Deutscher BMX-Profi beim Munich Mash:"BMX ist nicht so Mainstream wie Skateboarden"

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Das Schöne ist, dass ich einfach zwei Tage Pause machen kann, wenn mir mal nicht nach Fahren ist": BMX-Profi Daniel Tünte. (Foto: red bull content pool)

Daniel Tünte ist einer von drei deutschen Profis beim Munich Mash, dem Treffen der weltbesten Actionsportler. Ein Gespräch über Stürze, kopfschüttelnde Passanten und den neuen Kurs in der Olympia-Eishalle.

Interview von Sebastian Winter

In einer Woche startet die zweite Auflage des Munich Mash: Am 27./28. Juni treffen sich die weltbesten Skateboarder, BMX-Fahrer und Freestyle-Mountainbiker im Olympiapark. Mehr als 50 000 Zuschauer erwarten die Verantwortlichen. In einer Interview-Serie der SZ kommen die "Locals" zu Wort, jene Profis, die Deutschland bei diesem Wettbewerb vertreten. Daniel Tünte, 23, zählt mit Bruno Hoffmann und Felix Prangenberg zu den erfolgreichsten Street-BMX-Fahrern Deutschlands. Alle fahren beim Munich Mash - Tünte erzählt über neue Strömungen in seinem Beruf und heftige Stürze.

SZ: Herr Tünte, haben Sie Narben?

Daniel Tünte: Narben?

Na ja, von Stürzen beim BMX-Fahren.

Ah, nicht wirklich, jedenfalls keine OP-Narben, wenn Sie das meinen. Klar gibt es immer mal wieder Kratzer, Cuts, Schürfwunden, ich habe mir auch schon ein paar Mal das Handgelenk gebrochen und Bänder gerissen. Aber zwei Jahre, nachdem ich mit BMX angefangen habe, bin mal auf den Kopf gefallen.

Sie trugen hoffentlich einen Helm?

Ich hatte gerade eine Pause gemacht und es leider verpeilt, den Helm wieder aufzusetzen. Ich bin dann bei einem Trick blöd auf den Hinterkopf gefallen, lag dann im Skatepark auf dem Asphalt und ... das, was ich jetzt berichte, kenne ich nur aus Erzählungen: Ein Kumpel von mir kam entspannt zu mir, weil er dachte, ich bleibe so verschnaufpausemäßig auf dem Boden liegen. Ich war aber bewusstlos, verdrehte meine Augen, mir trat Schaum aus dem Mund - ein epileptischer Anfall. Er rief dann sofort den Krankenwagen. Nach einer Woche konnte ich wieder Radfahren.

Mögen Sie das Risiko?

Man muss das Risiko kennen und wissen, was passieren kann. Dann kann man sich auch darauf konzentrieren, dass so etwas eben nicht passiert. Man sollte aber auch nicht jedes Mal, wenn man fährt, daran denken, jetzt gleich möglicherweise hinzufallen. Aber das ist schon im Hinterkopf.

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Beim Actionsport-Festival Munich Mash fahren Sie im Wettbewerb "BMX Street Rink". Wie kommt man überhaupt dazu, so einen Sport zu betreiben und nicht Fußball oder Basketball zu spielen?

BMX ist nicht so ein Vereins- oder Teamsport, wo man feste Trainingszeiten hat. Das Schöne ist, dass ich einfach auch mal zwei Tage Pause machen kann, wenn mir mal nicht danach ist. Mir hat früher aber das Rad gefehlt. Als kleiner Junge bin ich dann eben mit meinem Baumarkt-Mountainbike durch den Wald gefahren und über Wurzeln oder kleine Hügel gesprungen. Mit 13 haben mir meine Eltern ein BMX-Rad geschenkt. Ich bin dann nach der Schule auf Miniramps und am Wochenende mit Kumpels im Zug oder mit den Eltern zu den ersten Contests.

Mittlerweile sind Sie Profi und fahren erfolgreich bei großen Wettbewerben mit.

