Die Grünen in Österreich haben sich von ihrem Koalitionspartner abgewandt. Lange hatte die Partei, die sich Korruptionsbekämpfung auf die Fahnen geschrieben hat, mit sich gerungen: Sollte man den nationalkonservativen und zunehmend populistisch agierenden Kanzler Sebastian Kurz machen lassen - trotz der zahlreichen Skandale, der Vorwürfe von Postenschacher und Bedienung von Spenderinteressen, trotz des Vorwurfs der Falschaussage und der Korruption, die sich in der ÖVP breitgemacht zu haben schien? Immer hieß es: Einen Teil unserer Forderungen gegen einen ungeliebten Partner durchzusetzen ist besser, als machtlos in der Opposition zu hocken.
Der Kanzler selbst tut so, als könne er die Sache aussitzen
Nun aber hat die Parteispitze dem Druck der Basis nicht mehr standgehalten - und es vielleicht auch selbst so gesehen: Einen Kanzler, gegen den wegen Untreue und Beihilfe zur Bestechlichkeit ermittelt wird, kann man nicht mehr mittragen. Kurz selbst tut so, als könne er die Sache aussitzen und müsse nur warten, bis die Justiz einräumt, dass sie sich geirrt hat. Aber die Frage, ob die ÖVP unter und für Kurz Regeln gebrochen und den versprochenen "neuen Stil" ad absurdum geführt hat, muss nicht juristisch beantwortet werden. Es reicht die Frage, ob die Wähler, die Bürger so regiert werden wollen.
Mit der Erklärung der Grünen, sie forderten "untadelige Personen" an der Regierungsspitze, ist die Koalition praktisch aufgekündigt. Jetzt muss sondiert werden, wie es weitergeht. Deutschland könnte schneller eine neue, funktionsfähige Regierung haben als Österreich.