ARD-Musikwettbewerb:Einsamer Gipfel

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Das in Nordrhein-Westfalen beheimatete Trio Orelon mit Geigerin Judith Stapf, Pianist Marco Sanna und Cellist Arnau Rovira i Bascompte gewann im Herbst den ARD-Musikwettbewerb. (Foto: Daniel Delang)

Drei Ensembles konkurrierten im Finale des Fachs Klaviertrio - Gewinner ist das Trio Orelon. Der zweite Preis ging an das Trio Amelio aus Deutschland, der dritte an das Trio Pantoum aus Frankreich.

Von Klaus Kalchschmid

Franz Schuberts Klaviertrio Es-Dur D 929 ist ein einsamer Gipfel, was die Besetzung Geige, Bratsche und Klavier angeht. Kein Wunder also, dass im Finale dieses Fachs beim ARD-Musikwettbewerb im Prinzregententheater am Anfang die Franzosen des Trio Panthoum und am Ende das Trio Orelon dieses Werk darboten, freilich in denkbar unterschiedlichen Interpretationen. Zuerst wurde es ohne die Kürzungen im Finale gespielt, welche die Proportionen empfindlich stören und die Schubert für den Druck vornehmen musste, sowie mit allen vorgesehenen Wiederholungen in Exposition und Scherzo. Das andere Mal gleichsam in geraffter Form und ohne alle Wiederholungen!

Mit der Wahl der unterschiedlich langen Fassungen ging auch der Charakter des Musizierens einher: Zu Beginn dominierte neben einem weitem Atem für die "himmlischen Längen" (Schumann über die C-Dur-Symphonie) eine bestechende französische "Clarté". Sie war verbunden mit einer Gefasstheit des Ausdrucks, die man nicht mit Nüchternheit oder Neutralität verwechseln darf. Am Ende gab es in der Konzentration die leidenschaftliche Gestaltung mit enormer, freilich immer wohldosierter Expression. Sie ging direkt zu Herzen. Hier bekam das gekürzte Finale ohne die dritte Reminiszenz an das traumhaft schöne Thema des langsamen Satzes etwas flirrend Fließendes.

Beide Haltungen, die nicht zuletzt auch stilistisch konträr sind, werden dem Werk auf ganz unterschiedliche Weise gerecht. Aber natürlich bot das Trio Orelon den unmittelbareren Zugang, besaß der Ton von Geige und Cello mehr Farbe und Seele, war umgekehrt das Klavier zurückhaltender und begleitete meist eher, als dass es die Führung übernahm. Umgekehrt waren Virgile Roches glasklarer Anschlag und sein flüssiges Parlieren ungemein faszinierend. Er war neben seinen Streicherkollegen vom Trio Pantoum durchaus gleichberechtigter, manchmal sogar dominierender Partner.

Das Trio Orelon gewann nicht nur das Finale - sondern errang auch den Publikumspreis

Weil Marco Sanna am Flügel, Judith Stapf (Geige) und der Cellist Arnau Rovira Hans Werner Henzes zwölftönige Kammersonate von 1948 ebenfalls überragend spielten, exakt zwischen dem Glasperlenspiel der Franzosen und der etwas vordergründigen Expression des Amelio Trios, errangen sie den ersten und auch den Publikumspreis.

Die Franzosen landeten leider nur auf dem dritten Platz, während Philipp Kirchner, Klavier, die Geigerin Johanna Schubert und die Cellistin Merle Geißler vom Amelio Trio wohl auch dank ihres überragenden Beethoven (op. 70/1) im Semifinale nun den zweiten Preis errangen. Für das Finale hatten sie Schuberts B-Dur-Trio D 898 gewählt. Wann immer Geige und Cello sanft und leise zusammen musizierten, wie etwa im "Andante un poco mosso" oder im Trio des Scherzo, war man beglückt. Doch es gab auch Stellen, an denen der vollmundig satte Ton der Geige sich in den Vordergrund schob und das Gleichgewicht etwas störte, obwohl Merle Geißler am Cello selbstbewusst dagegenhielt. Nach den Franzosen war dieses Musizieren mit viel Nachdruck das andere Extrem, wo doch Schuberts Musik ihre ganze Schönheit entfaltet, wenn man sie einfach geschehen lässt.

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