Regierungserklärung zur EU:Die Besserwisser

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Weder Kanzler Scholz noch Oppositionsführer Merz überzeugen mit ihren Positionen - der eine gibt sich selbstgerecht, der andere wiederholt , was Populisten zur EU sagen.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

Es ist angebracht, dass der Bundeskanzler seine Regierungserklärung zum Europäischen Rat dafür nutzt, eine beruhigende Botschaft an die Bevölkerung zu senden - das Handeln der Ampelkoalition sowie führender Vertreter der Regierung von Olaf Scholz haben zuletzt nicht gerade dazu beigetragen, das Vertrauen zu stärken. Scholz hat die Themen angesprochen, die viele Menschen bewegen. Aber wieder einmal schien ein gewisses Maß an Selbstgerechtigkeit durch beim Kanzler, der alles schon immer vorher gewusst und passgenau gelöst haben will, bevor die anderen überhaupt erkannt haben, dass es ein Problem gibt.

Diese Haltung ist nicht dafür geeignet, die Menschen zu überzeugen und zu gewinnen, die gerade noch das wochenlange Gewürge um Entlastungen bei den Energiepreisen und die Sicherung der Versorgung verfolgt haben. Oppositionsführer Friedrich Merz trifft den wunden Punkt, wenn er bemängelt, dass die Menschen noch immer nicht wissen, wann und wie sie von den geplanten Entlastungen profitieren werden. Selbst im Kabinett rätselt so mancher, wie die Verwaltung all die Maßnahmen eigentlich umsetzen soll.

Merz beschwört das Bild vom bürokratischen Monstrum EU

Merz allerdings wird der Verantwortung, die er zu Recht einfordert, selbst nicht gerecht, wenn er nach seinen schäbigen Äußerungen über den vermeintlichen Sozialtourismus ukrainischer Flüchtlinge nun gegen die von einer Christdemokratin geleiteten EU-Kommission keilt. "Der Apparat läuft und läuft", konstatierte Merz, neue Richtlinien und Belastungen für die Unternehmen würden quasi am Fließband und aus Selbstzweck produziert. Es ist das alte Zerrbild von Brüssel als eines der Realität entrückten bürokratischen Monstrums, das der CDU-Chef da beschwört. Er bedient sich damit im Fundus von Rechtspopulisten, und dies hat selten das Ziel erreicht, diese zu schwächen. Im Gegenteil, es hat oft dazu beigetragen, ihre Positionen gesellschaftsfähiger zu machen. Das kann Deutschland, das kann Europa in dieser Krise am wenigsten gebrauchen.

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