Sanktioniert in der Bankfiliale:Girokonto für einen gebürtigen Iraner? "Machen wir nicht"

Lesezeit: 2 min

Die Commerzbank verweigert Shahed Ahmadi, ein Girokonto zu eröffnen. Hintergrund könnte ein Embargo sein, das die USA einst gegen sein Geburtsland verhängt hatten. Dabei ist das inzwischen aufgehoben.

Von Pia Ratzesberger

Shahed Ahmadi legt jetzt seinen Pass auf den Tisch, den amerikanischen, wie damals in der Bank. Sein Problem, sagt er, stehe in Zeile Vier. Geburtsland: Iran.

Er habe in einer Münchner Filiale der Commerzbank ein Konto eröffnen wollen, so erzählt es Ahmadi, eigentlich sei alles geklärt gewesen, der Pass kopiert, doch beim zweiten Treffen hätte der Mitarbeiter gesagt: "Hier steht, dass Sie in Iran geboren sind." Ahmadi habe genickt, er habe nichts geahnt. "Das machen wir im Haus nicht", hieß es dann. "Das" bedeutete an diesem Tag anscheinend: Iranern ein Konto geben.

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Shahed Ahmadi ist 27 Jahre alt, er lebt seit vier Jahren in Deutschland, in München, arbeitet als Webdesigner. In seinem Pass klebt der Aufenthaltstitel, er besitzt neben dem amerikanischen auch einen iranischen Pass. Wenn Ahmadi von München spricht, erzählt er vom Englischen Garten, von einer Stadt, in der er sich aufgenommen fühlt, heimisch auch. "Das ist Deutschland", sagt er. Manchmal aber braucht es nur einen Moment, um alles ins Wanken zu bringen - und Ahmadi ist sich seit jenem Tag in der Bank nicht mehr sicher, was Deutschland für ihn ist.

Von solchen Fällen war vor vier Jahren oft zu hören, viele Iraner in Deutschland hatten damals Probleme Konten zu eröffnen und zu behalten. Die Banken kündigten vermehrt Kunden mit iranischem Pass und verwiesen auf "geschäftspolitische Gründe".

Hintergrund waren die internationalen Sanktionen gegen Iran, die USA hatten ein Embargo verhängt, der Streit um das iranische Atomprogramm hatte sich verschärft. Die deutschen Banken standen schon damals im Verdacht, ihre Geschäftsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten nicht gefährden zu wollen - und deshalb iranische Kunden zu diskriminieren. Beim Verein Flüchtlingshilfe Iran zum Beispiel registrierte man vor vier Jahren mehr als 1500 Fälle in Deutschland, in denen Iraner kein Konto eröffnen konnten oder ihnen das Konto gekündigt wurde, mehrere davon auch in München. Mittlerweile sind die Sanktionen gegen Iran aufgehoben, um die 50, 60 Fälle aber zähle man jedes Jahr immer noch, heißt es beim Verein. Oft seien die Mitarbeiter in den Filialen nicht gut genug informiert, verweigerten das Konto letztendlich aus Angst einen Fehler zu machen.

Der Mitarbeiter in der Münchner Filiale der Commerzbank, so erzählt es Shahed Ahmadi, berief sich darauf, dass er nicht verpflichtet sei, ein Konto zu eröffnen. Banken haben seit dem vergangenen Jahr zwar die Pflicht einem Kunden ein sogenanntes Basis-Konto einzurichten, mit dem aber kann man zum Beispiel keinen Dispo-Kredit nutzen. Shahed Ahmadi wollte ein gängiges Girokonto eröffnen, mit allen Funktionen.

Die Bank antwortet mit PR-Sprech

Bei der Commerzbank heißt es auf Nachfrage, "grundsätzlich" könnten alle Personen mit legalem Aufenthalt in der Europäischen Union "bei Vorlage der erforderlichen Dokumente zumindest ein Basiskonto eröffnen", das gelte auch für iranische Staatsbürger. Zu Einzelfällen könne man sich wegen des Bankgeheimnisses nicht äußern, heißt es weiter, dazu müsste der Betroffene einer Befreiung vom Bankgeheimnis zustimmen. Als Shahed Ahmadi diese zusenden will, zieht die Bank das Angebot zurück. Nach Rücksprache mit der Zentrale, heißt es, werde man sich zu Einzelfällen generell nicht äußern. Eine Befreiung sei nicht mehr notwendig.

Wenn Ahmadi über München spricht, dann erzählt er vom Englischen Garten, von diesem einen Tag, als er seinen Schlüssel verlor und ein Fremder ihm sagte: "Du wirst den wieder kriegen. Das ist Deutschland." Eine Woche später holte Ahmadi seinen Haustürschlüssel im Fundbüro ab, auch er sagte von da an: "Das ist Deutschland." Die Menschen fühlten sich verantwortlich für andere, er habe das so nicht in Teheran erlebt, auch nicht in San Francisco, in Atlanta. Jetzt aber ist er sich nicht mehr sicher, was Deutschland für ihn ist. Seit dem Tag in der Bank, sagt er, fühle er sich als "Bürger zweiter Klasse". Auch das ist Deutschland.

© SZ vom 29.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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