Ja, im April war ich gerade zum fünften Mal in Serie bei der Simple Session in Tallinn, dann beim Highway to Hill in Berlin, in Flensburg beim Butcher Jam. Wenn es beim Munich Mash gut läuft, wäre das ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Denn ich wäre nächstes Jahr gerne bei der Dew-Tour (US-Profitour) dabei. Man wird dort eingeladen, und die Leute, die darüber entscheiden, schauen sich neben Videos auch die Platzierungen bei Contests wie dem Mash an.

Wird man als BMX-Fahrer reich?

Schwierig. So viel Geld wie zu Boomzeiten in den Achtzigern und Neunzigern fließt nicht mehr. Damals gab es noch viel mehr große Contests und hohe Preisgelder. Seither geht es mal bergauf, mal bergab, selbst die Dew Tour in den USA ist kleiner geworden. BMX ist eben nicht so ein Mainstreamsport wie zum Beispiel Skateboarden.

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Womit verdienen Sie Ihr Geld?

Von den Sponsoren bekomme ich ein monatliches Gehalt, das vergleichbar mit dem in einem normalen Bürojob ist. Bei Videos, die wir für sie drehen, kommt es auf den Deal an, den man mit den Sponsoren hat, und darauf, wie viele Leute sich die Filme anschauen. Zusätzlich gibt es manchmal Shows. Letztens war ich im Legoland, bin ein, zwei Tage gefahren und habe dafür Geld bekommen. Und dann eben mit Contests wie München.

Reizt Sie der Kurs in der Olympia-Eishalle mit den Geländern, Rampen, Treppen?

Er hat mir letztes Jahr schon gefallen. Es gibt viele verschiedene Rails (Geländer), die ich gerne fahre. Das Streetfahren ist generell sehr technisch geworden, man reiht mittlerweile mehrere Tricks aneinander, was man beim Mash gut machen kann. Und die Gegner, vor allem die Amerikaner, sind die Besten der Welt.

Wie Garrett Reynolds, der mehrmalige X-Games-Sieger.

Vor ein paar Wochen ist Garretts neues Video rausgekommen. Der Typ ist so krass, das hat man sich bei fast jedem Trick in dem Film gedacht. Die Hälfte seiner dort gezeigten Tricks wurde wahrscheinlich noch nie gemacht, die andere Hälfte war so neu und kreativ, dass man trotzdem gedacht hat: Wow! So etwas war vorher noch nicht da.

Die Amerikaner zählen zu den Favoriten, aber was ist mit Ihnen?

Ins Finale zu kommen und dort nicht Letzter zu werden, das wäre schon gut. Dieses Jahr sind es ja nur zwölf Fahrer, also kommen sechs ins Finale. Ein Platz besser als letztes Jahr, als ich Fünfter wurde, damit wäre ich zufrieden.

Reynolds kommt aus dem New Yorker Vorort Toms River, er wuchs im urbanen Umfeld auf. Sie hingegen wohnen noch in ihrem Heimatort Telgte im Münsterland. Kein BMX-Eldorado?

Da gibt es leider nicht so viele Leute, mit denen ich fahren kann. Und auch nicht wirklich gute Streetspots, sondern nur einen wirklich kleinen Skatepark mit drei Rampen. Da kann man sich schon mal aufhalten, aber nicht auf dem Level fahren, das ich fahren will und kann. Das mache ich oft in Berlin, wo es viele Streetspots und den Mellowpark gibt.

Werden Sie eigentlich oft komisch angeschaut, wenn Sie sich mit Ihrem Rad mal wieder mitten in der Stadt ein Geländer hinabstürzen oder über Mauern fahren?

Nicht nur komisch angeschaut, auch manchmal blöd angemacht. BMXer nutzen den urbanen Raum anders, als es von Architekten gedacht war, und auf jeden Fall anders, als man es als Laie gewohnt ist. Wir rutschen Treppengeländer auf unseren Rädern runter und halten uns nicht daran fest. Oder wir schmieren Steinmauern oder Wände mit speziellem Wachs ein, damit sie rutschiger werden und das Rad besser gleitet. Das stößt oft auf Unverständnis, es gibt Leute, die sich dann beschweren. Manche bleiben aber auch stehen und klatschen spontan, weil sie das noch nie gesehen haben und gut finden.

© SZ vom 19.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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