung für Lademöglichkeiten ausgesprochen.

Projektleiter Zaunseder jedenfalls rechnet damit, dass die Anlage im November 2015 bezugsfertig sein wird. Dann können die Anwohner in die Garage einfahren - während an der Oberfläche der neu gestaltete Josephsplatz entstehen soll.

© SZ vom 28.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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