USA:Abteilung: Gute Nachrichten

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Karine Jean-Pierre wird die erste Afroamerikanerin im Amt der White House Press Secretary sein. (Foto: Kevin Lamarque/Reuters)

Karine Jean-Pierre wird neue Sprecherin von US-Präsident Joe Biden - und ist damit die erste Schwarze in diesem Amt. Eigentlich ein echt guter Job, wäre die Stimmung im Land nicht so schlecht, und wären Kongresswahlen nicht so nah.

Von Hubert Wetzel

Das Magazin Politico beklagte jüngst den Verlust einer großen amerikanischen Heldenfigur. Früher, so hieß es in einem Artikel nostalgisch, konnte man als Journalist noch eine Karriere daraus machen, wenn man für den Präsidenten und das Weiße Haus zuständig war. Vor allem als Donald Trump das Amt innehatte und in dem Gebäude wohnte, waren einem Reporter oder einer Reporterin, der oder die den Titel eines "White House Correspondent" trug, drei Dinge sicher: viel Arbeit, viel Aufmerksamkeit und am Ende ein höchst lukrativer Buchvertrag.

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Doch dann übernahm Joe Biden, und jetzt sei die Arbeit als präsidentieller Korrespondent hauptsächlich langweilig, schrieb Politico. Keine Intrigen, kein Chaos, keinerlei durchgestochene Interna. Und keine spitzen Rededuelle mehr im Presseraum des Weißen Hauses. Dieser etwas beengte Raum war unter Trump vor allem für Fernsehjournalisten eine wichtige Bühne, auf der sie ihr Wissen, ihre Schlagfertigkeit und natürlich ihre Haltung beweisen konnten.

Ihre Partnerin arbeitet für den Sender CNN

Künftig wird Karine Jean-Pierre die Herrin über diesen Raum sein. Ende kommender Woche soll die 44-Jährige das Amt als "White House Press Secretary" übernehmen, als Sprecherin des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Jean-Pierre ist nicht nur die erste Afroamerikanerin auf diesem Posten, sondern auch die erste Frau in diesem Amt, die offen in einer homosexuellen Beziehung lebt. Ihre Partnerin arbeitet für den Sender CNN, das Paar hat eine Tochter.

Anders als ihre Vorgängerin Jennifer Psaki stammt Karine Jean-Pierre nicht unbedingt aus den sozialen Kreisen, von denen aus ein Arbeitsplatz im Weißen Haus erreichbar ist. Sie wurde auf der französischen Karibikinsel Martinique geboren, ihre Eltern sind Haitianer. Als Karine Jean-Pierre fünf Jahre alt war, wanderte die Familie in die USA aus, in den New Yorker Stadtteil Queens. Ihr Vater arbeitete als Taxifahrer, ihre Mutter als Pflegerin. Für die beiden muss es die Erfüllung ihres amerikanischen Immigrantentraums gewesen sein, dass ihre Tochter nur ein paar Jahre später am New York Institute of Technology sowie an der Columbia University studieren konnte.

Auch als Aktivistin und als politische Kommentatorin hat sie schon gearbeitet

Nach dem Studium ging Jean-Pierre in die Politik. Sie arbeitete zunächst für einen New Yorker Lokalpolitiker, dann als Beraterin und Organisatorin für verschiedene demokratische Präsidentschaftskandidaten - manche davon weniger erfolgreich (John Edwards 2008, Martin O'Malley 2016), manche davon hingegen sehr (Barack Obama 2012, Joe Biden 2020). Dazwischen war sie für die Organisation Moveon.org tätig, die Mobilisierungskampagnen für linksliberale Anliegen macht, sowie als politische Kommentatorin für die Nachrichtensender NBC News und MSNBC. Letzterer, so heißt es in Washington, werde auch der neue Arbeitgeber von Psaki sein, deren Stellvertreterin Jean-Pierre bisher war.

In den USA ist dieses Hin und Her zwischen Politik, Medien und Aktivistenarbeit weniger ungewöhnlich als zum Beispiel in Deutschland. Auch Stationen bei PR-Firmen, Lobbyunternehmen, Anwaltskanzleien, Denkfabriken oder Strategie- und Investmentberatungen gehören zu einem normalen Washingtoner Lebenslauf. Das hat auch damit zu tun, dass das Leben in der amerikanischen Hauptstadt sehr teuer, die Gehälter im Weißen Haus hingegen vergleichsweise niedrig sind. Die Pressesprecherin verdient etwa 180 000 Dollar im Jahr - weit weniger als die berühmten TV-Reporter, die im Presseraum die Fragen stellen.

Jean-Pierre übernimmt ihr neues Amt in einer schwierigen Zeit. Die Inflation ist hoch, die Umfragewerte von Biden sind schlecht, die Stimmung im Land ist es auch, den Demokraten droht eine Niederlage bei der Kongresswahl im November. Es gibt kaum gute Nachrichten, die Jean-Pierre von dem berühmten Podium mit dem stilisierten Weißen Haus im Hintergrund verkünden könnte. Sie wird es trotzdem versuchen, das ist jetzt ihr Job.

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