Meisterfeier:FC Bayern singt Rainhard Fendrich

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Bei der Meisterfeier auf dem Rathausbalkon verabschieden die Münchner Fans Xabi Alonso und Philipp Lahm - und Karl-Heinz Rummenigge entschuldigt sich.

Von Franz Kotteder

Wäre es um die deutsche Meisterschaft im Chorgesang gegangen, dann stünden diese Burschen da oben vielleicht eher nicht auf dem Rathausbalkon an diesem Samstagabend. Denn dafür schrammt ihre Interpretation von "Heute noch in Kiew, morgen schon in Wien", einem alten Südkurvenschlager, dann doch recht deutlich an den richtigen Noten vorbei. Aber es geht hier ja eh mehr um Fußball. Und da gilt es, die 27. Meisterschaft zu feiern und die fünfte in ununterbrochener Folge.

So etwas soll dem FC Bayern München erst mal ein Verein nachmachen. Und eigentlich ist es ja fast verwunderlich, dass auch heuer wieder 15 000 Fans auf den Marienplatz gekommen sind, um ihre Mannschaft zu feiern: So etwas Besonderes ist eine deutsche Meisterschaft ja nun auch wieder nicht, oder?

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Doch, sagt Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern, ist sie doch: "Lasst Euch nicht erzählen, das sei ein Trostpreis!", ruft er den Fans vom Rathausbalkon aus zu. Fünfmal in Folge Meister zu werden, sei außergewöhnlich, und außerdem liege man nun "in fünf Jahren mit 82 Punkten vor Borussia Dortmund". Ähnlich hat er sich kurz zuvor bereits beim Empfang von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) für die siegreiche Mannschaft im großen Sitzungssaal des Rathauses geäußert: "Es gibt nichts Schöneres als den Gewinn der Meisterschaft."

"Isch bin alleine hier oder was?", fragt Ribéry

Das findet auch der Oberbürgermeister, der zum dritten Mal in Folge mit der Mannschaft auf dem Balkon stehen darf: "Siegen wird nie langweilig. Und wenn Ihr nächstes Jahr einen Schiedsrichter erwischt, der den Grundlehrgang bestanden hat, dann klappt es auch mal wieder international." Das findet offenbar auch FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß, denn auch wenn er sich angesichts der Fankulisse "total begeistert" zeigt, merkt er doch an: "Vielleicht ist es eine Ausnahme, dass wir heute nur einen Titel feiern, denn mit dieser Mannschaft kann man noch etwas Besonderes erreichen."

Mit genau dieser aber wohl nicht, denn gleich vier geben an diesem Abend ja auch ihre Abschiedsvorstellung auf dem Rathausbalkon: Philipp Lahm und Xabi Alonso, die Oberbürgermeister und Bayern-Fan Reiter zuvor schon als "zwei wirkliche Helden" bezeichnet hatte, und Tom Starke sowie der langjährige Co-Trainer Hermann Gerland. Den Einpeitscher und die Rampensau für die umjubelte Verabschiedung gibt Stürmer Franck Ribéry. Immer wieder skandiert er die Namen von Lahm und Alonso und fordert das Fanvolk zum Mitsingen auf: "Isch bin alleine hier oder was?"

Ist er natürlich nicht, und besonders Philipp Lahm scheint es zwischendrin fast ein bisschen peinlich zu sein, wie sehr er da gefeiert wird. Er dankt allen, "die mir diese großartige Karriere hier in meiner Heimatstadt möglich gemacht haben". Und als die Spieler, angeführt von Thomas Müller und David Alaba gemeinsam für ihn Rainhard Fendrichs Schnulze "Weus'd a Herz hast wia a Bergwerk" anstimmen, singt er zwar mit, hat aber anscheinend doch einen Kloß im Hals. "Wir haben 345 Spiele gemeinsam gespielt", albert Thomas Müller dann noch, "er davon maximal 150 gute. Der Rest war überragend." Stadionsprecher Stephan Lehmann entrollt zu guter Letzt noch ein Transparent über der Balustrade: "Vielen Dank für 22 wundervolle Jahre, Philipp!", steht darauf.

Xabi Alonsos Abschied verläuft trotz ähnlich großem Jubel unten auf dem Platze vergleichsweise sachlich. Ribéry freut sich noch einmal, "dass er mich jeden Morgen um sieben Uhr an der Säbener Straße mit einem Lächeln begrüßt hat", und Alonso bedankt sich bei den Fans für die große Unterstützung: "Ich liebe Euch, vielen Dank und bis bald!"

Der Rest des Auftritts auf dem Rathausbalkon, zu dem die Mannschaft mit knapp halbstündiger Verspätung eingetroffen ist, gehört wieder den musikalischen Darbietungen. Rafinha, sonst in der Abwehr tätig, stürmt mit "Volare" und "What a wonderful world", mächtig nach vorne und beweist auch in diesem Jahr wieder, dass er gut bei Stimme ist. Trainer Carlo Ancelotti verunsichert kurz die Fans mit dem deutschen Satz: "Ich habe fertig!" - eine Anspielung auf den anderen italienischen Meistertrainer der Bayern, Giovanni Trapattoni. Dann schmettert er mit großer Grandezza "I migliori anni della nostra vita" in den Münchner Abend. Eine Hymne auf "die besten Jahre unseres Lebens" also, ein alter Hit des italienischen Glamrock-Stars Renato Zero.

Dann aber haben sie wirklich fertig. "Nächstes Jahr wieder!", verabschiedet sich Thomas Müller im Namen der Spieler, "ab in den Postpalast!" Dort findet noch die vereinsinterne Meisterfeier statt, bis in den frühen Sonntagmorgen hinein, darf man annehmen. Und auch wenn sich der Marienplatz nun schnell wieder leert, Thomas Müllers Ankündigung würden wohl fast alle hier gerne folgen. Außer den Geschäftsleuten vielleicht, die schon vor der Meisterfeier über erhebliche Umsatzeinbußen aufgrund der weiträumigen Absperrungen aus Sicherheitsgründen klagten. Bayern-Boss Rummenigge hatte das schon beim Rathaus-Empfang ausdrücklich erwähnt: "Bei den Geschäftsleuten möchte ich mich entschuldigen, wir wünschen uns ein gutes Verhältnis zu ihnen." Aber dafür können die sich natürlich auch nichts kaufen. Immerhin: Solange es bei einem Samstag im Jahr bleibt, werden die Bayern noch kein Benefizspiel für sie geben müssen.

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