Profi-Skateboarder Denny Pham beim Munich Mash:"Barcelona ist ein anderes Level"

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Gut Holz: Denny Pham braucht keine Bank, um sich auszuruhen. Sein Skateboard bietet ihm auch eine wunderbare Sitzgelegenheit. (Foto: Imago)

Denny Pham ist der einzige deutsche Skateboard-Profi beim Munich Mash. Im Interview spricht über den Kurs im Olympiapark, seine Ziele und die Hotspots der Szene.

Interview von Sebastian Winter

In zwei Wochen startet die zweite Auflage des Munich Mash: An zwei Tagen treffen sich dann die weltbesten Skateboarder, BMX-Fahrer und Freestyle-Mountainbiker im Olympiapark. Mehr als 50 000 Zuschauer erwarten die Verantwortlichen. In einer Interview-Serie der SZ kommen die "Locals" zu Wort, jene Profis, die Deutschland bei diesem Wettbewerb vertreten. Den Anfang macht der Berliner Denny Pham, 25, der seit Jahren erfolgreich in der internationalen Skateboard-Szene mitmischt - und 2014 nur knapp das Finale beim Munich Mash verpasste.

SZ: Sie gelten als bester deutscher Skateboarder. Dennoch Respekt davor, in München auf die Weltelite zu treffen?

Denny Pham: Ach, ich freue mich erst einmal sehr auf München. Man sieht neue Gesichter, die man bislang nur aus den Medien kannte, und auch viele Freunde. Ich bin zuversichtlich, dass das ein gutes Wochenende wird. Wenn die Stars bei so einem Event aufeinanderprallen, werden die sich gegenseitig pushen mit ihren Tricks. So einen Contest bekommt man nicht alle Tage zu sehen und er ist auch eine gute Chance für die Zuschauer, Skateboard auf diesem Level näher kennen zu lernen.

Kennen Sie den Kurs in der Olympia-Eishalle schon?

Ich weiß ungefähr, was mich erwartet. Er sieht auf jeden Fall ein bisschen interessanter aus als im letzten Jahr. Damals war der Parcours eher BMX-lastig, weil Skateboard kurzfristig noch ins Programm gerutscht ist. Dieses Jahr wurden wir stärker beachtet. Wir haben mehr Möglichkeiten.

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Was war das Problem letztes Jahr?

Beim BMX sind die Rampen in anderen, größeren Dimensionen gebaut, auch die Rails, also die Geländer. Die Skateparks sind generell banklastiger, haben also mehr Schrägen. Spannend ist ein Element in der Mitte der Bahn in München. Wir nennen es Double-Set, es sind zwei Stufen mit einer Gerade dazwischen. Von den Dimensionen her ist es eine gute Herausforderung, wenn man von dort aufs Geländer springt, über die Stufen oder an die Kante.

Der Kurs besteht aus Rampen, Treppen, Geländern und langen, schmalen Betonflächen. Sprudeln bei Ihnen die Ideen, wenn Sie den Kurs zum ersten Mal sehen?

Das ist immer das Spannendste daran: den Parcours zu sehen. Wie wird er sein? Dann weiß ich immer recht schnell, wo ich was machen kann. Aber erst im Training erfährt man, wie sich die Rampen verhalten und die Tricks anfühlen. Zunächst mal fange ich dort mit den Basics an, dann entscheide ich mich für Tricks, die möglichst gut bewertet werden, bei denen man aber auch nicht zu viel riskiert. Ich versuche da, einen gesunden Mittelweg zu finden: Gute Trickauswahl, Parcours vielseitig nutzen, Grinds (Entlangrutschen auf den Achsen) und Flips (Drehungen) einbauen.

Und damit ins Finale einziehen?

Letztes Jahr hat es bis zum Semifinale gereicht, da habe ich den Cut fürs Finale knapp verpasst. Mein Ziel dieses Jahr ist auf jeden Fall: Finale.

Kennen Sie München denn aus der Skateboard-Perspektive, abseits des Mash?

Ich war in München ein paar Mal Streetskaten. Es ist schon okay, da gibt es auch neue, gute Skateparks, aber andere deutsche Städte sind noch besser. Woran das liegt? Gute Frage. München ist groß, es fließt viel Geld in den Städtebau. Trotzdem sind Berlin und Stuttgart weiter vorne. Kann sein, dass das an der Skateszene liegt, die dort sehr groß ist und viel Aufmerksamkeit erregt.

Was ist denn der beste Platz für Skater?

Barcelona ist schon seit den Neunzigern auf einem anderen Level. Die vielen Spots, das gute Wetter: Die ganze Skateboardwelt hat sich irgendwann nach Barcelona aufgemacht, dort Videos gedreht, daraus hat sich ein ganzer Lifestyle entwickelt. Man spürt diese Vibes heute noch, wenn man dort aus der Haustür geht. Das hat auch das Stadtbild geprägt. Ein Spot heißt Macba (Museum für zeitgenössische Kunst), er ist weltbekannt. Da vertreiben sich Hunderte mit Skateboardfahren ihre Zeit.

Sie sind einer der wenigen deutschen Profis. Wie sieht Ihr Tagesablauf denn aus?

