Daniela Kulot hatte wohl schon immer ihren eigenen Kopf. Vielleicht hängt das mit den vielen Bilderbüchern zusammen, die ihre Tante, eine Bibliothekarin, ihr als Kind mitbrachte. Die weckten in ihr den Wunsch, "das will ich auch machen", erzählt die 1966 im oberbayerischen Schongau geborene Autorin und Illustratorin. An ihrem Wunsch hielt sie fest, auch als sie später an der Fachhochschule Augsburg zu hören bekam: "Bilderbücher will hier jeder machen, vergiss es." In den darauffolgenden Jahren malte und textete Kulot Bücher, die sowohl durch ihre hinreißend bunten Bilder als auch durch ihren aufmüpfigen und widerständigen Humor unverwechselbar werden sollten - und die inzwischen in über zwanzig Sprachen übersetzt wurden.
Unbeirrbar wie ihre in Augsburg lebende Schöpferin sind auch ihre bekanntesten Bilderbuchhelden, das kleine Krokodil und die riesengroße Giraffe: Beide verbindet seit dem ersten Band "Ein kleines Krokodil mit ziemlich viel Gefühl" eine unverbrüchliche Liebe, auch wenn sie ihr Größenunterschied in mittlerweile fünf Bänden von einer skurrilen Situation in die nächste stürzt. Ein ungewöhnliches Liebespaar, was ihnen selbst gar nicht mehr auffällt, denn sie haben sich bestens in ihrem Haus eingerichtet. Doch das ändert sich, als sie einen Ausflug in die Giraffenstadt unternehmen. Beim Bummel durch die Geschäfte haben sie einen Heidenspaß und merken erst gar nicht, dass sie von den anderen Giraffen misstrauisch beäugt werden. Schließlich wird ihnen doch bewusst, dass sich die Giraffen über das Krokodil lustig machen. Befremdet fahren sie weiter, um ihr Glück in der Krokodilstadt zu versuchen. Jetzt ist es freilich die Giraffe, die allen auffällt.
Die Krokodil-und-Giraffe-Bilderbuchreihe ist nicht nur eine ausgesprochen witzige, sondern auch eine sehr anrührende Reflexion zum Begriff Toleranz. "Dabei gehe ich niemals thematisch vor", sagt Kulot bei der Eröffnung der Bücherschau Junior, die ihren Werken heuer eine Ausstellung widmet. Vielmehr gehe sie von der Bildidee aus, und da hatte sie eben eines Tages ein kleines Krokodil vor Augen. Dann überlegte sie sich, wer der "Gegenpart" für dieses Tier sein könnte, "also jemand, der schon rein optisch gar nicht zu einem Krokodil passt". So kam sie auf die Giraffe, und die hanebüchenen Situationen ergaben sich aus dieser Konstellation ganz von selbst. In den Kindergärten entwickelte sich die Geschichte des ungleichen Paares, das bald auch originellen Nachwuchs bekam, zu einem Renner. Weswegen der Verlag sich Fortsetzungen erbat.
"Reihen entsprechen nun einmal dem natürlichen Bedürfnis junger Leser, mehr Geschichten über ihre Lieblingsfiguren zu hören oder zu lesen", sagt Birgit Franz, Programmgestalterin der Bücherschau Junior. Natürlich dürfe im Stadtmuseum auch eine weitere Kult-Figur, der kleine Elefant aus "Nasebohren ist schön" nicht fehlen, sagt Birgit Franz. Das vor 20 Jahren erschienene Anti-Erziehungsbuch bricht mit einem Tabu, und die überraschende Wende zum Schluss liefert auch noch die besten Argumente dazu. Das gelingt Daniela Kulot sehr hintersinnig. Denn ihr sympathischer Held, der kleine Elefant, bohrt genüsslich mit seinem Finger im Rüssel.
Ebenso verfährt seine Freundin, eine zufriedene Maus, die als Nasebohrerinstrument ihren Schwanz benutzt. Nur ein kleiner Frosch ist geknickt. Ihm hat die Mama das Nasebohren streng verboten. Aber warum eigentlich? Also begeben sich die drei Freunde auf die Suche nach dem Grund. Wer den Finger in die Nase steckt, kriegt ihn "niiie wieder raus!", erklärt Frau Frosch. Papa Maus hingegen stellt eine "entsetzliche Nasenspitzenwurzelentzündung" in Aussicht. Und die Elefanteneltern warnen gar vor "Rüsselbruch". Aber dann ziehen die Kleinen weiter zu ihren Großeltern. Die bohren selber in der Nase. Und erfreuen sich trotzdem bester Gesundheit.
Bis heute hat die Geschichte vom Verbote-Verbieten mit ihrem Plädoyer für die Infragestellung unhinterfragter Regeln nichts von ihrem renitenten Charme verloren. Derzeit arbeitet Daniela Kulot an einer Fortsetzung, für die sie den frühen Band noch einmal neu illustriert hat. "Ich zeichne heute eben anders als damals vor 20 Jahren", sagt Kulot. Der neue alte Band ist ebenfalls in der Bücherschau Junior vertreten. Gemeinsam mit einem anderen alten Bekannten - dem kleinen Krokodil. Das avancierte schon vor zehn Jahren zum Logo der Bücherschau Junior.
Nasebohren ist schön , Illustrationsausstellung bis Sonntag, 6. März, 9-19 Uhr, Eintritt frei, Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1