Landgericht:Piper-Verlag klagt gegen AfD-Fraktion - wohl vergeblich

Lesezeit: 2 min

  • Die thüringische AfD-Fraktion hat das Cover des Buches "Aufstehen statt wegducken" von Außenminister Heiko Maas verfremdet auf der Facebook-Seite des Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke veröffentlicht.
  • Das Buch erschien im Piper-Verlag, der geht nun gegen die AfD vor.
  • Erfolg wird er damit vermutlich nicht haben: Das Gericht deutete bereits vor dem Urteil an, dass es die Manipulation als Satire ansieht.

Von Stephan Handel

Der in München ansässige Piper-Verlag wird aller Voraussicht nach mit einer Klage gegen die AfD im thüringischen Landtag scheitern. Er geht gerichtlich gegen die Fraktion vor, weil diese das Cover eines Piper-Buches verfremdet auf der Facebook-Seite des Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke veröffentlicht hat. Auch wenn am Mittwoch noch kein Urteil gesprochen wurde, machte die 25. Zivilkammer des Landgerichts München I in der mündlichen Verhandlung sehr deutlich, dass sie die Manipulation als von der Satirefreiheit gedeckt ansieht.

Das Buch, um das es geht, hat Heiko Maas geschrieben, ehemals Bundesjustiz-, nun Außenminister. Es heißt "Aufstehen statt wegducken" und trägt den Untertitel "Eine Strategie gegen Rechts". Kaum war es erschienen im Sommer des vergangenen Jahres, reagierte die AfD: Sie nahm das Cover, änderte die Unterzeile in "Eine Strategie gegen das Recht" und baute es in eine Foto-Collage ein, in der der Minister beschuldigt wurde, aus seinem Ministerium heraus Wahlkampf zu betreiben.

Neben der Collage stand auf Facebook ein Text von Höcke. Dort wirft er dem Minister vor, sein Amt zu missbrauchen, um die freie Meinungsäußerung zu beschneiden, "Zensur und Überwachung" einzuführen - die "Blockparteien" verlören vor der damals anstehenden Bundestagswahl "die letzten Hemmungen". Überschrift des Begleittextes: "Die Bundesrepublik als Gesinnungsstaat."

Das wollte sich der Verlag nicht gefallen lassen, mahnte die thüringische AfD-Fraktion und Höcke ab und erwirkte schließlich eine Einstweilige Verfügung. In der Hauptsache-Verhandlung aber sah die Kammer die Angelegenheit nun ganz anders. Ein entscheidender Punkt in der Argumentation von Petra Gröncke-Müller, der Vorsitzenden Richterin, war dabei die Tatsache, dass der Namenszug des Verlags, auf dem Original-Cover rechts unten angebracht, in der AfD-Montage nicht zu sehen war - der Verlag hatte sich in seiner Klage auf sein Persönlichkeitsrecht berufen, das juristischen Personen, also zum Beispiel Unternehmen, ebenso zusteht wie natürlichen, also echten Menschen.

Da fand die Richterin aber, dass sich die Kritik Höckes und seiner Fraktion ja gar nicht gegen den Verlag richte, sondern gegen den Autor. Zudem stelle sich die Frage, "ob das satirisch gemeint ist", was AfD-Anwalt Sascha Schlösser freudig bejahte. Gröncke-Müller: "Satire ist ja nicht nur lustig, sie kann auch bösartig sein."

"Nicht alles, was die AfD schreibt, ist Satire - obwohl ich mir das manchmal wünschen würde"

Jörg Nabert, der Anwalt des Verlags, sah die Sache naturgemäß ganz anders: Die Fotomontage sei auf der Seite einer politischen Partei veröffentlicht worden. Da sei die Frage, ob der durchschnittliche Leser dort Satire erwarte - und ob es ihm möglich sei, satirische Beiträge von ernst gemeinten zu unterscheiden: "Nicht alles, was die AfD schreibt, ist Satire - obwohl ich mir das manchmal wünschen würde." Ein Buchverlag müsse es sich nicht gefallen lassen, dass sein wichtigstes Verkaufsinstrument, der Titel und die Titelseite eines Buches, in sein Gegenteil verkehrt werde. Dass der durchschnittliche Leser einer AfD-Seite zwischen Ernst und Satire unterscheiden könne, bezweifelte Nabert: "Die Leserschaft ist ja nicht gerade politisch hochgebildet. Woher soll sie wissen, was wahr und was falsch ist? Da wird ja jeden Tag Unsinn verzapft."

Überzeugen konnte der Rechtsanwalt die Kammer offensichtlich nicht - auch nicht durch seinen an die drei Richter gerichteten Schlusssatz: "Alle Ihre Argumente sind falsch." Er hat nun noch Zeit für einen weiteren Schriftsatz, das Gericht wird seine Entscheidung dann am 19. Oktober verkünden.

© SZ vom 06.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Satire
:Nachäffen allein ist nicht genug

Komiker haben dem Irrsinn der Welt gerade vor allem Parodien entgegenzusetzen. Das ist faul, selbstgerecht und das glatte Gegenteil von kämpferisch.

Von Jens-Christian Rabe

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken
OK