Verwaltungsgericht Chemnitz:Eine absurde Entscheidung

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Neonazis der rechtsextremen Kleinstpartei "Der III. Weg" - hier bei einem Aufmarsch in Fulda - haben Plakate mit dem äußerst umstrittenen Spruch aufgehängt. (Foto: Boris Roessler/dpa)

Richter billigen ein Plakat, auf dem Nazis zu Mord und Totschlag aufrufen. Wie kann man Meinungsfreiheit nur so interpretieren?

Kommentar von Kurt Kister

In Zwickau hat eine rechtsextreme Kleinstpartei den Slogan "Hängt die Grünen!" plakatiert. Die Stadt hatte zu Recht verfügt, dass diese Hetzplakate wegmüssen. Das Verwaltungsgericht in Chemnitz hat nun einem Eilantrag der Neonazis stattgegeben, wonach die Plakate bleiben dürfen - aber nur in einem Mindestabstand von 100 Metern zu Plakaten der Grünen. Mit allem Respekt vor der Unabhängigkeit der Justiz und dem hohen Gut der Meinungsfreiheit: Diese Entscheidung des Gerichts in Chemnitz ist in einer Weise absurd, dass man nur zornig werden kann. Sie ist außerdem gefährlich, weil das Gericht offenbar der Meinung ist, dass sich ein Aufruf zur Gewalt innerhalb der Meinungsfreiheit im Wahlkampf bewegen könne.

Auf den Nazi-Plakaten heißt es ausdrücklich, der Name dieser Vereinigung solle durch die möglichst große Verbreitung der Plakate bekannt gemacht werden. Das ist, man muss es leider so sagen, gelungen - auch durch die Entscheidung dieses Gerichts. Wenn in einem Gemeinwesen ein Aufruf zu Mord und Totschlag - wie anders sollte die Zeile "Hängt die Grünen" verstanden werden? - zu den scharfen, aber legitimen Mitteln der Auseinandersetzung gezählt wird, dann bedeutet dies eigentlich auch die juristische Billigung einer Vorstufe des Lynchmords.

Es ist oft von der Verrohung der Sprache und der Sitten in diesem Land die Rede. Die Auffassung, dass der Artikel 5 Grundgesetz, die Meinungsfreiheit, die Vorstufe des Mordes deckt, weil, wie es in der noch nicht rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts heißt, sonst "das kommunikative Anliegen" der Nazis "beeinträchtigt" werden könnte, ist eine Verrohung der Gedanken. Es ist gut, dass die Stadt Zwickau jetzt Rechtsmittel gegen die gefährliche Entscheidung einlegt. Aber es ist auch der Protest aller Parteien gegen die Sprache der geistigen Gewalttäter nötig - selbst wenn die sich dadurch bestätigt fühlen. Es gibt Dinge, die darf man nicht mehr ignorieren.

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