Unterricht auf dem Land:Dritte Stunde: Ausmisten

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Der neue Lehrstall wird Teil des städtischen Gutes Riem. Das bietet bereits heute verschiedene Kurse an zu Themen wie Ernährung und Landwirtschaft. (Foto: Claus Schunk)

Auf einem neuen Schulbauernhofstall in Riem sollen Stadtkinder lernen, wie Kartoffeln geerntet und Kühe gemolken werden. Der Stadt ist das viel Geld wert.

Von Dominik Hutter

Statt sich mit Julius Cäsar zu beschäftigen, kann man ja auch einfach mal die Kuh melken. Oder den Stall ausmisten. Münchner Schulkinder, aber auch Jugendliche und interessierte Erwachsenengruppen, können vom nächsten Jahr an im wahrsten Sinne des Wortes Landluft schnuppern - in einem extra auf den Besuch von Stadtmenschen ausgelegten Stall auf dem städtischen Gut Riem.

1,5 Millionen Euro investiert die Stadt, um vor allem naturentwöhnten Beton-Kids die Tierhaltung, gesunde Ernährung und ganz allgemein den Wert von Lebensmitteln näherzubringen. Rinder, Schweine, Schafe und Pferde sollen in einer artgerechten Vorzeige-Unterkunft rund um einen großen Futtertisch unterkommen und Informationen über alle tierischen Lebenslagen bieten: von der Fütterung und Pflege über Stallarbeit und Futtergewinnung bis hin zur "Krankheits- und Fruchtbarkeitskontrolle", so das pädagogische Konzept.

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Der Kommunalausschuss des Stadtrats hat nun nach langem Hin und Her das abschließende Ja zu dem Projekt erteilt. Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) kann die Ausschreibung des überwiegend aus Fertigbauteilen bestehenden Stallgebäudes starten. Im Sommer sollen die Bauarbeiten beginnen, sie sind auf ein Jahr angesetzt. "Beim Füttern und Versorgen der Tiere lernen unsere Stadtkinder, wie sich eine Kuh anfühlt und wie die Abläufe auf einem modernen Biobauernhof sind", sagt Frank. "Wir schärfen bei ihnen das Bewusstsein für den hohen Wert artgerechter Tierhaltung und nachhaltiger Lebensmittelerzeugung."

Vor dem Besuch beim lieben Vieh müssen die kleinen Aushilfsbauern allerdings erst einmal eine Hygieneschleuse passieren - die Auflagen in puncto Sauberkeit sind so rigide, dass der Stadtrat anfangs wegen der damit verbundenen Kosten ordentlich Bauschmerzen hatte. Eine Stiefelwaschanlage muss gebaut werden. Für die Kinder werden Latzhosen und Overalls, für die Erwachsenen Einmal-Schutzkleidung gekauft. Zum Händewaschen werden Waschbecken mit Einhebelmischern montiert, es gibt Einmal-Handtücher und einen ellbogenbedienbaren Flüssigseife-Spender. Muss alles sein, beteuert der Betriebsärztliche Dienst. Es geht um die Gesundheit der Besucher wie auch der Tiere.

Im Laufe der Planung stiegen die geschätzten Kosten zwischenzeitlich auf mehr als 1,8 Millionen Euro; beim Abspecken hat dann schließlich der Zufall geholfen. Denn die Firma "Tagwerk-Ökokiste" hat ihre Räume im Gut Riem aufgegeben. Der frühere Sozialraum kann nun zum Umkleide- und Waschraum für Schulklassen ausgebaut werden, Toiletten und eine Dusche sind bereits vorhanden. Das spart enorm Geld, ohne Abstriche bei der Hygiene machen zu müssen. Denn ursprünglich sollten "Bad" und WC im Stallgebäude miteingebaut werden - dies kann nun kleiner ausfallen, was wiederum die Stützweite des Hallendachs verringert.

Der Schulbauernhofstall ergänzt das schon heute recht umfangreiche Bildungsangebot des städtischen Guts, ein kompletter Lern- und Erlebnisbauernhof entsteht. Zielgruppe sind nicht nur, aber vor allem Schulklassen. An dem "Begegnungsort zwischen Stadtbevölkerung und Landwirtschaft", so die Stadtratsvorlage, gibt es nach Voranmeldung spezielle Kurse, in denen etwa Kartoffeln geerntet oder Getreide ausgesät werden können. Es gibt Informationen über die Öko-Landwirtschaft und regionale Lebensmittel. Plus Pizza und Stockbrot backen oder Bircher-Müsli zubereiten - ein bisschen Kulinarik lässt sich hinzubuchen. Etwa 3000 bis 5000 Besucher pro Jahr kommen auf das Gut, das zum kommunalen Betrieb "Stadtgüter München" gehört und nahe dem S-Bahnhof Riem liegt.

© SZ vom 11.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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