Leerstand in München:"Liebe katholische Kirche - bitte sanieren und vermieten!"

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Der Laden in prominenter Lage ist seit Jahren ungenutzt. (Foto: Robert Haas)
  • Mit einem selbst entworfenen Plakat weist die Eigentümerin der Kloster-Apotheke darauf hin, dass ein Laden am Max-Weber-Platz seit Jahren leer steht.
  • Das Gebäude ist Eigentum der katholischen Kirche, die eine Sanierung bis Sommer 2019 verspricht.
  • Laut Gutachten ist dabei mit Kosten in einem hohen sechsstelligen Bereich zu rechnen.

Von Jana Sauer, Haidhausen

Wer mit Schnupfennase auf der Suche nach Halspastillen vor der Kloster-Apotheke am Max-Weber-Platz steht, findet sich plötzlich mitten in der Münchner Stadtpolitik wieder. Es geht um die Themen Mieten und Wohnen - nicht nur zu Halloween die Schreckgespenster der lokalen Gremien.

Die Eigentümerin der Apotheke fordert auf großflächigen Werbeplakaten mit einer grimmig dreinschauenden Nonne die katholische Kirche dazu auf, den Leerstand auf der anderen Straßenseite zu beenden. Die Rosenkranzträgerin mit dem drohend erhobenen Zeigefinger zeigt sich erzürnt über die leeren Fenster des ehemaligen Fotogeschäfts Modl am Max-Weber-Platz 3. Seit Jahren ist dort kein Objektiv mehr über die Theke gegangen, neu vermietet ist die Einheit aber auch nicht.

Das Gebäude gehört der Emeritenanstalt der Erzdiözese München und Freising. Aufgabe dieser Körperschaft ist die Sicherung der Pensionen von Priestern im Ruhestand, etwa durch Mieteinnahmen. Auch die teilweise leer stehenden Flächen von Hausnummer 3 sollen wieder vermietet werden, ob privat oder gewerblich, ist noch unklar. Die katholische Kirche ist eine große Akteurin auf dem Münchner Immobilienmarkt, rund 7000 Gebäude seien ihr Eigentum, erklärt ein Sprecher auf SZ-Nachfrage. Dazu zählen unter anderem Mietwohnungen, aber auch Verwaltungsgebäude, Pfarrheime und Kirchen. Die Zahlen stammen allerdings noch von 2016, neuere Erhebungen liegen nicht vor.

Der lange Leerstand am Max-Weber-Platz hat den Bezirksausschuss (BA) Au-Haidhausen auf den Plan gerufen. Die CSU bat die Stadt im Februar darum, auf den Eigentümer einzuwirken, die Flächen wieder nutzbar zu machen. Die Stadt allerdings fühlt sich nicht verantwortlich, da für eine "aufsichtliche Anordnung einer Neuvermietung... keine Rechtsgrundlage ersichtlich" sei, antwortete das Planungsreferat auf die CSU-Anfrage. Die Stadt appellierte lediglich an die Beteiligten, "den Planungsprozess zu beschleunigen, um eine baldige Wiederbelebung der Einheit zu erreichen".

Eine Sanierung ist bereits in Planung

Besagter Planungsprozess ist es, bei dem sich die sprichwörtliche Katze in den Schwanz beißt. Die Erzdiözese weist darauf hin, dass eine Vermietung durch die Hausverwaltung, eine Immobilienfirma, erfolgen müsse. Diese betrachtet sich jedoch als handlungsunfähig, da das Geld für die notwendige Sanierung vor der Neuvermietung vom Baureferat der Erzdiözese freigegeben werden muss. Der stellvertretende Pressesprecher Christoph Kappes versichert jetzt, die Sanierung sei bereits in Planung. Die Genehmigung für die Freigabe der Mittel durch kirchliche Kontrollgremien werde noch 2018 anvisiert.

Grund für den schleppenden Prozess sei zu Anfang eine Änderung der diözesanen Bauregeln gewesen, sagt Kappes. Die trat allerdings schon im Frühjahr 2016 in Kraft. Inzwischen ist klar, wie groß der Sanierungsbedarf an dem Gebäude ist, laut Gutachten ist mit einem hohen sechsstelligen Betrag zu rechnen. Sollten die Mittel tatsächlich in Kürze freigegeben werden, ist der Beginn der Baumaßnahmen für das Frühjahr, ihre Beendigung schon für Sommer 2019 anvisiert, erklärt Kappes. Ein ehrgeiziger Plan. Eigentlich war die "schnellere Durchführung der Baumaßnahmen" eines der Ziele der Reform, die nun ihrerseits selbst zu Verzögerung führt. Generalvikar Peter Beer hatte 2016 noch betont, man strebe einen verantwortungsvollen und transparenten Umgang mit Geldern an.

Für Nikolaus Haeusgen, Initiator der CSU-Anfrage im BA, ist die Kirche im aktuellen Fall meilenweit von diesem Ziel entfernt: "Die Auskunftspolitik ist in dieser Angelegenheit genau das Gegenteil von transparent. Unsere Anliegen werden nicht ernst genommen, und auch aus Sicht des Steuerzahlers ist das Ganze ein großes Ärgernis." Das sieht Sonja Holzer ähnlich. Die Eigentümerin der Kloster-Apotheke hat die Plakate von der Werbeagentur Citybeam entwerfen lassen. Ihre Werbung pflegt einen scherzhaften Umgang mit dem Kloster-Motiv und zeigt immer Nonnen und Mönche, deren Glaubenstracht im Widerspruch zu Bild und Text steht.

Die aktuelle Kampagne ist nicht Holzers erste politische Positionierung. Im Februar 2017 versprach eine Ordensschwester mit gefalteten Händen US-Amerikanern nach der Präsidentschaftswahl Rabatte, dazu der Slogan: "Schlimme Dinge werfen ihre Schatten voraus. Sie sind schon genug geTrumpt". Streiten wolle sie sich mit der Erzdiözese nicht, betont Holzer, aber: "Der Bedarf ist so groß. Ein öffentlicher Platz muss im Interesse der Bürger genutzt werden." Die Transparenzpolitik der Kirche bewertet sie wie Haeusgen: "Es ist die christliche Pflicht der Kirche, da nicht zu mauern, sondern zu informieren."

Mauern will die Kirche weiterhin, aber mit Ziegeln und Beton. Ein baldiger Start der Arbeiten sei äußerst wahrscheinlich, lässt die Erzdiözese wissen. Sonja Holzer und ihre Nonne sind gespannt.

© SZ vom 30.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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