Bahnhofsviertel:Flaschenwurf in Tabledance-Bar - 46-Jähriger freigesprochen

Lesezeit: 2 min

In die "Candy Bar" im Bahnhofsviertel verirrte sich ein 46-jähriger Techniker und kam dort mit den Regeln des Nachtlebens nicht zurecht. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Weil er in einer Tabledance-Bar im Münchner Bahnhofsviertel mit einer Flasche um sich geworfen haben soll, stand ein 46-Jähriger vor Gericht.
  • Er habe eine Piccolo-Flasche nicht bezahlen wollen und sich mit Gästen angelegt, sagten die Mitarbeiterinnen der Bar.
  • Dagegen behauptete der Mann, er sei unter Druck gesetzt worden, die Flasche habe er versehentlich losgelassen.
  • Der Richter glaubte ihm kein Wort - musste ihn aber trotzdem freisprechen.

Von Christian Rost

Nach einem Geschäftsessen noch einen Ausflug ins schummerige Nachtleben im Münchner Bahnhofsviertel unternehmen - das wird Bernd H. nicht mehr passieren. Der Besuch einer Tabledance-Bar an der Schillerstraße brachte dem 46-jährigen Allgäuer nämlich beträchtlichen Ärger ein. Am Montag stand er sogar wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Münchner Amtsgericht.

Der Netzwerktechniker hatte sich am 19. Juni vorigen Jahres mit Kollegen zu einem "Projektbeschluss-Essen" in München getroffen. Danach wollte er noch den letzten Zug nach Hause erwischen, der ihm allerdings vor der Nase wegfuhr. Nun galt es, auf den nächsten Zug bis 4.30 Uhr zu warten. Zunächst, so H., sei er ein bisschen spazieren gegangen im Bahnhofsviertel. Dann habe er sich aber doch in eine Bar gesetzt und ein Bier bestellt. Genervt von den Animierdamen dort, zog er bald wieder ab. Und landete "leider in der Candy Bar", wie er sagte.

"Ich bin leider ein bissl gutgläubig"

Auch dort wollte er nur in Ruhe ein Pils trinken - und bekam rasch Gesellschaft. Wieder schmiegten sich Damen an ihn und forderten ihn auf, einen Piccolo auszugeben. Was sich klein anhört, ist in Rotlichtkreisen ganz schön teuer: Das billigste Sektfläschchen kostet in der Tabledance-Bar 38 Euro. Weil er nicht genügend Geld dabei hatte, begleitete ihn eine Animierdame zum Geldautomaten um die Ecke, wo er 250 Euro abhob. Die Dame habe ihn unter Druck gesetzt, sagt H. Er habe das Etablissement längst verlassen wollen, sie habe aber auf den Piccolo bestanden und dabei bedrohlich etwas "von ihrem Bruder" schwadroniert.

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Jedenfalls holte sich H. das Geld, spendierte den Sekt ("Ich bin leider ein bissl gutgläubig") und wollte dann gehen. Da sei er von der Dame am Ärmel seiner Jacke festgehalten worden, woraufhin er sich losgerissen und dabei versehentlich eine Bierflasche losgelassen habe. Die Flasche, die er gerade noch in der Hand hatte, flog genau in Richtung einer Barfrau, die sich knapp wegducken konnte. Bernd H. beteuerte, das sei alles versehentlich passiert. Laut Anklage hatte er die Flasche absichtlich auf die Frau geworfen.

Richter und Staatsanwaltschaft glauben ihm kein Wort

Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Richter Matthias Enzler glaubten dem Angeklagten kein Wort. Zwei Animierdamen erinnerten sich nämlich noch recht gut an den Gast, der "ein bisserl komisch gewesen" sei, was möglicherweise an den mindestens 1,6 Promille lag, die er damals im Blut hatte. Nach den Schilderungen der Damen saß H. an der Bar und hatte Redebedarf. "Ohne Piccolo kein Quatschen", erklärten ihm die Mitarbeiterinnen der Bar, woraufhin der Mann ungehalten geworden sein soll. Er habe zuerst einen Zehn-Euro-Schein zerrissen und auf den Boden geworfen. Dann habe er sich mit anderen Gästen angelegt und die Flasche geworfen. Die Damen sahen H. noch eilig aus der Bar laufen und riefen die Polizei.

Eine Streife griff den 46-Jährigen auf. Er habe zunächst bestritten, überhaupt in der Bar gewesen zu sein, erinnerte sich ein Polizist, und dann habe er sich benommen "wie ein kleines Kind", als er mit zur Wache sollte. H. beklagte, der Beamte sei grob zu ihm gewesen, was dieser zurückwies.

Bernd H. kann von Glück sprechen, dass niemand seinen Flaschenwurf direkt gesehen hatte. Nur deshalb musste ihn Richter Enzler freisprechen.

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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