Architektur:Sauschön renoviert

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Das Haus eines Schusterbauern wurde im 18. Jahrhundert in Alt-Riem bei München erbaut. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Ein Bauernhof im alten Dorfkern von Riem war fast komplett verfallen, nun ist er renoviert worden. Das Ergebnis ist ein spannender Mix aus Moderne und Tradition.

Von Alfred Dürr

Langweilige Stangenware, seelenlose Investoren-Architektur: Diese Kritik kommt oft, wenn es um die Gestaltung von Neubau-Vierteln oder um aktuelle moderne Objekte in gewachsenen Quartieren geht. München gilt dann nicht als Vorreiter für innovative Baukunst. Jetzt wurde ein beeindruckendes Gegenbeispiel fertiggestellt, das alles andere ist als eine Allerweltsimmobilie in der Kategorie Zweifamilienhaus. Das umfangreich renovierte Schusterbauerhaus im idyllischen Ortskern Alt-Riem, das dort als das ältestes Bauwerk gilt, überzeugt mit einer gelungen Mischung aus Alt und Neu.

Vor zwei Jahren war das fast gänzlich verfallene Gebäude mit Wohntrakt und Stallung aus dem 18. Jahrhundert im Internet zum Kauf angeboten worden. Seine Eigenschaft als Denkmal bewahrte das einst stattliche Anwesen davor, dass es dem Erdboden gleichgemacht wurde. Heute ist der Hof immerhin das letzte Zeugnis einer bäuerlichen Baukultur in diesem Stadtteil. "Ich war sofort fasziniert von dem Haus", berichtet der Immobilienentwickler Stefan Höglmaier. Seine Wahl fiel auf den Architekten Peter Haimerl. "Jeder andere hätte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, aber bei ihm blitzten sofort die Augen", sagt Höglmaier.

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:Alles neu im Schusterbauernhaus

Erst komplett verfallen, nun komplett renoviert: Das Schusterbauernhaus ist ein beeindruckendes Beispiel für architektonischen Mut.

Moderne Doppelhaushälften mit bäuerlichem Charme

Entstanden sind zwei Wohneinheiten mit jeweils 150 Quadratmetern Fläche, das klassische Raumprogramm für Doppelhaushälften. Der Mietpreis soll jeweils bei rund 3000 Euro im Monat liegen. Aber innen und außen ist der Schusterbauerhof ganz und gar nicht konventionell. Wo einst vor dem Haus der Misthaufen war, liegt nun eine große hölzerne Funktionskiste. In dieser befinden sich ein Lager, der Fahrradabstellplatz, die Mülltonen und eine Sitzecke mit verschiebbarem Dach.

Von der historischen Substanz des Gebäudes - also etwa gezimmerte Wände und Holzdecken - sollte so viel wie möglich erhalten bleiben. Die Räume sind niedrig, die Böden teilweise uneben, die ursprünglichen Wände mit ihren vielen Farbschichten bilden spannende dekorative Elemente. Im ehemaligen Stall wurde eine großzügige Wohnküche eingerichtet, darüber liegt ein modernes Badezimmer.

Ein Betonkubus ermöglicht Räume auf verschiedenen Ebenen

Das Charakteristikum der zweiten Wohnung ist ein eingebauter Betonkubus. Dieser ermöglicht es, verschiedene Räume auf mehreren Ebenen zu schaffen. Es entstehen dabei interessante Sichtbeziehungen und außergewöhnliche Lichteffekte. Die Wände sind mit grauem Filz bespannt, was den Schall deutlich dämpft.

Die Schöpfer des neuen Schusterbauerhauses sind keine Unbekannten in der hiesigen Immobilienszene. Stefan Höglmaier setzt mit seinem Unternehmen Euroboden nicht nur auf kommerziell erfolgreiche Objekte, er legt größten Wert auf gute Architektur und hat sichtlich Spaß am Experiment. Peter Haimerl schuf zum Beispiel mit der Salvatorgarage das schönste Parkhaus Münchens. Der Entwurf für das vielfach gerühmte Konzerthaus im niederbayerischen Blaibach stammt auch von ihm. Mit dem Schusterbauerhaus haben beide nun ein weiteres Schmuckstück in ihren Werkverzeichnissen.

© SZ vom 01.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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