Jungstötter im Ampere:Wolf im Käfig

Lesezeit: 2 min

Der Sänger Fabian Altstötter gab sich den Künstlernamen Jungstötter. (Foto: Clemens Schmiedbauer)

Seine Stimme erinnert an Brian Ferry oder David Sylvian, aber sein Sound ist sehr eigen, dunkel und melancholisch: Jungstötter tritt am 16. Mai im Ampere auf.

Von Lars Langenau

Das Rollingstone Beach Festival 2019 war für manche eine erste Gelegenheit, dem Sänger Fabian Altstötter zu begegnen. Und was für eine. Schon allein seine Bühnenpräsenz ist beeindruckend: Wie ein Wolf im Käfig tänzelt, taumelt er rastlos auf der Bühne. Sein Blick schweift ziellos im Raum umher. Die Verzweiflung und Melancholie seiner wunderbar sonoren Stimme packt. Zack, war man süchtig nach der Hingabe, der Eleganz dieser Erscheinung. Doch der Sänger machte sich rar - und bald danach kam die Pandemie.

Gestartet ist Altstötter vor eineinhalb Jahrzehnten als Sänger von Sizarr aus Landau in der pfälzischen Provinz mit Marc Übel und Philipp Hülsenbeck. Bereits das Debüt der Indie-Rock-Pop-Elektro-Band stieg in die deutschen Charts ein, danach spielte das Trio europaweit auf Festivals. 2018 löste sich die Band nach zwei erfolgreichen Alben auf, weil sich die Mitglieder musikalisch anders entwickelten - und sie nicht im Mainstream untergehen wollten. Fabian Altstötter zog nach Berlin und startete seine Solokarriere mit einem Namenswitz: Aus Altstötter wurde Jungstötter.

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2019 erschien sein gefeiertes Solodebüt "Love is". Ein ebenso intimer wie zeitloser Mix aus Glam-Rock, Post-Pop, New Wave und jazziger Avantgarde. Immer wieder wird der Bariton seines schmachtend, sanft-warmen Crooner-Stils mit Scott Walker oder Tim Harding verglichen. Oder mit David Bowie, Bryan Ferry, David Sylvian von Japan, Thom Yorck, Mark Hollis von Talk Talk oder Tuxedomoon. Wegen der Düsterheit seiner Songs und Stimme wurde er als der "deutsche Nick Cave" bezeichnet.

Im gemeinsamen Podcast des Goethe-Instituts und BR-Zündfunks sagte er kürzlich, dass er damit überhaupt keine Probleme habe. Schließlich seien es Referenzen von sehr geschätzten Künstlern und Künstlerinnen. "Unendlich viele Menschen" hätten ihn beeinflusst. Ganz oben auf der Liste: Nina Simone. Grundsätzlich sei das verbindende Element nicht die Genrezugehörigkeit, sondern ihn berührt "die Fähigkeit, Gefühle in Text und Musik auszudrücken". Bei ihm ist das sicher die ihm innewohnende Nachdenklichkeit und Schwermut. Auf die Frage, wie er selbst seine Musik beschreiben würde, hat er einmal geantwortet: "als sehr, sehr traurig."

2021 rutschte er in eine Lebenskrise

Altstötter ist mit der österreichischen Musikerin Anja Plaschg, Soap & Skin, zusammen, zog 2019 von Berlin nach Wien. Sie inspiriere ihn musikalisch, sagt er in dem Podcast, aber "nicht unmittelbar" für sein neues Album. Aber klar, als seine Partnerin habe sie "sicherlich einen Einfluss" auf seine Gefühlswelt. Und was nicht ist, könne ja noch werden: "Weil wir, glaube ich, beide auch so romantisch veranlagt sind, dass wir denken, dass wir noch ziemlich viel Zeit haben, um das zu verwirklichen."

2021 rutschte er in eine Lebenskrise, alles war ihm zu viel geworden. Die Musik für sein Ende April erschienenes zweites Album "One Star", mit dem er gerade tourt, sei danach entstanden. Es ist deutlich orchestraler, bombastischer, aber ebenso traurig voller Herzschmerz wie sein Debüt. Der Druck unter dem man sich als Kunstschaffender befinde, sagt er weiter im Podcast, sei "enorm". Auch sein neues Werk habe "deutliche Spuren hinterlassen". Er könne jeden verstehen, der sich zurückziehe. Für seine Fans bleibt zu hoffen, dass dieser Wolf weiter an seinem Käfig rüttelt - und ausbricht.

Jungstötter , Di., 16. Mai, 19 Uhr (Einlass), Ampere, www.muffatwerk.de

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