Doch plötzlich kommt Bewegung in die Angelegenheit: Nachdem vor einer Woche eine Bürgerinitiative 23 000 Unterschriften für den Erhalt des Elisabethmarkts im Rathaus abgegeben und eine Woche zuvor der CSU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Stefinger den Verein "Freunde des Viktualienmarkts" gegründet hatte, reagierte das Kommunalreferat prompt: Am kommenden Dienstag will Referent Axel Markwardt erstmals öffentlich erläutern, was mit dem Viktualienmarkt möglicherweise geschehen wird. In einem derzeit leer stehenden Standl wird es von Mittwoch an einen Infostand geben und am Donnerstag soll der Stadtrat den Plan des Kommunalreferats absegnen, ein Bürgergutachten zur Sanierung des Markts erstellen zu lassen.
Konkrete Pläne liegen dabei noch gar nicht auf dem Tisch, auch wenn nach einem Wettbewerb, den das Kommunalreferat im vergangenen Jahr ausgelobt hatte, bereits die Architekten von "bogevischs buero" mit den Landschaftsarchitekten von "bauchplan" damit beauftragt wurden, ein Zukunftskonzept für den Viktualienmarkt zu erstellen. Dabei betont das Kommunalreferat unermüdlich, mit der Sanierung wolle man "die Zukunft des Marktes sichern", den Händlern ein "optimales Arbeitsumfeld" bieten und gleichzeitig "den einzigartigen Charme und Charakter des Marktes bewahren".
Im Kommunalreferat weiß man sehr wohl, wie heikel die Sanierung werden könnte. Schließlich sind bereits in Haidhausen und in Schwabing die Emotionen wegen der dort geplanten Marktsanierungen hochgekocht. "Am Wiener Platz sind wir sicherlich etwas übers Ziel hinausgeschossen", räumt Bernd Plank vom Kommunalreferat ein. Dort habe man sogar die Machbarkeitsstudie der Öffentlichkeit präsentiert, die nur bedingt etwas mit der konkreten Planung zu tun gehabt habe. Der Aufschrei war entsprechend groß, Oberbürgermeister Dieter Reiter musste einschreiten und die Abrisspläne einkassieren.
Diese Erfahrung von vergangenem Sommer lässt CSU-Parlamentarier Stefinger skeptisch bleiben. Am Viktualienmarkt dürfe es "kein Tabula rasa geben", der Markt müsse "Stand für Stand" behutsam saniert werden, fordert der 31-Jährige. Auch die Hygienevorschriften, die mit ein Grund für die Sanierung sind, ließen einen sehr weiten Spielraum bei der Auslegung. Und schließlich sei man ja "kein Entwicklungsland", was die hygienischen Verhältnisse angehe, meint Stefinger.
Er fordert auch, die Händler in die Planungen am Viktualienmarkt einzubeziehen. Die Sympathie vieler Händler dürfte Stefinger deshalb gewiss sein, was den Druck auf das Kommunalreferat weiter erhöht: Der CSU-Abgeordnete hat sein Münchner Thema für die Bundestagswahl am 24. September somit gesetzt. Auch für Elke Fett ist der Politiker ein wichtiger Trumpf. Die Vorsitzende der Interessengemeinschaft der Viktualienmarkthändler (IGV) pflegt engen Kontakt mit Stefinger. "Wir sind ja nicht gegen eine Sanierung, aber für eine sanfte." Öffentliche Toiletten und auch eigene für die Händler fordert sie schon lange, die Sanierung des Markts habe die Stadt "20 Jahre versaubeutelt". Schließlich "wollen wir's doch auch schön", sagt die Marktfrau.
Um ihre Verhandlungsposition mit der Stadt zu verbessern, hat sie neben Stefinger noch einen weiteren Joker: Kultusminister Ludwig Spaenle. Der hat den Markt ins "bayerische Landesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes" aufnehmen lassen - wofür Fett lange gekämpft hat. Im März sollte eigentlich die Übergabe eines entsprechenden Messingschilds sein, doch der Termin ist verschoben, bis klar ist, wie es mit dem Markt weitergeht. Mit dem immateriellen Kulturerbe ist es aber so eine Sache: Es wird lediglich gewürdigt, dass der Markt als Einrichtung "in besonderer Weise die urbane Markttradition" verkörpere. Die Standl in ihrem Zustand zählen sicherlich nicht zum Kulturerbe.