Berliner Mauer:Brandmarkengefühle, auch nach 60 Jahren

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An diesem 13. August vor 60 Jahren: Westberliner an der soeben errichteten Mauer in der Zimmerstraße, Ecke Markgrafenstraße. (Foto: dpa/SZ Photo)

Am 13. August 1961 sperrte die DDR ihre Bürger ein, seit bald 32 Jahren ist das Bauwerk weg und immer noch da. Wie man auch in der Corona-Krise sieht.

Kommentar von Renate Meinhof

In Helga Schuberts Buch "Vom Aufstehen" steht ein Satz, der zum Nachdenken über den 13. August 1961, den Tag des Mauerbaus und dessen Folgen, gut passt. "Die DDR ist wie eine Brandmarke bei einem Zuchtpferd", schreibt Schubert, geboren 1940, "man hat sie lebenslang." Der Satz bewahrheitete sich in den letzten eineinhalb Jahren auf besondere Weise. Wer in der DDR aufgewachsen ist, hinter der Mauer, oder vor der Mauer, je nachdem, von wo aus man schaut, spürte während der Pandemie mit ihren harten Einschränkungen von Grundrechten plötzlich sein Narbengewebe, als änderte sich das Wetter. Man sah sich Erinnerungen ausgesetzt. Leere Klopapierregale in der Drogerie, Schlangen vor Geschäften - das war eher lustig. Weniger lustig war es, als Grenzen geschlossen wurden, denn nun meldeten sich Brandmarkengefühle zurück, dreist wie ungebetene Nachtgeister. Die Stunden, in denen man 1988 in Bad Schandau, an der Grenze zum "Bruderland" Tschechoslowakei, zur Leibesvisitation aus dem Zug gezerrt worden war, hatte man verdrängt. Genauso das Würgegriffgefühl, als die DDR im Oktober 1980 die Grenze nach Polen schloss, aus Angst vorm Überschwappen der Streikbewegung dort.

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