Der folgt keinen Regeln. Wenn ich den Tag früh beginne, ist es halb neun oder neun. Dann schwinge ich mich auf mein Fahrrad und gehe Frühstück holen oder erledige sonst etwas, um mich zu aktivieren. Viele Sportler kennen das ja, wenn morgens alles wehtut und man schwer in die Gänge kommt. Danach mache ich meinen E-Mail-Kram, connecte mich mit meinen Freunden, mit Fotografen, Filmern. Und dann versuchen wir, etwas auf die Beine zu stellen, Videos und Fotos zu entwickeln.

Klingt so, als erfüllten Sie das Klischee der großen Freiheit und Unangepasstheit, für die die Skateboard-Szene immer stand.

Da ist schon was dran. Ich habe jedenfalls keinen 9-to-5-Job und kann mir die Leute aussuchen, mit denen ich zusammen bin. Wir fahren oft auf dem Fahrrad mit der Clique los, legen uns eine Route durch Berlin zurecht und finden dort neue Sachen, in einem Hinterhof, auf einem Parkplatz oder an einer Grundschule in Moabit. Aber es ist auch nicht so, dass es gar keinen Druck gibt: Ich trainiere im Schnitt täglich drei bis fünf Stunden auf dem Board, mache Krafttraining mit leichten Gewichten oder mit meinem eigenen Körpergewicht. Und wenn wir mit unserem Team für die Sponsoren auf Videodreh im Ausland sind, haben wir zwei Wochen Zeit. Das ist wenig.

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Skateboard gilt nicht als Millionärssport. Können Sie von Ihrem Beruf gut leben?

Von der Villa am Wannsee oder dem Traum vom eigenen Haus bin ich noch etwas entfernt. Aber ich führe ein ganz gutes Leben. Die Gehälter reichen vom Minijob bei Einsteigern bis zu fünfstelligen Beträgen im Monat bei den absoluten Topverdienern. Es ist auch Glück und Image, die richtigen Sponsoren zu finden. Skateboarden ist auch für mich noch Hobby, aber in den letzten Jahren ist es auch ganz krass zu meinem Beruf geworden. Ich überlege genauer, wie ich mein Skaten voranbringe, die Dinge besser angehe, so dass eine progressive Entwicklung stattfindet.

Das klappt offenbar ganz gut: Eine renommierte Skateboardfirma aus Huntington Beach hat Sie vergangenes Jahr unter Vertrag genommen.

Das war schon ein kleiner Ritterschlag, von so einer Company angesprochen zu werden. Von ihr hatte ich damals als kleiner Junge meine ersten VHS-Kassetten über Skateboarding. Wenn mir jemand vor ein paar Jahren erzählt hätte, dass ich einmal dafür fahre, hätte ich gesagt: Nicht in diesem Leben. Ich habe dort noch Amateurstatus, obwohl ich das professionell betreibe, bin aber einen Schritt davor, Pro zu werden.

Was hat sich verändert in Ihrem Sport in den vergangenen Jahren?

Vom Klamottenstil hat sich viel verändert. Die Baggy-Hosen waren richtig weit, dann enger, jetzt sind sie wieder weiter, aber noch längst nicht so weit wie vor zehn Jahren. Auch die Videotechnik hat sich verändert. Früher hat man sich total darauf gefreut, wenn die VHS-Kassetten mit den neuesten Skateboard-Videos aus den USA rauskamen. Mittlerweile wird das alles digital gemacht, täglich wird man aus dem Netz mit Output bombardiert. Dazu gibt es natürlich immer neue Tricks und mittlerweile so viele verschiedene Styles: Skater, die unglaublich gut Bowl (Betonschüssel in Skateparks) oder Halfpipe fahren, Videoskater, die man nie bei Contests sieht, weil sie dafür nicht geschaffen sind, die aber Weltklasse in ihren Videos zeigen.

Wie sind Sie eigentlich Skateboarder geworden?

Das ist bei mir schon 15 Jahre her. Ein Mitschüler aus der fünften Klasse hatte mir sein Skateboard geschenkt. Es stand bei ihm zu Hause rum, weil er nur in sein BMX-Rad verliebt war. Ich habe es mir geschnappt, mich auf einen Parkplatz gestellt und mit den Basics angefangen: Ollie ( der Standardtrick) über ein Stück Holz. Das hat echt Monate gedauert, bis ich da drüberspringen konnte. Nach der Schule haben wir Rostock-Evershagen, das Plattenbau-Viertel, wo ich aufgewachsen bin, auf unseren Skateboards erkundet. Da habe ich mein Viertel mit ganz anderen Augen gesehen. Mit 20 bin ich dann nach Berlin umgezogen. Dort gibt es viel mehr Spots, und auch die Lebensqualität abseits des Skateboardkosmos ist gestiegen.

Was macht Sie dort glücklich?

Mit meinem Skateboard schnell durch die Stadt zu fahren, hochzuspringen, das Board an einer Rail um die eigene Achse zu drehen. Flip to slide nennt man das. So etwas macht mir Spaß. Und die Leute, das gute Nachtleben. Ein bisschen Entertainment braucht es einfach.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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