"Hirmerei" in Allach:"Das ist jetzt der konkrete Anfang"

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Bauherren präsentieren Planungen für die "Hirmerei" südlich des S-Bahnhofs Karlsfeld. Vorgesehen sind 233 Wohnungen, eine Kita, Gastronomie, Gemeinschaftsräume für Bewohner und ein gartenartiger Park.

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Ein Jahr lang hat das Siegerteam nach der Präsentation der Ergebnisse des Realisierungswettbewerbs im Oktober 2019 seine Pläne für das Neubaugebiet "Hirmerei" noch überarbeitet. Das Baufeld wurde verkleinert, die Bebauungslänge entlang der nördlichen Eversbuschstraße um fast ein Drittel reduziert, die öffentliche Grünfläche im Norden vergrößert. Mit dem neuen Entwurf der Architekten des Münchner Büros Palais Mai und der Landschaftsarchitekten und Stadtplaner Grabner Huber Lipp (ghl) aus Freising zur Einleitung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans hat sich nun der Bezirksausschuss befasst.

Wie der Name schon sagt, wird dabei erst das konkrete Vorhaben ausgearbeitet, über das dann sozusagen der Bebauungsplan drübergelegt wird, erklärte Bernd Willer vom Planungsreferat in der Sitzung bei der Präsentation der Pläne, zu der auch Christian Hirmer von der Bauherrin Hirmer Allach GmbH & Co. KG gekommen ist. "Das ist jetzt der konkrete Anfang", sagte Willer. 233 Wohnungen für rund 550 Einwohner will die Hirmer-Gruppe südlich des S-Bahnhofs Karlsfeld auf dem Acker im Dreieck zwischen Eversbuschstraße, Otto-Warburg-Straße und Bahnlinie errichten, 90 davon im geförderten Wohnungsbau. Der Großbaukörper windet sich wie ein gezacktes, gebogenes Metermaß, dessen Glieder vor- und zurückspringen um die privaten Wohnhöfe und Aufenthaltsräume im Inneren. Im Süden und Norden sind öffentliche Grünflächen vorgesehen. "Nicht einfach nur ein Park, sondern ein Garten als gefasster Raum, ein neuer Typus von Freiraum, wie man sie vielleicht aus Klostergärten kennt", sagte Architekt Peter Scheller. Hinzu kommen eine Kita mit jeweils zwei Kindergarten- und Krippengruppen im Süden, Gastronomie im Norden und Gemeinschaftsräume für die Bewohner. Entlang der Eversbuschstraße wird drei- bis viergeschossig gebaut, in Richtung Bahn fünf- und sechsgeschossig. Die Eversbuschstraße selbst wird mit einem Gehweg, Baumgraben und Parkstreifen ausgestattet. Von ihr aus führen vier Eingangsbauten in das Wohngebiet. Dort ist auch die Zufahrt zur ringförmig angelegten eingeschossigen Tiefgarage vorgesehen, das Wohngebiet selbst ist autofrei.

Grünen-Fraktionssprecher Falk Lamkewitz sprach von einer sehr durchdachten und hochwertigen Architektur. "Mir gefällt der Entwurf sehr gut", sagte er. Doch mehr als Baukunst, Fassaden oder Gemeinschaftsdachgärten stand im Fokus der Diskussion die freigehaltene Trasse entlang der Bahn, die mit dem eigentlichen Gegenstand der Anhörung aber nichts zu tun hatte. Wie seinerzeit vom Bezirksausschuss gefordert, entschied der Stadtrat, dass zwischen Baugebiet und Gleisen ein 20 Meter breiter Streifen auf einer Länge von 250 Metern freibleiben müsse. Dort wünschen sich wenn auch nicht alle Stadtteilvertreter eine zweite Nord-Süd-Straßenverbindung von der Pasteurstraße bis zum S-Bahnhalt Karlsfeld, um die Eversbuschstraße entlasten zu können. Doch hat der Stadtrat bisher weder eine Straße beschlossen noch eine andere Nutzung. Die Fläche verbleibe im Eigentum der Hirmer-Gruppe bis zur Konkretisierung der Pläne für die Straße, heißt es aus der Hirmer-Gruppe. Dann werde sie im üblichen Rahmen wie immer bei Straßenbau gegen eine geringe Entschädigung an die Stadt übertragen.

Während Isabella Wach (ÖDP) eine zeitgleiche Machbarkeitsstudie für die Straße forderte - wenn nicht umsetzbar, könnte ja die Bebauung in Richtung Bahn rücken - und auch gleich noch den Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München wegen der "Schnittstelle" zum benachbarten Karlsfeld im Landkreis Dachau einbinden will, positionierte sich Julia Zimprich (Grüne) klar gegen die Straße, weil sie noch mehr Verkehr in ein Grüngebiet hole. Auch die CSU dringt auf eine zeitlich parallele Planung. Die Straße sei ein ganz zentraler Punkt, die Eversbuschstraße sei eh schon belastet und es kämen fast 200 zusätzliche Fahrzeuge hinzu, sagte Stefanie Martin (CSU), Vorsitzende des Unterausschusses Planung und Bau. Unabdingbar auch für Florian Wimmer (CSU): Sie trage nicht nur zur Entlastung, sondern auch zur Akzeptanz der Nachbarn für das Wohngebiet bei. Lamkewitz sagte, er glaube nicht, dass dort jemals eine Straße hinkommen werde. "Ein freier Streifen ist doch gut für die Natur."

Friedrich Schneller (SPD) wies auf die fehlende Freischankfläche der Gastronomie hin, die nicht vorgesehen ist. Irgendein Bereich müsse hin, forderte er, sonst würde diese nicht funktionieren und es gäbe alle drei Monate einen Pächterwechsel. "Die Leute wollen doch draußen sitzen", sagte er. CSU-Fraktionssprecherin Gabriele Hartdegen geht wie auch einem Anwohner ein Fahrradweg in der Eversbuschstraße ab. Das passe dem Planungsreferat auch nicht, sagte Willer. Aber man müsse sich an die verfügbare Fläche halten. Grundsätzlich sei der Entwurf immer noch veränderlich, so lange es dafür Gründe gebe. In die BA-Stellungnahme einfließen wird, ob es bei der Sozialgerechten Bodennutzung (Sobon) bei der noch alten Regelung von 40 Prozent für geförderte und preisgedämpfte Wohnungen bleibt, oder die neuen 50 Prozent gelten. Geprüft werden soll auch, ob es eine direkte Ausfahrt aus der Tiefgarage in die Otto-Warburg-Straße geben könne, ebenso einen Radweg und eine Begrünung der Fassaden. Die Themen rund um die Trasse fanden keinen Eingang und sollen separat in der nächsten Sitzung behandelt werden. Die zu erwartenden Proteste von Bürgern, die sich zuletzt bei der Präsentation der Siegerentwürfe Bahn gebrochen hatten, blieben in der BA-Sitzung aus.

Voraussichtlich im März wird der Stadtrat dann über den Beschlussentwurf befinden. Danach geht es in den nächsten zweieinhalb Jahren den üblichen Verfahrensgang mit noch vertiefenden Untersuchungen, Auslegungen, Billigung, Bürgerbeteiligungen bis hin zum Entwurf für einen Satzungsbeschluss. Wenn alles gut geht könnten die ersten Wohnungen in der "Hirmerei", so die Schätzungen der Planer und Architekten, dann in viereinhalb bis fünf Jahren stehen.

© SZ vom 18.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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