Aktuelles Lexikon:Schofar

An Rosch ha-Schana stößt der Rabbiner oder die Rabbinerin ins Horn, um das neue Jahr zu begrüßen. (Foto: Alessandra Schellnegger/Alessandra Schellnegger)

Ein Horn, das nur einen Ton hervorbringt - aber der hat es in sich.

Von Ronen Steinke

Hand aufs Herz, besonders melodisch oder feinfühlig klingt es nicht, wenn der Rabbiner - oder die Rabbinerin - mit voller Kraft ins Horn stößt, den sogenannten Schofar. Es ist ein Musikinstrument, das einen einzigen, durchdringenden Ton hervorbringt: TUUUUUT, TUT TUT TUT, TUUUUUT. Aber die erhoffte Wirkung ist auch nicht, ein Lied zu spielen, sondern gewissermaßen die Spinnweben aus den Ohren zu pusten, das jüdische neue Jahr frisch und laut zu begrüßen, vergleichbar etwa mit Silvester-Böllern oder einer Vuvuzela - nur eben schon dreitausend Jahre älter. Ein Schofar, ein ausgehöhltes Widderhorn, das ohne Mundstück oder Löcher auskommt, steht für gute Laune. Es zu blasen, gehört zu den Bräuchen an Rosch ha-Schana, dem jüdischen Neujahrsfest, das an diesem Freitagabend begonnen hat und dann zwei Tage lang gefeiert wird. Der Bibelübersetzer Martin Luther machte aus dem Schofar einst, etwas unpräzis, eine Posaune. Die berühmten "Posaunen von Jericho" sollen die Mauern der alten kanaanitischen Stadt zum Einsturz gebracht haben mit ihrem TUUUUT. Weil der Neujahrstag in diesem Jahr 5784 zufällig auf den Wochentag Schabbat fällt, den religiösen Ruhetag, gilt eine Besonderheit. Der Schofar wird erst am zweiten Tag des neuen Jahres das Zwerchfell zum Zittern bringen. Nicht schon am ersten.

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