SZ-Adventskalender:Marijana kann sich jetzt selbst die Hände waschen

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Dank der Spenden konnte das Bad für Marijana behindertengerecht umgebaut werden. Dass sich das Mädchen jetzt selbst die Hände waschen kann, steigert ihr Selbstbewusstsein enorm. (Foto: Stephan Rumpf)

Eine Operation, dringend benötigte Medikamente, ein Handy oder ein Erholungsurlaub: SZ-Leser helfen Menschen in Not.

Von Florian Fuchs, Thomas Anlauf, Inga Rahmsdorf, Monika Maier-Albang

Kranken und behinderten Kindern, armen Rentnern, jungen Flüchtlingen und Familien, denen das Arbeitseinkommen nicht zum Leben reicht, sind im Mittelpunkt der 67. Spendenaktion des "Adventskalenders für gute Werke der Süddeutschen Zeitung" gestanden. Tausenden Menschen in München und der Region haben die SZ-Leser mit ihrer Zuwendung geholfen.

Zum Beginn der diesjährigen Hilfsaktion berichten vier Münchner, was die unerwartete Unterstützung in schwieriger Lebenssituation ihnen bedeutet.

Ausbau des Badezimmers

Marijana, 11, kann sich jetzt selbst die Hände waschen - weil das Wachsbecken in dem neuen, behindertengerecht ausgebauten Bad höhenverstellbar ist. Früher war es bereits problematisch, mit dem Rollstuhl der Elfjährigen überhaupt durch die Wohnung zu steuern, das kleine Bad war für sie kaum zu benutzen. Jetzt, in einer neuen Wohnung, gibt es nicht nur das höhenverstellbare Waschbecken, sondern auch eine Duschtoilette. "Das ist so eine Erleichterung", sagt Mutter Mariya S..

Ihre Tochter zog sich als Säugling im Krankenhaus einen Keim zu, nun leidet sie an einer Cerebralparese, also an einem Gehirnschaden. Sie hat Spastiken am ganzen Körper, ihr Kopf muss dauerhaft gestützt werden. Dass sich das Mädchen jetzt selbst die Hände waschen kann, steigert ihr Selbstbewusstsein enorm. Ohne den Zuschuss der SZ-Leser wäre der Ausbau des Bads aber nicht möglich gewesen, 10 000 Euro musste die Familie bezahlen.

Für Marijana war es also ein gutes Jahr, auch wegen einer Operation, die ihr das Leben ein bisschen erleichtert hat: Ärzte haben ihr Sehnen im Körper verlängert - nun ist sie in Armen und Beinen nicht mehr ganz so verkrampft von den Spastiken wie zuvor.

Notwendige Medikamente

Vor Weihnachten war ihr schon etwas bang. Anna E. wusste nicht, ob sie sich überhaupt ein Stückchen Fleisch an Heiligabend würde leisten können. Bei sechs Euro am Tag, die der 76 Jahre alten Münchnerin zur Verfügung stehen, zählt jeder Cent.

Die Diabetikerin konnte sich dann doch ein karges Festessen gönnen, dank der Spenden der SZ-Leser. "Das hat mir sehr geholfen", sagt Anna E. heute. "Ich habe endlich mal an Weihnachten was Richtiges zu essen gehabt." Ein Jahr lang übernahm der SZ-Adventskalender die Selbstbeteiligungskosten für ihre dringend benötigten Medikamente, Teststreifen für den Blutzuckerspiegel und Verbandszeug, so blieben ihr monatlich 100 Euro mehr zu ihrem äußerst spartanischen Leben in der kleinen Wohnung in Giesing.

Durch den SZ-Adventskalender konnte sich Anna E. wenigstens ein karges Festessen gönnen. (Foto: Catherina Hess)

Die kann sie seit Jahren nicht mehr verlassen, Anna E. lebt im vierten Stock und ist auf den Rollator angewiesen. Einzige Zerstreuung sind der Fernseher und die Kochecke, an der sie sich einmal am Tag eine Mahlzeit und eine Tasse Pulverkaffee zubereitet.

Doch seit zwei Monaten ist nun auch ihr alter Ofen kaputt. Dabei würde sie sich gerne mal einen Kuchen backen - ohne Zucker, versteht sich. Einen neuen oder auch gebrauchten Ofen kann sich die gebürtige Münchnerin nicht leisten.

