Nikolas Häckel, wiedergewählter Bürgermeister von Sylt:Mahner auf der Lieblingsinsel

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Der parteilose Sylter warnt vor einer übereilten Rückkehr der Touristen - und vor weiterem Wildwuchs beim Fremdenverkehr.

Von Peter Burghardt

Natürlich war das diesmal auf Sylt nicht so aufregend wie vor sechs Jahren, als die Ära Häckel begann. Im Januar 2015, in einer fernen Vergangenheit, trat Nikolas Häckel bei der Bürgermeisterwahl gegen Gabriele Pauli an, die frühere Fürther CSU-Landrätin. Der Showdown fand überregionale Beachtung, der einheimische Häckel gewann. "Ich weiß, wie die Sylter ticken", sagte der Sieger damals. Die Sylter hätten einen Sylter gewählt, sprach die Verliererin aus Bayern, "das ist okay". Jetzt hat der parteilose Sylter also wieder gewonnen.

Am Sonntag bezwang der Amtsinhaber Häckel den CDU-Rivalen Clemens Raab, das ging im Zuge von Corona etwas unter. Nikolas Häckel darf sechs weitere Jahre lang die deutsche Lieblingsinsel jenseits von Mallorca verwalten, genauer gesagt deren Zentrale. Er leitet die Gemeinde Sylt, die aus Westerland, sechs weiteren Orten und 13 000 Einwohnern besteht. Eine Kleinstadt so gesehen, aber bei Sylt geht es immer um mehr.

Wer den Hindenburgdamm bezwungen hat, was angesichts der oft ächzenden Bahnverbindung im Zweifel Muße erfordert, der landet in einer Mischung aus Naturpark und Laufsteg, wobei die Partymeile derzeit der Viren wegen geschlossen ist. Jedenfalls sind die Restaurants bis auf Weiteres höchstens für Lieferung und Abholung geöffnet und Fremden Übernachtungen nur für besondere Zwecke erlaubt - theoretisch. Denn die Zweitwohnungsbesitzer dürfen kommen und "ihr Eigentum auch Verwandten und Freunden zur Verfügung stellen, soweit dies unentgeltlich geschieht", wie es auch in der neuen Landesverordnung heißt. Eine dehnbare Regelung, die dem frisch wiedergewählten Vorsteher Häckel schwer missfällt. Es handelt sich um Tausende Zweitwohnungen.

Wegen des bereits spürbaren Andrangs an Ostern regte Häckel bei der Kieler Landesregierung an, dass Gäste einen negativen PCR-Test vorweisen sollen. Das Vorbild liefert Helgoland, wo nur Menschen mit negativem Schnelltest an Land dürfen. Es werde höchste Zeit, die Corona-Landesverordnung zu optimieren, forderte Häckel Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther auf. "Hier kocht die Stimmung. Das Schlupfloch Zweitwohnungsnutzung und Beherbergung muss geschlossen werden." Doch sein Wunsch ging ins Leere. "Ignoranz", klagt Häckel nun am Telefon, so lasse sich doch keine Pandemie bekämpfen.

Häckel warnte schon 2019 davor, "dass wir die Schwelle zum Overtourism überschritten haben"

Der Bürgermeister kennt den Zwiespalt zwischen Nordsee und Watt, den die Seuche noch verschärft. Einerseits lebt Sylt von seinen Besuchern ziemlich gut. Andererseits können sich zahlreiche Angestellte Sylt nicht mehr leisten, derweil ein Megaprojekt das nächste jagt. Einerseits hoffen die Sylter, dass die Normalität zurückkehrt. Andererseits bewiesen die partiellen Lockdowns, wie besinnlich das Eiland sein kann, was den Widerstand gegen weiteren Wildwuchs gestärkt hat.

Nikolas Häckel warnte schon 2019 davor, "dass wir die Schwelle zum Overtourism überschritten haben". Man solle beim Tourismus "mehr auf Qualität, weniger auf Quantität setzen". Der Mahner wurde 1974 auf Sylt geboren, inzwischen gibt es dort keine Geburtsstation mehr. Er ging auf Sylt zur Schule, ließ sich bei der Stadt Westerland zum Verwaltungsfachangestellten ausbilden und war als Diplom-Verwaltungswirt auch einige Jahre auf dem Festland tätig, ehe er im Frühjahr 2015 heimkehrte.

Im Frühling 2021 brauchte er keinen großen Wahlkampf, um auf seinem Posten zu bleiben. Häckel warb mit seiner Verlässlichkeit und unter anderem damit, dass er für ein Impfzentrum und Teststationen gesorgt hat. Derzeit sind 14 Corona-Fälle auf Sylt registriert, 140 Sylter befinden sich in Quarantäne. Seit diesem Montag gilt in der Westerländer Fußgängerzone Maskenpflicht, das konnte der Bürgermeister durchsetzen. Am Dienstag hat Nikolas Häckel dann Geburtstag, er wird 47, und ab Mittwoch hat er Urlaub.

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