Vor einem Jahr wusste Bashar nicht, wie es für ihn weitergehen würde. Wenige Monate zuvor war er mit seinen beiden älteren Brüdern von Syrien nach Deutschland geflohen. Der damals 16-Jährige wünschte sich einen Platz in einem Deutschkurs, er wollte zur Schule gehen und Fußball spielen. Doch in der Kleinstadt, in der er untergebracht war, gab es für ihn keinen Unterricht, und die Mitgliedschaft in einem Sportverein konnte er sich nicht leisten. Seitdem hat sich für Bashar vieles verändert. Mit den Spenden des SZ-Adventskalenders konnte er sich ein Handy kaufen. Das ermöglicht ihm auch, mit seinen Eltern Kontakt zu halten, die noch in Syrien leben. Und nicht nur die Spenden haben ihm geholfen. Er hat über den SZ-Adventskalender auch eine Gastfamilie gefunden.

Auf den Artikel hin meldete sich Marita Biel, eine Leserin aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck bei der SZ, die das Schicksal von Bashar und seinen Brüdern sehr bewegt hatte. Sie und ihr Mann wollten die Syrer gern kennenlernen. Sie verstanden sich auf Anhieb - und die Biels boten den Flüchtlingen an, bei ihnen zu wohnen. Die eigenen Kinder waren ausgezogen, die Biels hatten Platz in ihrem Haus. Es folgte ein mühseliger bürokratischer Prozess, bis die beiden jüngeren Brüder schließlich bei ihnen einziehen durften.

Das Ehepaar Biel nahm Flüchtlinge aus Syrien auf. (Foto: Alessandra Schellnegger)

"Es war zwischenzeitlich sehr anstrengend - gerade die ganzen bürokratischen Hindernisse. Das haben wir unterschätzt", sagt Marita Biel. Und auch das Zusammenleben sei nicht immer einfach gewesen. Aber mittlerweile seien sie sehr gut in das Familienleben integriert. "Ich würde es genauso wieder machen", sagt Marita Biel.

"Es geht mir sehr gut", sagt auch Bashar. Er spricht inzwischen gut Deutsch. Eine Aufenthaltserlaubnis hat er allerdings immer noch nicht. Die Biels haben ihn als Pflegekind aufgenommen und nach einem Schulplatz für ihn gesucht. Mit Erfolg. Bashar erzählt begeistert von der Realschule, die er besucht, und vom Sporttraining. Nach der Schule möchte er eine Ausbildung machen. Nur seine Eltern in Syrien, die vermisst er sehr. Und die Unsicherheit, dass er immer noch nicht weiß, ob er in Deutschland bleiben darf, belastet ihn.

Sechs Tage am Gardasee

Es war kein einfaches Jahr für Ilga T.. Im April die Diagnose: Krebs. "Es war eine schwere Operation, ich habe ein bisschen zu kämpfen gehabt", sagt die 37-Jährige. Es gab Komplikationen, so richtig gut geht es ihr bis heute nicht. Dabei kann Ilga T. es sich eigentlich nicht leisten, krank zu werden. Sie geht Putzen, sie arbeitet viel, normalerweise. Dieses Jahr sei sie zwei Monate ausgefallen, erzählt Ilga T., "dabei war ich ganz positiv ins Krankenhaus gegangen und wollte gleich wieder loslegen." Sie sei ja ein zielstrebiger Mensch, sagt T. über sich, "aber manchmal gibt es im Leben Dinge, auf die man keinen Einfluss hat".

Auch Ilga T. wurde mit Spenden aus dem SZ-Adventskalender unterstützt. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Ilga T. zieht ihre beiden Söhne allein groß. Ihr Traum ist es, eine Ausbildung zur Pflegehelferin zu bestehen und dann in einem ambulanten Pflegedienst zu arbeiten. Einen Führerschein möchte sie dazu machen, das Geld hat der SZ-Adventskalender auch schon überwiesen. "Ich habe es aufgehoben", sagt T., sobald sie wieder richtig fit ist, möchte sie die ersten Fahrstunden nehmen.

Eine Freude aber hat sie sich und den Kindern in den Sommerferien schon gegönnt. Die Drei sind an den Gardasee gefahren, mit dem Linienbus, haben ein günstiges Zimmer gemietet und sechs Tage Urlaub gemacht. "Das war das erste Mal, dass wir im Süden waren", sagt T.. "Lauter nette Leute um uns herum, die Jungs waren begeistert, das hat ihnen so gut getan." Und ihr auch.

© SZ vom 19.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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